Digitalisierung & Transformation

Marketing

Warum Unternehmen Corporate Influencer aufbauen sollten

Social Media hat die Welt verändert. Nicht nur das Privatleben wurde vollkommen auf den Kopf gestellt, sondern auch die Geschäftswelt hat neue Bahnen eingeschlagen. Damit einhergehend wurde auch die Art verändert, wie wir kaufen und verkaufen und wie wir Marken sehen.
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Marketing und Werbung ist heute viel mehr von Social-Media-Mechaniken abhängig als von den «traditionellen» Kanälen. Dabei sind wir entweder eher aktiv auf der Suche über Google, Youtube oder Amazon oder immer häufiger lassen wir uns – und das sehr gerne – Antworten, Lösungen und Inspirationen vorschlagen (Social). Dabei ist es wichtig, zu unterstreichen, dass Menschen im Netz nicht einfach nur nach einem Produkt suchen, sondern nach einem Mehrwert, der allenfalls durch eine Lösung oder ein Produkt geleistet wird. «Kein Kunde kauft jemals ein Erzeugnis. Er kauft immer das, was das Erzeugnis für ihn leistet», so die Erkenntnis von Peter Drucker, dem Pionier der modernen Managementlehre.

Für Marketeers, Verkäufer und Marken heisst das allerdings: Wir müssen noch stärker von der Persona ausgehen und ihrer Tendenz zur «Suche» oder zu «Social», um mögliche Anknüpfungspunkte via Content Marketing zu finden. Das unterstreicht übrigens auch eine aktuelle Studie: Die Studie «MUI» (Media Use Index) der Y & R Group Switzerland zeigt eine kritische Tendenz: 30 Prozent der Digital Natives halten sogenannte Influencer für glaubwürdiger als klassische Medien – Tendenz steigend.


Influencer-Marketing

Was bedeutet dies nun für das Marketing, und welche Konsequenzen sind für das schwierigere Umfeld der B2B-Unternehmen zu ziehen? Dazu hilft zunächst eine Erklärung, was unter Influencer-Marketing zu verstehen ist. 
Influencer sind innerhalb eines Themas oder einer Branche Themenführer, Trendsetter oder Experten. Sie bilden Meinungen und tragen zum Entstehen neuer
Informationen und Verständnisse bei, da sie Vorreiter in ihrer jeweiligen Branche sind. Influencer kennen wir vor allem als berühmte Persönlichkeiten, als Blogger oder Lifestyle-Personen. Influencer können mithilfe von Social-Media-Netzwerken und ihrer Fähigkeit, Menschen binden und begeistern zu können, einen Einfluss auf die Meinung ihrer Follower generieren. Sie sind im Prinzip Markenbotschafter oder wie Verkäufer zu sehen, nur dass der Verkauf viel subtiler und weitreichender stattfindet. 

Die erwähnte «MUI»-Studie geht hier noch etwas tiefer. Hier heisst es: «Der Anteil der Schweizer, welche angeben, In­fluencern zu folgen, liegt praktisch un­verändert zum Vorjahr bei 59 Prozent. Als Influencer werden Personen beschrieben, die sich aufgrund ihrer Aktivitäten in sozialen Netzwerken eine reichweitenstarke Community aufgebaut haben, in der sie eine hohe Relevanz sowie Glaubwürdigkeit besitzen und deshalb Meinungen beeinflussen können.»
Influencer sind vielmehr (online wie offline) Persönlichkeiten, die sich in einem oder mehreren Themen sehr gut auskennen und sich darüber positionieren. Das kann zum Beispiel auch der Keynote- Speaker am letzten Firmenevent sein.  Damit steht auch schon die Verbindung zum B2B-Thema, denn es geht um den Zusammenhang von B2B2C. Allgemein bekannte Personen, die Social Media verstehen, ohne sich dabei direkt als Influencer zu äussern, gibt es nämlich zuhauf. Dazu gehören neben den Fachexperten auch eigene Mitarbeitende, die bereits ein gutes Netzwerk (oder Neudeutsch: viel Reichweite) haben oder sich in der Branche durch Blogposts oder durch Community-Beiträge bereits einen Namen gemacht haben. 

Es ist nicht immer nötig, jemanden zu beschäftigen (und zu bezahlen), der über 100 000 Follower hat. Auch eine Social-Media-Präsenz mit weniger als 10 000 Followern kann bereits effektiv genutzt werden, wenn sich die richtige Nische gefunden hat und Engagement richtig eingesetzt wird.


