Finanzen & Vorsorge

Börsenradar

Besser keine Neukäufe

Kaufen, Halten oder Verkaufen – ein speziell auf den Schweizer Aktienmarkt ausgerichtetes Analysesystem prüft auf Basis von fünf Einzelsignalen, in welche Richtung der Börsenradar ausschlägt.
PDF Kaufen

Die Korrektur der Aktienkurse im Oktober war dringend nötig. Erstens waren die Kurse vor allem in den USA viel zu hoch. Und zu den in der letzten Ausgabe erwähnten Lieferengpässen kam ein weiterer Anstieg der Inflationsraten und der Immobiliencrash in China dazu. Nicht nur Evergrande, sondern auch viele andere chinesische Firmen können ihre Zinszahlungen nicht mehr bedienen. 

Immer mehr Experten bezweifeln auch, dass der Anstieg der Inflationsraten in den USA und Europa nur auf Basiseffekten im Vergleich mit dem schwachen Vorjahr beruht. Denn die Teuerungen zeigen sich nun nicht nur in Energiepreisen, sondern auch in Lebensmitteln. Irgendwann werden die Zentralbanken darauf reagieren müssen. 

Und wenn das zur Unzeit kommt, weil die Konjunktur wieder abflacht und gleichzeitig aber höhere Lohnabschlüsse kommen, dann haben wir eine ähnliche Situation wie in den 1970er-Jahren, nämlich eine sogenannte Stagflation. Das wird den Aktienmärkten nicht sehr gefallen. Was sagen nun unsere Indikatoren?

1. Zinssignale: Negativ

Sinkende Zinsen sind gut für Aktien, steigende Zinsen schlecht. So steht es jedenfalls in allen ökonomischen Lehrbüchern. Wir achten dabei auf die Renditen der zehnjährigen Bundesobligationen und des Libor-Zinses für zwölf Monate in Schweizer Franken. 

Die Anleihezinsen steigen, auch in der Schweiz, wie die Grafik zeigt. Und das wird dem Aktienmarkt zu schaffen machen. Es fällt nur deshalb nicht so auf, weil die Staatspapiere noch Negativzins melden. Zehnjährige Bundesobligationen «rentieren» momentan bei minus 0,16 Prozent.

Der Trend zeigt nach oben, und das ist für Aktien-Anleger ein Warnzeichen. Der Grund sind die steigenden Preise.

2. Der Saisoneffekt: Negativ

Zahlreiche Statistiken haben bewiesen, dass die Monate November bis April eine wesentlich bessere Performance am Aktienmarkt aufweisen als die Monate Mai bis Oktober. Bis Ende Oktober bleibt uns hier ein Warnzeichen erhalten. Ab November ist der Saisoneffekt wieder positiv.

3. Die Anzahl der Schweizer Aktien mit 9-Monats-Hochs und -Tiefs: Positiv

Dieser Indikator vergleicht, wie viele der 64 wichtigsten Aktien der Schweiz ein neues 9-Monats-Hoch und wie viele ein neues 9-Monats-Tief melden. Seit Monaten gab es immer sehr viel mehr neue Hochs als neue Tiefs. Aber bei der letzten Messung Mitte Oktober war das Verhältnis nur noch ausgeglichen. Es gab ein neues Hoch bei Julius Bär, ein neues Tief bei Implenia. Und weltweit sieht es ebenfalls knapp aus. Von den wichtigsten 700 Aktien in aller Welt meldeten 59 ein neues Hoch, 44 ein neues Tief.

Gut laufen derzeit noch Software- und Finanz­titel, schwach sind immer noch Touristik-Aktien und vor allem Rohstoffwerte. Schwach im Trend sind ausser Implenia noch Swatch, Temenos, ­Clariant, Holcim-Lafarge, Logitech und Adecco. Hier empfehlen sich Verkäufe.

4. Der SMI-Index: Positiv

Der Swiss Market Index liegt weiter im Aufwärtstrend, auch wenn die bereits genannten Faktoren den weiteren Aufschwung bis jetzt gebremst haben. Der letzte Rückgang kann aber bis jetzt noch als normale Zwischenkorrektur angesehen werden. Für ein Verkaufssignal nach unserem System müsste der SMI im Oktober oder November unter einen Stand von 10 800 Punkten sinken.

5. Der Banken-Index: Positiv

Den Banken-Index beobachten wir deshalb so genau, weil er mögliche Gefahren für die Weltwirtschaft durch drohende Insolvenzen in der Regel eher anzeigt als übliche Aktienindizes wie der SMI. Er setzt sich aus zehn wichtigen Grossbanken aus aller Welt zusammen; auch die UBS ist im Banken-Index enthalten.

Der Banken-Index meldet ebenfalls noch einen ungebrochenen Aufwärtstrend. Letzter Stand vor Redaktionsschluss 141 Punkte, also sogar 9 Punkte höher als vor einem Monat. Für ein Baisse-Signal nach unserem System müsste dieser Index unter 120 Punkte fallen. Über www.boersensignale.ch können Sie den Banken-Index wöchentlich verfolgen.

6. Summe der fünf Signale: 3:2 positiv

Es bleibt bei der knappen Mehrheit für einen weiterhin positiven Börsentrend, die aber infrage gestellt wird durch die im Grund nur ausgeglichene Lage bei den neuen Hochs und Tiefs der Schweizer Aktien. Die Gefahrenquellen wie zu hohes Kursniveau, Immobilienpleite in China, Inflation und Konjunktursorgen sind nicht zu unterschätzen. Es bleibt daher bei dem Rat, der seit Anfang September  gegeben wurde: Lieber keine Neukäufe, abwarten, was der Oktober noch bringt. Wenn bis Anfang November nichts passiert ist, kann man vermutlich wieder einsteigen.

Porträt