Boni und variable Vergütungen sind ein verbreitetes Mittel, um die Mitarbeiter für die erbrachten Leistungen zu belohnen und für zukünftige Arbeit zu motivieren. In der Regel kommt die Frage nach dem Anspruch auf Zahlung des Bonus am Ende des Jahres auf, wenn der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer das vergangene Jahr beurteilen und Ziele für das bevorstehende Jahr setzen. Unklare Regelungen im Arbeitsvertrag können dazu führen, dass der Arbeitgeber trotz eines schlechten Geschäftsjahres den vermeintlich freiwilligen Bonus zahlen muss. Oder umgekehrt: Dem Arbeitnehmer fehlt der bereits budgetierte Bonus, weil die Arbeitsleistung nicht aussergewöhnlich war oder weil der Arbeitgeber ein schlechtes Geschäftsjahr hatte.
Im nachfolgenden Beitrag wird aufgezeigt, mit welchen vertraglichen Regelungen sich kostspielige Streitigkeiten vermeiden lassen.
Begriffe
Bonus
Beim Begriff des Bonus handelt es sich nicht um einen gesetzlich normierten Begriff. Der umgangssprachlich verwendete Begriff des Bonus entspricht aus juristischer Sicht demjenigen der Gratifikation. Die Abgrenzung, ob Leistungslohn, ein Anteil am Geschäftsergebnis, eine Gratifikation oder eine Mischform vereinbart worden ist, ist im Einzelfall nach dem Wortlaut des Vertrages zu beurteilen. Im Zweifelsfall, das heisst im Falle einer unklaren vertraglichen Formulierung – dies hat das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung wiederholt bestätigt –, muss der Arbeitgeber die vertraglich vereinbarte Leistung zahlen.
Gratifikation
Bei der Gratifikation handelt es sich um eine Sondervergütung, die aus bestimmtem Anlass zusätzlich zum Lohn ausgerichtet wird (Art. 322d OR). Folgende Gratifikationstypen werden unterschieden:
- Sondervergütungen, die dem Grundsatz und der Höhe nach eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers darstellen (sogenannte «echte» Gratifikation).
- Sondervergütungen, auf die dem Grundsatz, nicht aber der Höhe nach ein Rechtsanspruch auf Zahlung besteht (sogenannte «unechte» Gratifikation).
- Sondervergütungen, auf welche sowohl dem Grundsatz wie der Höhe nach ein Anspruch besteht (das Bundesgericht nimmt in diesem Fall [variablen] Lohn an).
Lohn
Beim Lohn beziehungsweise bei der Lohnzahlungspflicht handelt es sich um die vertragliche Hauptpflicht des Arbeitgebers. Der entscheidende Unterschied zwischen einer Gratifikation und dem Lohn besteht darin, dass die Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers das Gegenstück zur Arbeitspflicht des Arbeitnehmers ist. Oder in anderen Worten: Falls sich herausstellt, dass der vermeintliche «Bonus» in Tat und Wahrheit Lohn darstellt, dann muss dieser vom Arbeitgeber bezahlt werden.
Gratifikation
Wann ein klagbarer Anspruch auf Gratifikation besteht
Grundlage der gegenseitigen Rechte und Pflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist der Arbeitsvertrag. Selbst wenn keine schriftliche Vereinbarung besteht, gelten trotzdem die Bestimmungen des Obligationenrechts, weil ein Arbeitsvertrag auch mündlich oder stillschweigend geschlossen werden kann.
Besteht weder eine mündliche (beweisbare) noch eine schriftliche vertragliche Abmachung, das heisst, wenn der Arbeitgeber die Gratifikation freiwillig nach seinem eigenen Ermessen ausrichtet, dann hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Zahlung der Gratifikation (echte Gratifikation).
Besteht hingegen eine schriftliche vertragliche Vereinbarung, dann hat der Arbeitnehmer im Rahmen der vertraglichen Abrede einen Anspruch auf Zahlung der Gratifikation, welchen er vor Gericht beweisen und zwangsweise durchsetzen könnte (unechte Gratifikation).