Digitalisierung & Transformation

Digitale Transformation in KMU (Teil 2 von 7)

Schritt für Schritt in die Digitalisierung

Die Serie «Digitale Transformation in KMU» beschreibt, welche Bausteine zur Digitalisierung gehören, wie sich der Managementprozess daraus gestaltet und wie KMU den notwendigen Change in der Praxis umsetzen können. Dieser zweite Teil beschreibt die wichtigsten Schritte im Prozess der Digitalisierung.
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In der vergangenen Ausgabe des «KMU-Magazin» haben Sie die Bausteine der Digitalisierung kennenlernen können. Abbildung 1 zeigt die Bausteine, die als Struktur für Ihre eigene Digitalisierung dienen können. Die Frage lautet jetzt: Wie läuft der systematische und langfristige Prozess der Digitalisierung ab? Wie startet er? In welchen Schritten können Sie Ihre Digitalisierung voranbringen?

In dieser Ausgabe stellt der Autor das Vorgehen in den wichtigsten Schritten vor. Ab der nächsten Ausgabe des «KMU-Magazin» wird er jeden dieser Schritte ausführlich erläutern.

Mit Bedacht vorgehen

Zunächst sollten Sie Ihre Digitalisierung mit Bedacht angehen:

  • Es gibt keinen Masterplan: Alle Unternehmen gehen diesen Weg zum ersten Mal. Die einen sind schon weiter als die anderen, aber alle müssen erst einmal Basiserfahrungen sammeln. Das sollten auch Sie tun, um Sicherheit zu gewinnen und Zutrauen in die eigenen Stärken.
  • Digitalisierung ist für jede Branche und jedes Unternehmen unterschiedlich: Wie sich die Digitalisierung der Banken entwickelt, muss nicht für Versicherungen oder Werkzeughersteller zutreffen. Prüfen Sie, welche Entwicklungen sich in den kommenden Monaten und Jahren in Ihrer Branche abzeichnen. Prüfen Sie grundsätzlich, welche Chancen dies für Sie bedeutet und welche Herausforderungen dies mit sich bringt.
  • Die Digitalisierung muss zu Ihrem Unternehmen und dessen Kultur passen: Es gibt Unternehmen, in welchen die Digitalisierung als Bedrohung von aussen empfunden wird und wo man sich in einer Opferrolle sieht; andere begreifen die Digitalisierung als grosse Chance, um ihr Unternehmen durch neue Kundenerlebnisse auf Basis digitaler Technologien weiterhin erfolgreich zu machen. Beide Haltungen wirken sich entscheidend auf den Umgang mit der Digitalisierung und deren Umsetzung aus. Prüfen Sie selbst, mit welcher Haltung Sie an Ihre Digitalisierung herangehen.

Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen: Systematisches und sorgfältiges Vorgehen sind essenziell, um Ihr Unternehmen nicht zu überfordern.

Beachten Sie: Digitalisierung ist niemals nur gut oder niemals nur schlecht – Umfragen legen dies nahe, wenn Unternehmen derart gefragt werden. Stattdessen bringt die Digitalisierung immer sowohl Chancen mit sich als auch Bedenken. Beides sollten Sie ernst nehmen und sorgsam abwägen. Dazu ein Tipp: Entwickeln Sie hierzu zwei Listen: Eine Liste enthält Ihre eigenen Pro-Argumente der Digitalisierung, die andere Ihre Negativ-Argumente und Bedenken. Formulieren Sie dann, was Ihre eigenen Bedenken ausräumen könnte und wie Sie Ihre Chancen noch besser nutzen können. Abbildung 2 zeigt einige Beispiele. In solchen Listen können Sie Ihre Ressourcen erkennen und auf dieser Grundlage einen Verhaltensplan entwickeln, diese für Ihre Digitalisierung zu nutzen; Sie nehmen Ihre Bedenken und überlegen sich, wie Sie mit diesen umgehen, damit sie Ihnen nicht unnötig im Weg stehen und Sie blockieren. Verschenken Sie nicht voreilig Ihre Chancen!