Wer der Richtige ist

Influencer sollten ihre Leser und Zuhörer anregen, aktiv an dem Inhalt weiterzu­arbeiten, sich also an der Diskussion zu beteiligen. Mikro-Influencer und Mikro-Kritiker sollten auf keinen Fall ignoriert werden, sondern aktiv ins Engagement miteinbezogen werden. Dies bedeutet natürlich auch, dass der Influencer in der Nische glaubwürdig sein muss. Ein Supermodel, das sich mit Kosmetik auskennt, wird einem Zementhersteller wenig nutzen. Ebenso wird ein Wrestler bei Naturschützern nicht unbedingt von vornherein auf ein grosses Publikum stos­sen. Somit hat es eine starke Bedeutung, was in der bereits bestehenden Community dieses Influencers vor sich geht und wie diese Follower miteinander interagieren. Schreiben die Follower teilweise selbst Blog-Beiträge über die Ideen oder Videos/Tweets/Posts des Influencers? Wie gross ist das Engagement? Diese Punkte müssen bei der Wahl eines Influencers beachtet werden. 

Sobald ein Influencer also beginnt, sich für eine Marke, ein Produkt oder einen Trend zu interessieren, wird er dies mit seiner Community teilen: Ein Blog-Post, ein Video oder ein Social-Media-Post wird erstellt. Dieser filtert sich dann durch zu den Usern, die diesem Influencer folgen. Wenn das Thema interessant ist (und Influencer wissen, wie sie Themen interessant machen), wird es weiter geteilt und diskutiert. Somit wird Licht auf die Idee oder das Produkt geworfen und mehr und mehr Leute kommen mit dem Post in Berührung. Das Budget wird hier wohl die erste Hürde sein. Es bestimmt im Allgemeinen, welche Art von Influencer für eine Firma infrage kommt und welche Art von Kampagne zu- stande kommen kann. Ein einzelner Blog-Post wird zwar relativ billig sein, aber niemals die Reichweite erzielen, die eine langfristige Zusammenarbeit bringt, die dann auch Glaubwürdigkeit schafft. 

Eigene Influencer aufbauen

Influencer sind Persönlichkeiten. Sie sind Verkäufer und Vorreiter. Sie sind «Promis» im eigenen Umfeld und verstehen die Selbstvermarktung bis auf den Punkt genau. Deren gesamtes professionelles Leben ist darauf ausgelegt, das eigene Produkt – sich selbst – zu verkaufen. Firmen und Marken können davon profi­tieren, indem sie durch verschiedene Methoden ein «Stück vom Kuchen» abbekommen, das heisst, einen Teil der Aufmerksamkeit, die dem Influencer gegeben wird, auf die eigene Marke lenken. 

Brand Endorsement ist hier eine Variante. Hierbei geht der Influencer ganz offen auf seine Follower zu und erklärt, warum er oder sie diese Marke besonders schätzt.  Content Creation – hier wird scheinbar neutral über eine Marke oder ein Produkt gesprochen und zum Schluss erklärt, warum dieses Produkt gut ist – aber eine viel effektivere. Denn dabei kann der Experte oder die Expertin nämlich auch gleich seinen oder ihren Mehrwert einbringen.

Je nachdem, wie die Beziehung zu dem Influencer aufgebaut wird und wie tief der Influencer gehen kann und will, um die Marke zu pushen, können diese Methoden angewendet werden, um dem Publikum die Marke vorzustellen und das Produkt zu verkaufen. 

Wichtig ist, dass der Influencer niemals direkt sagen wird, dass das Produkt gekauft werden soll. Vielmehr ist es eine natür­liche Empfehlung, die wirkt, als sei sie ohne Hintergedanken ausgesprochen worden. Dies ist einer der Gründe, warum Influencer so viel Erfolg haben: Die Empfehlung wirkt wie die eines Freundes, nicht wie die eines Verkäufers, der eine Verkaufsquote zu verfolgen hat. 


Die Suche

Wenn also ein Influencer engagiert wird, um ein Produkt zu verkaufen, wird er dies in demselben Stil und auf dieselbe Art tun, wie die restliche Interaktion mit seinem Publikum abläuft. Es sollte also genau beachtet und recherchiert werden, wie der Influencer sonst mit dem Publikum umgeht und vor allem was für Kampagnen er bisher betrieben hat. Gibt es Skandale oder gibt es Konflikte in der 
Philosophie? Gleichzeitig sollte herausgefiltert werden, ob das Publikum passt. Wenn der Influencer nur Follower hat, die nicht zu potenziellen Kunden werden, wird die ganze Kampagne wenig Erfolg bringen. Warum also nicht die letzten Konferenzen, Workshops und Fachartikel durchforsten? 

Um diesen perfekten Influencer zu finden, müssen immer mehrere Ressourcen durchsucht werden. Ein guter Anfangspunkt sind Blogs über das Thema oder die Branche, da hier bereits klar nach Nische gefiltert werden kann und gesehen werden kann, wie hoch die Expertise des Influencers ist. Ebenso sollten Social-Media-Plattformen durchsucht werden. Am einfachsten geht dies über Hashtags. Somit ist sofort ersichtlich, wie gross die Followerschaft des Influencers ist. 

