Finanzen & Vorsorge

Nachfolgeregelung

Erbrechtliche Aspekte der Unternehmensnachfolge

Um die eigene Zukunft und die des Unternehmens optimal zu gestalten, ist es wichtig, sich frühzeitig über die Unternehmensnachfolge Gedanken zu machen und diese vorausschauend und möglichst unter Einbezug der involvierten Personen zu planen. Dabei sind güter- und erbrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten von essenzieller Bedeutung.
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Im Jahr 2017 wurden gemäss Bundesamt für Statistik rund 590 000 KMU gezählt (Bundesamt für Statistik, Stand der Daten: August 2019). In einigen Unternehmungen dürfte die Frage der Nachfolge bereits abgeschlossen, aufgegleist oder angedacht sein. Vielen jedoch steht dieser wichtige und anspruchsvolle Prozess noch bevor. Jährlich werden Milliarden von Schweizer Franken vererbt, unter anderem in Form von Gesellschaftsbeteiligungen oder Unternehmen. Trotzdem hinterlässt nur ein kleiner Teil der Schweizer Bevölkerung eine erbrechtliche Regelung. Dabei besteht ein zentrales Anliegen darin, dass das Unternehmen von denjenigen Personen weitergeführt wird, welche damit vertraut sind und die nötigen Fähigkeiten mitbringen. Um diesen Übergang sicherzustellen, müssen vielfältige Aspekte berücksichtigt werden. 

Gesetzliche Ausgangslage

So gilt es, die unternehmerischen, finanziellen, steuerlichen und rechtlichen Faktoren zu würdigen, ohne die nicht minder wichtigen emotionalen, psychologischen und familiären Komponenten aus den Augen zu verlieren.

Hat der Erblasser keine Vorkehrungen getroffen, entscheidet das Gesetz, welche Vermögenswerte in den Nachlass fallen, wer die Erben sind und nach welchen Quoten das Erbe zu verteilen ist. Das Gesetz bezeichnet den Ehepartner und die Blutsverwandten als Erben (vergleiche Abb. 1) und weist ihnen je nach Zusammensetzung der Erbengemeinschaft unterschiedliche Erbquoten zu. Ehegatte, Nachkommen und Eltern verfügen zudem über einen sogenannten Pflichtteil, der zwingend auszurichten ist. Andere Personen wie Mitarbeitende, Geschäfts- oder Konkubinatspartner sind nicht automatisch erbberechtigt.

Die gesetzliche Ausgangslage ist selten geeignet, um im Erbfall die reibungslose Zuteilung und Fortführung des Unternehmens zu ermöglichen. Wer nicht zu Lebzeiten Regelungen trifft, riskiert, dass sein Geschäft aufgrund divergierender Interessen verkauft oder liquidiert werden muss oder seine Liebsten nicht ausreichend abgesichert sind.

Problemfelder erkennen

In der Praxis gibt es unzählige Problemfelder, die vorausschauend entschärft werden können. So gilt etwa in einer Erbengemeinschaft das Einstimmigkeitsprinzip, was die Geschäftstätigkeit erschweren kann. Allfällige Pattsituationen verunmöglichen die Leitung des Unternehmens und können zu einem Wertverlust desselben führen. Durch die Einsetzung eines Willensvollstreckers, der mit der vorübergehenden Leitung des Unternehmens betraut wird, kann die Handlungsfähigkeit des Unternehmens gewährleistet werden.

Hinzu kommt, dass das Unternehmen häufig ein wesentliches Aktivum im erblasserischen Vermögen bildet, der überlebende Ehegatte güter- sowie erbrechtliche Ansprüche hat und Nachkommen von Gesetzes wegen gleich zu behandeln sind. Diese Tatsachen sowie die Pflichtteile erschweren die ungeteilte Übernahme des Unternehmens und können dazu führen, dass ein Verkauf oder eine Liquidation desselben unabwendbar werden, um Erbansprüche abzugelten. Hier könnte beispielsweise mittels Ehevertrag auf die Zuweisung der Vermögenswerte Einfluss genommen und /oder mittels Erbvertrag die Aufteilung sowie der anzurechnende Unternehmenswert unter den Erben vereinbart werden.

Ehevertrag

Ist der Unternehmer verheiratet, geht der Erbteilung zwingend die güterrechtliche Auseinandersetzung voraus. Dabei wird zunächst das eheliche Vermögen unter den Ehegatten aufgeteilt. Erst danach steht fest, welche Vermögenswerte in den Nachlass fallen.

