Finanzen & Vorsorge

Börsenradar

Äusserste Vorsicht geboten

Kaufen, Halten oder Verkaufen – ein speziell auf den Schweizer Aktienmarkt ausgerichtetes Analysesystem prüft auf Basis von fünf Einzelsignalen, in welche Richtung der Börsenradar ausschlägt.
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Auf die Kurserholungen bis Mitte August folgten schon wieder neue Abwärtsbewegungen am Aktienmarkt. Diejenigen, die der Meinung waren, alle negativen Nachrichten seien bereits in den Niedrigkursen enthalten, und wer verkaufen wollte, habe längst verkauft, haben sich schwer getäuscht. Zu viele negative Meldungen belasten die Bör­sen immer wieder aufs Neue, vor allem die Entschlossenheit der Zentralbanken, nun noch stärker gegen die weltweite Inflation vorzugehen. Auch wenn der Ölpreis und die anderen Rohstoffpreise bereits auf dem Rückmarsch sind, war es doch klar, dass die Verbraucherpreise zunächst weiter steigen würden. Denn sie reagieren ja als Letzte auf die Teuerung, die ja ursprünglich nur auf eine Verknappung des Angebots zurückgeht (gestörte Lieferketten, der Ausfall Russlands und der Ukraine im Welthandel, Sanktionen). Aber schauen wir nun, was unsere bewährten Indikatoren melden.

1. Zinssignale: Negativ

Sinkende Zinsen sind gut für Aktien, steigende Zinsen schlecht. So steht es jedenfalls in allen ökonomischen Lehrbüchern. Dass die Renditen der zehnjährigen Obligationen in der Schweiz zuletzt wieder gesunken sind, war nur vorübergehend. Denn auch die Schweiz kann sich nicht von der Zinsentwicklung in aller Welt abkoppeln. Noch sind Renditen von 0,83 Prozent zwar keine Konkurrenz für gute Dividendenwerte. Aber wenn die Ren­diten hier weiter steigen, könnte mancher Aktienanleger doch in Versuchung geraten, sein Geld stärker in Obligationen umzuschichten.

2. Der Saisoneffekt: Negativ

Zahlreiche Statistiken haben bewiesen, dass die Monate Mai bis Oktober eine wesentlich schlechtere Performance am Aktienmarkt aufweisen als die Monate November bis April. Die Monate August und September haben das dieses Jahr auch schon bestätigt. Der im Allgemeinen eher freundliche Monat Oktober hat sich zu manchen Zeiten auch als Crash-Monat entpuppt.

3. Die Anzahl der Schweizer Aktien mit 9-Monats-Hochs und -Tiefs: Negativ

Eine Stichprobe Anfang September ergab, dass von den 64 wichtigsten Schweizer Aktien nur eine ein 9-Monats-Hoch aufwies, während zehn von ihnen ein neues Tief meldeten. Bei den Aktien mit neuem Tief ist besondere Vorsicht geboten, da dann meist noch weitere Tiefs folgen: Zur Rose, Ascom, Rieter, Credit Suisse, Inficon, Adecco, ­Sulzer, Dormakaba, Sonova und Vontobel sind die Kandidaten für weitere Kursverluste. Gut ­haltenswert sind hingegen Aryzta (neues Hoch) und vor allem Implenia, die sich der jetzigen Baisse am deutlichsten widersetzt haben.

4. Der SMI-Index: Negativ

Der SMI-Index für die 20 wichtigsten schweize­rischen Aktien bleibt im Abwärtstrend. Vielen schweizerischen Exporteuren macht neben Teuerung und Zinssteigerung auch der zu starke ­Franken zu schaffen, der die Ausfuhren aus der Schweiz kräftig verteuert.

5. Der Banken-Index: Negativ

Den Banken-Index beobachten wir deshalb so genau, weil er mögliche Finanzgefahren für die Weltwirtschaft durch drohende Insolvenzen in der Regel eher anzeigt als übliche Aktienindizes wie der SMI. Er setzt sich aus zehn wichtigen Grossbanken aus aller Welt zusammen; auch die UBS ist im Banken-Index enthalten. Wie Sie in der ­Grafik sehen, liegt auch dieser Index weiter im Abwärtstrend.

Den Banken macht vor allem wieder die zunehmende Verschuldung in aller Welt zu schaffen. Besonders das Nachbarland Italien gerät in letzter Zeit wieder ins Kreuzfeuer der Kritik. Jedenfalls verschärfen die Banken in letzter Zeit wieder ihre Vorsichtsmassnahmen bei der Gewährung von Krediten. Über www.boersensignale.ch können Sie den Banken-Index wöchentlich verfolgen.

6. Summe der fünf Signale: 0:5 negativ

Dieser Stand muss im Grund nicht weiter kommentiert werden. Zwar kommt es auch in Baisse-Zeiten öfters vor, dass diese durch kurze und oft sogar kräftige Aufwärtsbewegungen unterbrochen werden. Die wichtigsten Aktienindizes legten zum Beispiel in diesem Jahr vom 7. März 2022 bis 29. März 2022 kurzfristig 15 bis 20 Prozent zu. Und dann vom 5. Juli 2022 bis 16. August wieder mal 10 bis 15 Prozent.

Es ist dann für uns nicht leicht, besorgte Leser, die Angst haben, die Wende zu verpassen, mit Ar­gumenten zu überzeugen, dass es sich in diesen Fällen nur um eine «Bärenmarkt-Rally» handelt, die bald wieder vorbei sein wird – einfach deshalb, weil die Voraussetzungen für eine wirkliche Wende noch nicht gegeben sind. Vielleicht wissen wir Ende Oktober mehr. Aber bis dahin äusserste Vorsicht!

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