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Das Homeoffice als steuerliche Betriebsstätte

Nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie hat das Arbeiten von zu Hause aus stark zu­genommen. Vor allem bei Grenzgängern sind dabei jedoch steuerrechtliche Aspekte zu beachten. Der Beitrag zeigt, ob und unter welchen Umständen die Tätigkeit eines auslän­dischen Mitarbeiters im Homeoffice eine steuerrechtliche Betriebsstätte begründet.
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Die Corona-Pandemie hat nicht nur unseren persönlichen Alltag verändert, sondern vielfach auch die Art und Weise unserer täglichen Arbeit. Zur Reduzierung der Kontakte am Arbeitsplatz und um den Pendelverkehr einzudämmen, wurde den Arbeitnehmern, wo immer möglich, die Arbeit im Homeoffice nahegelegt. Desk-Sharing, Entlastung des öffentlichen und privaten Verkehrs, bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie – Arbeitgeber und Angestellte haben die flexiblere Art zu arbeiten über die letzten Monate schätzen gelernt. 

So wird sie sicher auch zukünftig ein wichtiger Teil unseres Arbeitsalltags bleiben. Doch neben faktischen Prob­lemen – Wer kommt für die Kosten des Equipments auf? Wie gestalten sich der Datenschutz und die Erfassung der Arbeitszeiten? – wirft das Arbeiten von zu Hause aus vor allem bei Grenzgängern auch etliche steuerrechtliche Fragen auf.

Folgen für Grenzgänger

Bei den über 300 000 Grenzgängern, die zur Arbeit in die Schweiz pendeln, befinden sich nach dem traditionellen Modell Wohnort und Arbeitsplatz in verschiedenen Staaten. Arbeitet der ausländische Arbeitnehmer nun von zu Hause aus, findet die Arbeitsleistung ganz oder zu einem Teil im Wohnsitzstaat des Mitarbeiters statt. 

Dies kann neben Auswirkungen auf die Besteuerung des Arbeitnehmers auch für den Arbeitgeber ungewünschte steuerliche Effekte haben: Begründet die Tätigkeit des ausländischen Mitarbeiters im Homeoffice eine Betriebsstätte des Arbeitgebers im Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers, so wird der Arbeitgeber in diesem Staat steuerpflichtig. Zu der dann gegebenenfalls höheren Steuerlast gesellt sich bürokratischer Mehraufwand durch Steuererklärungspflichten und die Notwendigkeit der Ermittlung des Gewinns der ausländischen Betriebsstätte.

Pandemie-Ausnahmeregel 

Ob und unter welchen Umständen die Tätigkeit eines ausländischen Mitarbeiters im Homeoffice eine steuerrechtliche Betriebsstätte begründet, gehen wir in diesem Beitrag auf den Grund. Zu Beginn eine Entwarnung für diejenigen Arbeitnehmer, die sich derzeit aufgrund der Corona-Massnahmen im Homeoffice befinden: Auf Empfehlung der OECD soll die ausnahmsweise und temporäre Verlegung des Tätigkeitsortes eines Arbeitnehmers (zum Beispiel ins Homeoffice) aufgrund der Covid-19-Krise keine neue Betriebsstätte des Arbeitgebers begründen, da diese Verschiebungen keine betrieblichen Anweisungen, sondern staatliche Empfehlungen und damit Ausdruck höherer Gewalt sind. 

Die Schweiz ist dieser Empfehlung nachgekommen und hat mit ihren Nachbarstaaten Deutschland, Frankreich und Italien Vereinbarungen getroffen, pandemisch veranlassten Homeoffice-Tätigkeiten keine steuerlichen Auswirkungen zukommen zu lassen. Dieses Vorgehen ist zu begrüssen, zeigt jedoch auch, dass das Thema Homeoffice ausserhalb der Corona-Pandemie durchaus steuerliche Relevanz haben kann. 

Es lohnt sich also für betroffene Arbeitgeber, sich mit der Frage auseinanderzusetzen und die nötigen Vorkehrungen zu treffen, um nicht in diese Steuerfalle zu tappen. Ein besonderes Augenmerk ist hier auf die Fälle zu lenken, in denen Mitarbeiter bereits vor der Pandemie im Homeoffice gearbeitet haben und dies auch in Zukunft tun sollen.

Doppelbesteuerungsabkommen

Regelungen über die Begründung einer Betriebsstätte finden sich sowohl in den nationalen Steuergesetzen als auch in internationalen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Für grenzüberschreitende Sachverhalte ist das jeweils geltende Doppelbesteuerungsabkommen, beispielsweise das DBA Schweiz-Deutschland, in der Auslegung der jeweiligen Anwenderländer massgeblich. In der Regel bestehen zwischen den nationalen Regelungen und denen im Doppelbesteuerungsabkommen nur marginale Differenzen, aber genau diese können am Ende den Unterschied machen. 

