Zurzeit erleben wir in einem nie dagewesenen und geradezu dramatischen Ausmass deutliche Beschränkungen des öffentlichen Lebens. Auch das Geschäftsleben war und ist in einigen Bereichen regelrecht eingefroren. Sei es auch nur auf Zeit und trifft es auch nur bestimmte Branchen ganz extrem, ist doch unsere gesamte Wirtschaft mehr oder weniger betroffen. Der Verkauf sinkt oder geht sogar auf null, Lieferketten sind unterbrochen, Liquidität fliesst ab – dafür steigt die Unsicherheit: Reichen unsere finanziellen Mittel, um den laufenden Kosten und Forderungen nachzukommen? Für viele Unternehmer ist dies ein täglicher Kampf ums Überleben.
Prioritäten in der Krise
Normalerweise sind wir es im wirtschaftlichen Umfeld gewohnt, Ziele zu planen und diese umzusetzen. In weitestgehend stabilen und vorhersagbaren Umgebungen mag das funktionieren. Aber das ist nicht mehr der Fall. Die geringe Vorhersehbarkeit der Zukunft macht uns ebenso zu schaffen wie ein hohes Mass an Ungewissheit im Sinne von Nicht-Wissen oder Noch-nicht-Wissen. Wir stecken – heute mehr denn je – in der sogenannten Vuca-Welt. Geprägt von volatile, uncertain, complex und ambiguous, zu Deutsch unbeständig, unsicher, komplex und mehrdeutig sind andere Vorgehensweisen gefragt. Nur so haben wir Chancen, ein Unternehmen in der Krise und darüber hinaus erfolgreich zu gestalten.
In einer akuten Krisensituation, in der Unternehmen von einem Cash-Engpass bedroht sind, gibt es ganz klare Prioritäten:
- Arbeite mit dem, was du hast – auch wenn wir uns etwas ganz anderes vorstellen oder wünschen.
- Das Durchhalten steht erst einmal im Zentrum – die langfristige Strategie kann warten.
- Die Schlüssel zum Überleben lauten: schnelle Einschätzung der Situation, eine schnelle (gute) Entscheidung und schnelles Umsetzen.
Liquidität als zentraler Faktor
Nicht nur heute, sondern immer. Auch wenn sie nicht fortwährend im Fokus unserer Aufmerksamkeit ist, so ist Liquidität doch ein zentraler Faktor. Fehlender Gewinn tötet ein Unternehmen langsam, wie Krebs. Fehlende Liquidität hingegen tötet ein Unternehmen sofort, wie ein Herzinfarkt. Und das ist auch so, wenn von der Bilanzseite her vielleicht durchaus noch ein Gewinn zu verzeichnen ist. Kein Cash führt ein Unternehmen sehr schnell in eine (über-)lebensbedrohliche Krise.
Eine Studie von JP Morgan zeigt auf, dass kleine Unternehmen nur über einen ausreichenden Bargeldpuffer verfügen, um durchschnittlich 27 Tage im Geschäft zu bleiben, wenn sie kein Geld mehr verdienen. Ein Viertel der kleinen Unternehmen hält sogar weniger als 13 Cash Buffer Days in Reserve.
Cash-Management nötig
Dass die Liquidität bedroht ist, heisst noch nicht, dass Liquidität / Cash der Engpass des Unternehmens ist. Allerdings kann ein schlechtes Cash-Management dazu führen, dass das Geld knapp wird – und dann auch schnell den Insolvenz-Infarkt auslöst. Cash-Management ist also immer erforderlich. Allerdings mit unterschiedlicher Intensität und abhängig davon, wie «eng» die Liquidität gerade ist, oder, anders formuliert, wie gefährlich es ist oder zu werden droht. Zu beachten ist dabei: Cash ist dann – und nur dann – der Engpass des Unternehmens, wenn
- alle anderen «Zutaten» für erfolgreiches Geschäft gegeben sind und
- nur das Geld fehlt, das erforderlich ist, um Material oder Fremdleistungen einzukaufen, um die (ausreichend!) vorhandenen Aufträge zu erfüllen.
In diesem Fall können Aufträge nicht erfüllt werden, wodurch weniger Geld eingeht. Ein Teufelskreis. In diesem Teufelskreis ist Cash tatsächlich der Engpass des Unternehmens. Allerdings führt eine Liquiditätsspritze dann – und nur dann – auch direkt dazu, dass das Geschäft wieder «flüssiger» läuft. Fehlen dagegen die Aufträge oder ist am Beschaffungsmarkt das erforderliche Material nicht verfügbar, ist Cash nicht der aktuelle Engpass des Unternehmens.
Dennoch: Falls es – eine Zeit lang – unmöglich ist, Aufträge oder das erforderliche Material zu bekommen, kann fehlende Liquidität die Existenz des Unternehmens bedrohen, weil das Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, seine anderen finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen. In diesem Fall ist die Frage zu beantworten: Wie sichern wir die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens, damit es – wenn wieder genügend Aufträge und / oder Material verfügbar sind – noch existiert und über genügend Liquidität verfügt, um wieder in einen «normalen» Geschäftsbetrieb «hochzufahren»?
Ausgehend von diesen Überlegungen gibt es wichtige Fragen und To-dos, die Unternehmen in Krisenzeiten und bei der Gefahr fehlender Liquidität kennen sollten.