Vorbereitung

Die Digitalisierung hat bereits in allen Unternehmen eingesetzt, sei es durch die Umstellung von Papierdokumenten auf elektronische, sei es durch die Einführung von Social Media, sei es durch Automation in der Produktion. Auch Sie beginnen nicht bei 0. Die Digitalisierung als ein strategischer Geschäftsprozess bedeutet zum einen, systematisch Ihre vorhandenen Abläufe (Tagesgeschäft) weiter zu optimieren, und zum anderen, völlig neue Geschäftsoptionen zur strategischen Erneuerung Ihres Unternehmens zu schaffen. Dies wird als «Beidhändigkeit» bezeichnet. Digitalisierung bedeutet, erstens das Tagesgeschäft zu optimieren und zweitens neue strategische Geschäftsoptionen zu entwickeln. Dies sollte koordiniert erfolgen, damit eine Hand weiss, was die andere Hand tut. In diesem Sinn ist von der Digitalisierung das ganze Unternehmen betroffen. Doch Silodenken könnte das systematische und erfolgreiche Vorgehen behindern oder gar unmöglich machen. Was tun?

Die Digitalisierung wird in der Regel «von oben» in Gang gesetzt. Ein möglicher Weg: Die Unternehmensleitung gibt einer unabhängigen Projektgruppe eine beschlussfähige Vorlage über die Digitalisierungsstrategie in Auftrag. Die Projektgruppe besteht aus dem Projekt­manager und Teammitgliedern sowie ei-nem übergeordneten Lenkungsausschuss. Der Lenkungsausschuss ist Anlaufstelle für Probleme und Konflikte, die die Projektgruppe nicht lösen kann. Er wacht über den Fortschritt der Umsetzung und verabschiedet die Projektergebnisse. Ganz wichtig: Alle Beteiligten einigen sich so früh wie möglich darüber, was sie unter Digitalisierung und ihrem Auftrag verstehen und welche Erwartungen sie an das Projekt knüpfen. Auf Basis des erarbeiteten Projektverständnisses legt der Projektmanager den Zeit- und Finanzrahmen des Projektes fest.

Die vier Prozess-Schritte

Für die Digitalisierung lässt sich der bewährte Management- Prozess nutzen, der aus vier Schritten besteht:

  1. Analyse
  2. Planung
  3. Umsetzung
  4. Kontrolle

Da die Digitalisierung nicht ohne neue Bereitschaften und Fähigkeiten der Belegschaft umsetzbar ist, müssen diese beiden Aspekte dem Prozess hinzugefügt werden, wie Abbildung 3 zeigt.

Analyse

Die Analyse beantwortet die Fragen, wo das KMU steht und wo Handlungsbedarf besteht, das Unternehmen auf die digitale Zukunft auszurichten. Die Analyse dient also der Standortbestimmung und der Feststellung der konkreten Aufgaben für die Digitalisierung. Die Analyse erfolgt in drei Schritten, die aufeinanderfolgen:

  1. Sammeln von Informationen
  2. Bewertung der Informationen
  3. Ableiten der konkreten Aufgaben für die Digitalisierung

Das Sammeln von Daten umfasst zwei Kernbereiche, welche im Strukturmodell ersichtlich sind:

Die Digitalisierungsstrategie einschliesslich neuer Geschäftsmodelle, neuer Produkte und Leistungen sowie neuer Kundenbeziehungen für die Schaffung neuer Kundenerlebnisse,

die zur Umsetzung der Digitalisierung erforderliche interne Transformation. Kein Unternehmen wird in der Lage sein, die Digitalisierungsstrategie ohne Änderungen der Prozesse, der Strukturen, der IT, der Unternehmenskultur zu bewerkstelligen.

