Die Schweiz hat viele Unternehmen mit vielversprechenden Wachstumspotenzialen. Doch früher oder später geraten sie an ihre Grenzen. Sie stehen vor Herausforderungen wie fehlenden Finanzierungsmöglichkeiten, Nachfolgefragen, Aktionären, die ihr Investment realisieren wollen, oder Fragen der Internationalisierung und Professionalisierung. Sowie ihre Banken und Berater sehen viele Inhaber die Lösung in Venture-Capital, Private Equity oder sogar dem Verkauf der eigenen Firma an einen Grosskonzern. Doch ist das tatsächlich die Lösung? Eine mögliche Alternative dazu ist der Gang an die Börse.
Gute Vorbereitung notwendig
Ein Gang an die Börse ist natürlich mit gewissen Vorkehrungen verbunden. Dazu gehören in einem ersten Schritt die Aufstellung einer breiteren Führungsequipe, das Einberufen von neuen Verwaltungsratsmitgliedern sowie die Einführung zusätzlicher Reporting-Instrumente. Zudem kommen Governance-Standards, klare Strukturen sowie eine zielgerichtete Unternehmensstrategie dazu. Die Hauptaufgabe des Managements und insbesondere der CEOs sowie CFOs in einem Börsengang ist die Kommunikation – und dies vor allem in Form von Roadshows bei potenziellen Investoren. Eine glaubwürdige Equity-Story ist dabei der Schlüssel zum Erfolg.
Für gut organisierte Firmen sind viele dieser Anpassungen jedoch kein grosser Aufwand. Grösstenteils handelt es sich dabei um Massnahmen, die heute zu den Grundstrukturen einer modernen Unternehmensführung gehören. Für ein wachsendes Unternehmen sind sie daher sowieso früher oder später verpflichtend. Dennoch muss sich ein Unternehmen bewusst sein, dass ein Börsengang – zumindest kurzfristig – mit zusätzlichen Aufwänden verknüpft ist. Ein Unternehmer, der diesen Weg einschlägt, muss deshalb davon überzeugt sein und einen gewissen Mehraufwand im Sinne des Wachstums auf sich nehmen wollen. Ist jedoch der Entschluss, an die Börse zu gehen, erst einmal gefasst, warten neben Pflichten auch zahlreiche Vorteile.
Mehr als nur Kapitalzufuhr
Der Kapitalbedarf wird meistens als einer der Hauptgründe für einen Börsengang genannt. In der Tat bringt neues Kapital zusätzliche Möglichkeiten: Es ist der Ausgangspunkt für weitere Investitionen, den Ausbau des Netto-Umlaufvermögens, das Scale-up, den Roll-out sowie die Internationalisierung. Zusätzlich erleichtert es die Zusammenarbeit mit Banken sowie, wenn gewünscht, die Platzierung von Obligationen. Kurzum: Die Finanzierungsflexibilität steigert sich erheblich.
Das zugeführte Geld ist letzten Endes aber meist nur Mittel zum Zweck. Der eigentliche Punkt ist das Wachstum. Viele Schweizer Unternehmen arbeiten weit unter ihren Möglichkeiten. Investoren wollen aber eine Wachstumsstory sehen, die brachliegende Potenziale vollends ausschöpft und so den Unternehmenswert langfristig steigert. Gerade für Firmen auf Expansionskurs bringt ein Börsengang neue Chancen für strategische Partnerschaften. Kunden stufen zudem bereits kotierte Unternehmen seriöser ein und sehen sie schneller als geschäftswürdig.
Breitere Abstützung
Ein weiterer Vorteil eines Börsengangs ist die Wahrung der eigenen Unabhängigkeit. Bei einem Unternehmensverkauf ist dies meistens nicht gewährleistet. Bei auftretenden Problemen können sich die Prioritäten von Unternehmenskäufern schnell verschieben.
Unternehmen, die eng mit der Familie verknüpft sind oder das Lebenswerk von unternehmerischen Persönlichkeiten oder Gründerteams sind, setzen alles daran, die Selbstständigkeit der Firma zu wahren. Doch auch Gründer, Manager und bestehende Aktionäre schätzen die Unabhängigkeit der Firma. Dabei gilt es vor allem die Qualität von Produkten und Dienstleistungen zu sichern. Ausserdem soll der Markenname – der vielleicht sogar der eigene Familienname ist – weiter strahlen. Ein Börsengang sichert diese Selbstständigkeit, was zur externen sowie internen Stärkung der Firma beiträgt.