Die meisten Doppelbesteuerungsabkommen, so auch das DBA Schweiz-Deutschland, beruhen auf einem Musterabkommen der OECD. Daher ist der Betriebsstättenbegriff international weitgehend einheitlich geregelt.

Die Verfügungsmacht

Grundsätzlich erfordert eine Betriebsstätte gemäss dem Musterabkommen eine feste Betriebseinrichtung, in der die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Auch private Wohnräume können hierunter fallen. Dabei ist eine gewisse Dauer der Tätigkeit ebenso Voraussetzung wie die Verfügungsmacht des Unternehmens über die Einrichtung. Hieran lässt die deutsche Finanzverwaltung das Vorliegen einer Betriebsstätte regelmässig scheitern. Sie verlangt eine umfassende Verfügungsmacht des Arbeitgebers, die voraussetzt, dass der Arbeitgeber ein jederzeitiges Zutrittsrecht zu den geschäftlich genutzten privaten Räumen des Arbeitnehmers hat. 

Dies ist in den meisten Fällen nicht ge­geben. Die kantonalen Steuerbehörden in der Schweiz legen den Begriff der Verfügungsmacht des Arbeitgebers etwas weiter aus und verlangen lediglich, dass die Geschäftseinrichtung dem Unternehmen zuzurechnen ist. Das ist vor allem dann gegeben, wenn dem Arbeitnehmer im Betrieb kein Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Eine nur gelegentliche Nutzung des Homeoffice neben dem eigentlichen Büroarbeitsplatz führt aber auch hier jedenfalls nicht zur Begründung einer Betriebsstätte. Die österreichische Finanzverwaltung geht noch einen Schritt weiter und geht davon aus, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber faktische Verfügungsmacht verschafft, sofern er seiner Tätigkeit – veranlasst durch den Arbeitgeber – in nennenswertem Ausmass von zu Hause aus nachgeht. 

Die Vertreterbetriebsstätte

Auf die Art der Tätigkeit, die aus dem Homeoffice heraus ausgeübt wird, kommt es in der Regel nicht an. Vorsicht ist jedoch geboten, wenn der Mitarbeiter aus dem Homeoffice Verträge für das Unternehmen abschliesst, die sich nicht auf Hilfstätigkeiten oder den Einkauf von Gütern oder Waren für das Unternehmen beschränken. Der mit diesen Verträgen erwirtschaftete Gewinn wird als Gewinn einer sogenannten Vertreterbetriebsstätte im Wohnsitzstaat besteuert, wenn der Mitarbeiter mit einer gewissen Beständigkeit im anderen Staat für das Unternehmen tätig wird und dort gewöhnlich eine bestehende Vollmacht zum Vertragsabschluss ausübt. Ein räumli­-cher Bezugspunkt im Sinne einer festen Geschäftseinrichtung – wie er bei einer «normalen» Betriebsstätte vorhanden sein muss – ist hier nicht erforderlich.

Für die Beurteilung der Frage, ob das Homeoffice eines ausländischen Mitarbeiters eine Betriebsstätte des Arbeit­gebers begründet, spielen also verschiedene Faktoren eine Rolle. Im Vordergrund steht das Kriterium der Verfügungsmacht, welches von den natio­nalen Behörden unterschiedlich ausgelegt wird, aber weder Eigentum noch ein obligatorisches Nutzungsrecht (zum Beispiel Miete) des Unternehmens an der Geschäftseinrichtung voraussetzt. Schliesst der Arbeitnehmer im Homeoffice gewöhnlich Verträge im Namen des Unternehmens, wird nicht einmal das Vorliegen einer Geschäftseinrichtung im Sinne einer festen Räumlichkeit vorausgesetzt. 

Dokumentation ratsam

Im Rahmen der Covid-19-Krise ist eine Veränderung der steuerrechtlichen Beurteilung im Hinblick auf die Begründung einer neuen Betriebsstätte wegen einer Homeoffice-Tätigkeit von Mitarbeitern oder gar der Geschäftsleitung ausgeschlossen. Unternehmen, die planen, ihren ausländischen Mitarbeitern auch langfristig die Möglichkeit zu geben, in grösserem Umfang von zu Hause aus zu arbeiten, sollten sich jedoch in jedem Falle eingehender mit den steuerlichen Aspekten des Homeoffice auseinandersetzen und die entsprechenden Fakten und Umstände sorgsam dokumentieren, um auf entsprechende Anfragen von Behörden reagieren zu können. Zudem sollten in einer Homeoffice-Vereinbarung mit den betroffenen Mitarbeitern alle Modalitäten der Heimarbeit sowie die organisatorische und tatsächliche Ver­fügungsmacht des Arbeitgebers über die Einrichtung «Homeoffice» klar geregelt werden.