Finanzen & Vorsorge

Vergütungssysteme

Die Vergütungszufriedenheit wirkungsvoll analysieren

Vergütungssysteme werden immer stärker als strategisches Steuerungsinstrument der Unternehmensführung eingesetzt. Bei der Gestaltung eines unternehmensspezifischen Vergütungssystems sollte berücksichtigt werden, wie die Mitarbeitenden dieses bewerten. Der Beitrag beleuchtet den Ablauf einer unternehmensspezifischen Vergütungszufriedenheitsanalyse.
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Die Diskussion zur Gestaltung von unternehmensspezifischen Vergütungssystemen wird heute breit und intensiv geführt. Meist geschieht dies aber aus rein unternehmerischer Perspektive. Dabei wird oft die Frage ausser Acht gelassen, wie die Mitar­beitenden diese Vergütungssysteme wahrnehmen und beurteilen.

Grundsätzlich ist die Betrachtung der Vergütungszufriedenheit aus wissenschaftlicher wie auch aus der praktischen Sicht bedeutsam, weil die subjektiv wahrgenommene Zufriedenheit mit dem Vergütungssystem nicht nur einen relevanten Einfluss auf das Verhalten, sondern auch auf die Einstellung der Mitarbeitenden zu ihrer Arbeit beziehungsweise zu ihrem Arbeitgeber hat.


Analysefaktoren


In einer von Towers Watson durchgeführten Global-Workforce-Studie wurde aufgezeigt, dass das Thema «Vergütung» auf Platz eins in der Liste der «Top attraction drivers» rangiert. Verschiedene Untersuchungen haben zusätzlich darauf hingewiesen, dass die Vergütungszufriedenheit ein wichtiger Prädiktor für mögliche Fluktuationsabsichten ist, welcher gerade in Zeiten des Fachkräftemangels vermehrt zu beachten ist. So sind nebst der eigentlichen Analyse der Vergütungszufriedenheit auch deren mögliche Konsequenzen miteinzubeziehen. Zusätzlich ist zu beachten, dass Vergütungssysteme immer stärker als strategisches Steuerungsinstrument der Unternehmensführung betrachtet und eingesetzt werden. Dabei gilt es, die Interessen der Mitarbei­tenden wie auch die des Unternehmens in Einklang zu bringen.


Subjektive Wahrnehmung


Grundsätzlich ist die Vergütungszufriedenheit ein Ergebnis von verschiedenen Faktoren des Vergütungsmanagements. Diese Multidemensionalität wurde wie­derum in verschiedenen Studien belegt und erläutert. Die Ergebnisse zeigen deutlich auf, dass die einzelnen Faktoren auf unterschiedliche Weise zur Vergütungszufriedenheit beitragen können. Einer der wichtigsten Einflussfaktoren, die es in diesem Zusammenhang näher zu untersuchen gilt, ist der Aspekt der Fairness im Unternehmen.

Im Fokus dieser Diskussion steht im Wesentlichen die Frage, was Mitarbeitende subjektiv als fair wahrnehmen und wie sie reagieren, wenn sie die wahrgenommene Vergütung als fair beziehungsweise unfair beurteilen. Es wird postuliert, dass die Mitarbeitenden grundsätzlich ein Gleichgewicht anstreben zwischen dem, was sie in ihre Arbeit investieren oder für ihre Arbeit aufwenden (Input) und was sie dafür als Gegenleistung (Output) erhalten.

Die Zufriedenheit mit der eigenen Vergütung hängt aber auch stark vom Vergleich mit den Arbeitskollegen ab, das heisst, die Vergütung wird mit internen oder externen Kollegen (zum Beispiel Kollegen in ähnlichen oder gleichen Positionen innerhalb der eigenen oder ausserhalb der eigenen Organisation) verglichen.

Entscheidend für die Wahl der Vergleichsgrössen sind die persönlichen Referenzpunkte der Mitarbeitenden, welche auch Vergütungsvergleiche mit den Vorgesetzten beinhalten können und somit auch die Frage nach den Lohnunterschieden (zum Beispiel Lohnschere) thematisieren.


Konsequenzen


Fällt der subjektive Vergleich negativ aus, so kann sich dieses Empfinden auf das Verhalten des Mitarbeitenden negativ auswirken, zum Beispiel zunehmende Abwesenheiten, vermehrte Krankheitstage, abnehmende Produktivität et cetera. Auch kann die Identifikation der Mitarbeitenden mit dem Unternehmen leiden, was sich auch in der Verweildauer der Mitarbeitenden in der Organisation niederschlagen kann. Zusätzlich zu den oben erwähnten Einflussfaktoren sind die mit dem Vergütungsmanagement zusammenhängenden Prozesse näher zu betrachten:

  • Wie transparent sind die Vergütungsprozesse?
  • Wie werden Vergütungsentscheidungen gefällt und kommuniziert?
  • Wie wird der Prozess des Mitarbeiterbeurteilungsgesprächs in Bezug auf Vergütungsfragen (Festlegung des variablen Vergütungsanteils, Berücksichtigung der Performance innerhalb des Lohnbandes etc.) wahrgenommen?


Mithilfe der Vergütungszufriedenheitsanalyse soll schlussendlich ermittelt werden, welche unternehmens- und vergütungsspezifischen Faktoren entscheidend zur Vergütungszufriedenheit beitragen und welche nicht.