Mangels Ehevertrag unterstehen die Ehegatten dem ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung. Demnach besitzt jeder Ehegatte ein Eigengut (insbesondere in die Ehe eingebrachte Güter, Schenkungen und Erbschaften) und eine Errungenschaft (insbesondere Arbeitserwerb). Jeder Vermögenswert wird einer dieser Gütermassen zugeordnet. So kann es sein, dass das Unternehmen bereits güterrechtlich vollumfänglich dem überlebenden Ehegatten zusteht, weil dieses seinem Eigengut zugehört. Denkbar ist aber auch, dass der überlebende (Unternehmer-)Gatte keinen güterrechtlichen Anspruch auf das Unternehmen hat und dieses in den Nachlass fällt, wo es mit anderen Erben zu teilen ist. Der sorgfältige Unternehmer ist gut beraten, seine güterrechtliche Situation zu analysieren und diese nötigenfalls auf seine Bedürfnisse anzupassen.

Durch einen Ehevertrag können die Ehegatten einen anderen Güterstand wie etwa die Gütertrennung wählen und /oder innerhalb des bestehenden Güterstandes Einfluss auf die Vermögenszuteilung und auf die Zusammensetzung des Nachlasses nehmen. So können beispielsweise Vermögenswerte, die für die Ausübung eines Berufes oder den Betrieb eines Gewerbes bestimmt sind, dem Eigengut des (Unternehmer-)Gatten zugewiesen werden.

Testament und Erbvertrag

Optimierungen lassen sich zudem über erbrechtliche Anordnungen erwirken. Mittels Testament können zum Beispiel einzelne Erben zu Gunsten des Unter­nehmererben auf den Pflichtteil gesetzt werden. Ausserdem schaffen Anordnungen zur wertmäs­sigen Bestimmung des Nachlassvermögens oder zur Teilung der Erbschaft klare Verhältnisse unter den Erben, was das Konfliktpotenzial innerhalb der Erben­gemeinschaft massgeblich reduzieren kann.

Das Testament muss zu seiner Gültigkeit vollständig eigenhändig niedergeschrieben, datiert und unterzeichnet oder öffentlich beurkundet werden. Es kann jeder­­zeit abgeändert oder aufgehoben werden. Ist es jedoch unauffindbar oder wurde es vernichtet, kann dem Willen des Testators keine Rechnung getragen werden. Zudem kann ein Testament alleine die reibungslose Unternehmensweitergabe oftmals nicht gewährleisten, weil das Güterrecht und der Pflichtteilsschutz eine autonome Nachfolgeregelung erschweren.

Die grösste Planungs- und Rechtssicherheit lässt sich mit einem Erbvertrag, der alle volljährigen (pflichtteilsgeschützten) Erben miteinbezieht, erwirken. Er bedarf der öffentlichen Beurkundung und kann von den Vertragsparteien nur gemeinsam aufgehoben oder geändert werden. Durch einen Erbvertrag kann eine umfassende, allseits akzeptierte Lösung gefunden, Transparenz für alle Beteiligten hergestellt und somit das Konflikt­potenzial für die spätere Erbteilung minimiert werden. 

Der Erbvertrag ist das geeignete Instrument, um Pflichtteile wirksam wegzu­bedingen und den Handlungsspielraum des Erblassers zu vergrössern. So können beispielsweise der Ehegatte oder die Nachkommen zugunsten der übernahme­wil­ligen Person auf ihre erbrechtlichen Ansprüche verzichten. Auch kann im Rahmen eines Erbvertrages der Anrechnungswert des Untern­ehmens – ein häufiger Streitpunkt in der Praxis – für alle Parteien verbindlich festgelegt werden.

Planung an die Hand nehmen

Im Hinblick auf die Übernahme von Un­ternehmen sind oft spezielle Regelungen nötig. Welcher Weg der richtige ist und welche Varianten für die Verwirk­lichung der eigenen Ziele in Frage kommen, hängt von der konkreten Situation ab.
In den meisten Fällen wird die Übernahme des Unternehmens ohne Mithilfe der Erben nicht oder nur unter Inkaufnahme von Unsicherheiten möglich sein. Mittels einer frühzeitigen Planung können Un­wägbarkeiten ausgeräumt, die gewünschten Personen optimal begünstigt und die reibungslose Fortführung des Unter­nehmens gesichert werden. 

Einige Über­legungen im Zusammenhang mit der Unternehmensnachfolge sind folgende Fragestellungen:

  • Wer soll das Unternehmen übernehmen? Verfügen die betreffenden Personen über die erforderlichen Voraussetzungen, um das Unternehmen lang­­fristig weiterzuführen?
  • Kennen Sie den Wert Ihres Unternehmens? Wie verhält sich dieser zu Ihrem Gesamtvermögen?
  • Wer sind Ihre (pflichtteilsgeschützten) Erben?
  • Soll Ihr Unternehmen erst bei Ihrem Ableben übergehen oder möchten Sie dieses bereits zu Lebzeiten weitergeben? 
  • Bestehen Vereinbarungen (z. B. Gesellschafter- oder Aktionärsbindungsvertrag) mit Regelungen zur Übertragung Ihrer Beteiligungen?
  • Ist die reibungslose Fortführung des Unternehmens im Falle Ihres Ablebens sichergestellt?
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