Alternativ können auch Branchenverzeichnisse, Konferenzen sowie Events und deren Kampagnen helfen, potenzielle Persönlichkeiten zu identifizieren. Es muss nicht immer heissen, dass der Influencer von der Marke gesucht werden muss. Wenn die Marke oder Firma sehr gut vernetzt ist, beispielsweise auf Linkedin oder anderen Social-Media-Kanälen, kann es sehr gut sein, dass der Influencer auf die Firma zukommt und so eine Zusammenarbeit entstehen kann. 

Die Erfolgsmessung

Eine realistische Zielsetzung muss aus­serdem stets im Auge behalten werden. Nur weil ein User den Artikel über das Produkt auf Facebook «likt», ist noch lange nicht gesagt, dass dieser User das Produkt im weiteren Verlauf auch kaufen wird. Aber eventuell erscheint der Artikel dadurch auf dem Stream eines späteren  Kunden, der das Produkt kauft, ohne jemals direkt mit dem Social-Media-Post interagiert zu haben. 

In traditionellen Vertriebsabteilungen gibt es klare Regeln, klare Kampagnen und klar definierte Werte, um Erfolg zu messen. Ein Verkauf hat eine bestimmte Anzahl Anrufe gebraucht. Es brauchte eine bestimmte Anzahl von Geschäfts­essen, um einen bestimmten Klienten zu erhalten. Investment und Erfolg sind sofort ersichtlich und glasklar. 

Beim Influencer-Marketing – und allgemein beim Social Selling oder bei Social- Media-Präsenz im Grossen und Ganzen – ist dies nicht so einfach messbar. Ergebnisse kommen nicht sofort. Eine Kampagne wird nicht innerhalb von wenigen Stunden Ergebnisse erzielen. Vielmehr muss die Kampagne natürlich wachsen. Social Media und alles, was damit zu tun hat, ist eben dies: sozial. Hier teilen echte Menschen mit echten Menschen ihre Inhalte. Und dies tun sie nur, wenn diese Inhalte es wirklich wert sind. Der einzige Grund, etwas zu teilen, ist, dass es den User wirklich beeindruckt oder inspiriert hat. 

Daher ist es wichtig, jeden einzelnen Post und jedes einzelne Ergebnis von Anfang an zu messen. So können Punkte gefunden werden, die besonders erfolgreich sind, beispielsweise ein Produktfoto, das besonders gut ankommt, oder ein Blogpost, der besonders oft besucht wird. So kann ein Influencer sich direkt auf diesen Punkt konzentrieren, um noch mehr positiven Vibe für dieses spezifische Thema zu kreieren. Sobald die Kampagne gelaufen ist, sollte sie analysiert werden und dabei festgestellt werden, wo die Erfolge liegen:

  • Die Reichweite: Wie viele Follower und Subscriber gibt es?
  • Die Views: Wie viele User haben einen bestimmten Post gesehen und wurden engagiert?
  • Das Engagement: Gab es im Netz Diskussionen über das Produkt oder die Marke? Wie liefen diese?
  • Das allgemeine Sentiment: Wie sind die Kampagne und das Produkt im Allgemeinen angekommen?


Empfehlungsmarketing wächst

Influencer-Marketing ist die neue mündliche Überlieferung. Man erfährt nicht mehr vom Kollegen oder besten Freund, was gut und was schlecht ist, sondern über Social Media. Influencer-Marketing ist aber kein Direktverkauf und sollte somit auch nie als solcher behandelt werden. Influencer sind keine Verkäufer, sie gehen nicht von Haus zu Haus oder auf Konferenzen, um für das Produkt zu werben. Vielmehr sind sie Menschen, die
natürliche und echte Empfehlungen abgeben. Nur wenn alle Aspekte zusammenpassen, kann eine erfolgreiche Kampagne gestartet werden, die langfristig Erfolg und Ergebnisse bringt. 


Fazit

Influencer-Marketing wird auch in Zukunft weiter wachsen und immer mehr Einfluss nehmen. Was bisher als Hobby galt oder als ein Nebenprodukt für bereits berühmte Persönlichkeiten, ist zu einem tatsächlichen Beruf geworden. Und professionelle, selbst «gebaute» Influencer sind die neuen Marketingstrategen und Brand-Manager. 

Ein Influencer muss heute härter an der eigenen Glaubwürdigkeit arbeiten, weil Kunden wissen, dass die Influencer für Marken tätig sind. Der Balance-Akt zwischen eigener Authentizität und Repräsentation der Marke muss gehalten werden. Dabei hilft es, wenn der Influencer aus den eigenen Reihen kommt oder dem Unternehmen bereits nahesteht.

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