Auf diese Weise soll vermieden werden, dass Veränderungen in den Bereichen des Vergütungsmanagements vorgenommen werden, die kaum oder einen nur geringen Einfluss auf die Vergütungszufriedenheit haben. Falsche oder zudem sogar auch ungenügend validier­te Entscheidungen können ansonsten eine für das Unternehmen nicht zu unterschä­tzende Erhöhung der Kosten mit sich bringen.


Individualisierung notwendig


Die zunehmende Komplexität von Aufgaben und die dazu steigenden Anforde­rungen an die Mitarbeitenden verlangen von heutigen Vergütungssystemen zudem eine flexiblere Handhabung und verstärkte Berücksichtigung der Bedürfnisse der Mitarbeitenden bei deren Gestaltung. Die heute eher statisch angelegten Vergütungssysteme müssen verstärkt dynamisiert und individualisiert werden. Mithilfe der erhobenen Daten können somit gezielte Differenzierungen und Vergütungsstrategien innerhalb von Altersgruppen (lebenszyklusorientierte Ver­gütung), Geschlecht, Branchen et cetera vorgenommen werden.

Vorgehensweise einer Analyse


In einem ersten Schritt (siehe Abbildung) werden die Fragen zur Vergütungszufriedenheitsanalyse zusammengestellt. Beschränkten sich die ersten Untersuchungen zu diesem Thema auf einen einzelnen Faktor – «Zufriedenheit mit der Vergütungshöhe» –, so wurden diese im Laufe der Zeit zu einem multidimensionalen Konstrukt erweitert. Aus praktikablen Gründen ist heute angezeigt, den Fragenkatalog den aktuellen und unternehmensrelevanten Begebenheiten anzupassen und zu erweitern. Auszug aus dem Fragenkatalog:

  • Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Gesamtvergütung im Vergleich zu anderen Funktionen (aus Ihrer Sicht ähnliche oder gleiche Funktionen) in Ihrem Unternehmen?
  • Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Gesamtvergütung im Vergleich zu Kolleginnen und Kollegen (aus Ihrer Sicht in ähnlichen oder gleichen Funktionen) ausserhalb Ihres Unternehmens?
  • Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Gesamtvergütung gemessen an Ihrem Engagement für das Unternehmen?
  • Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Einstufung in die Grundsalärstruktur (zum Beispiel Lohnband)?
  • Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Lohnentwicklung in den letzten Jahren?

Die Antworten liefern wichtige Detail­informationen zur Zusammensetzung der Gesamtzufriedenheit des Vergütungssystems. So kann es sein, dass die Mitarbeitenden der Abteilung XY mit der Lohnentwicklung der letzten Jahre zufrieden sind, nicht aber mit ihrer absoluten Vergütungshöhe (im Vergleich zu ihren Kolleginnen und Kollegen im Betrieb).

Als geeignete Methode zur Datenanalyse bietet sich in einem zweiten Schritt die sogenannte Faktorenanalyse an. Sie dient in erster Linie der Datenstrukturierung und -reduktion. Mithilfe der Analyse soll ermittelt werden, welche Fragen miteinander in einem starken Zusammenhang stehen und deshalb zu einem Themenbereich (Faktoren) zusammengefasst werden können (Schritt 3). So sind beispielsweise in der Abbildung (Schritt 3) diverse Fragen zu drei Themenbereichen zusammengefasst worden:

  • Fairness (zum Beispiel die Fragen nach der Zufriedenheit in Bezug auf die Gesamtvergütung im internen und externen Vergleich)
  • Administration und
  • Gehaltsentwicklung.

Die daraus gewonnenen Erkenntnisse (Faktoren) können nun für die weiterführende, detaillierte Analyse verwendet werden, um herauszufinden, welche der ermittelten Faktoren einen massgeblichen (signifikanten) Einfluss auf die Vergütungszufriedenheit der Mitarbeitenden haben (Schritt 4). Aus der Abbildung geht hervor, dass in diesem Beispiel das Thema «Fairness» und «Administrative Prozesse» die massgeblichen Einflussfaktoren für das Unternehmen XY sind. Auf diese Weise werden Themenschwerpunkte gebildet, die es erlauben, konkrete, relevante Massnahmen zu planen und zu initiieren (Schritt 5).


Für Änderungen bereit sein


Für international tätige Unternehmen, welche in verschiedenen Regionen und Ländern tätig sind, kann die Vergütungszufriedenheitsanalyse auch helfen, die spezifischen kulturellen Unterschiede bei der Gestaltung von Vergütungssystemen verstärkt zu berücksichtigen. Nicht zu unterschätzen ist der Sachverhalt, dass mit der Anwendung und Durchführung dieser Analyse auch Erwartungshaltungen aufgebaut werden.

Aus diesem Grund ist es eine Voraussetzung, dass die Unternehmensleitung ein ehrliches Interesse an den Ergebnissen hat und auch gewillt ist, entsprechende Massnahmen und Änderungen durchzuführen. Ist das Unternehmen aber bereit, eine umfassende Analyse durchzuführen und deren Ergebnisse in seiner Planung zu berücksichtigen, erhält es wertvolle Informationen für die zukünftige Gestaltung eines wirkungsvollen und gerechten Gesamtvergütungssystems.