Beispiele für Fragen zur Digitalisierungsstrategie

Welche digitalen Technologien nutzt das Unternehmen bereits? Welche entstehen gerade, wie zum Beispiel Mobile, 3-D-Drucker, Virtual Reality etc. Wie sieht das Geschäftsmodell des Unternehmens aus? Welche neuen Geschäftsmodelle entstehen durch die Digitalisierung, wie zum Beispiel Plattform-Modelle? Wo gibt es für das KMU Potenziale für neue Geschäftsmodelle durch ungelöste Kundenprobleme?

Beispiele für Fragen zur internen Transformation

Wie ist der Stand der Unternehmenskultur: Wie stark ist das Bedürfnis nach Sicherheit und Kontrolle? Nach Neuem? Nach Stärke und Macht? Wie ausgeprägt ist das Silodenken? Wie ist der Stand der Befähigung der Mitarbeitenden hinsichtlich Digitalisierung und Wandel? Dies umfasst die Organisation (die Aus- und Weiterbildung, die Rollen und Verantwortlichkeiten, die Prozesse, die Strukturen, die IT, die Kultur), die Kommunikation und das Controlling.

Bewertung der Informationen (Swot-Analyse)

Die gesammelten Informationen werden nach den derzeitigen Stärken und Schwächen sowie nach den künftigen Chancen und Risiken bewertet. Unterscheiden zwischen Gegenwart und Zukunft zwingt die Verantwortlichen, sich mit den Entwicklungen innerhalb der kommenden Monate und Jahre zu beschäftigen – was meiner Erfahrung nach viele Unternehmen nicht tun. Jedoch könnte erst diese Betrachtung den tatsächlichen Handlungsbedarf zeigen.

Ableiten der konkreten Aufgaben für die Digitalisierung

Die Analyse schliesst mit der Frage ab, was zu tun ist. Welche digitalen Technologien können genutzt werden? Welche weiterentwickelt? Welchen Bedarf gibt es für die Entwicklung des vorhandenen
Geschäftsmodells? Welchen eignen sich für neue strategische Optionen? Welche Produkte bleiben erhalten? Welche werden digitalisiert? Welche neuen Produkte und Leistungen sollten entstehen?

Zwei Fragebeispiele für die Aufgaben der internen Transformation: Welche Wandlungsbereitschaft muss für die interne Transformation geschaffen werden? Und welche Wandlungsfähigkeit soll erreicht werden? Dies umfasst ebenfalls die ganze Organisation (Aus- und Weiterbildung, Rollen sowie Verantwortlichkeiten, Prozesse, Strukturen, IT, Kultur), die Kommunikation und das Controlling.

Die Dauer der ersten Phase hängt von der Unternehmensgrösse ab, der Zustimmung zum Prozess, der Einsicht des Managements, der Unternehmenskultur, der Bereitschaft zur Veränderung und der Vielfalt der Unternehmensleistungen. Sie sollte aufgrund der Dynamik der Entwicklungen des Marktes, der Technologien etc. nicht mehr als sechs Monate umfassen.

Planung

Die Planung ist der Lösungsentwurf, der festlegt, wie die Aufgaben gelöst werden. Die drei Kernelemente sind das

  1. Setzen der Ziele für die Digitalisierung und die interne Transformation,
  2. das Auswählen der Erfolg versprechendsten Strategien
  3. sowie die Mittel und Massnahmen.

Ziele: Was will die Digitalisierung erreicht haben? Formuliert wird der Inhalt (was?), das Ausmass (wie viel?) und der Zeitpunkt der Zielerreichung (wann?):

  • Fünf Innovationen pro Jahr ab dem übernächsten Jahr
  • Halbierung der «Time to Market» innerhalb von zwei Jahren

In einem Jahr sind alle Prozesse digitalisiert, die digitalisiert werden können.

  • Intern: zentral oder dezentral, national oder international, top-down oder bottom-up? Aber auch interdisziplinär statt unidisziplinär und Selbstkontrolle statt Fremdkontrolle.
  • Massnahmen: Die Mittel und Massnahmen legen fest, wodurch die Strategie umgesetzt und die Ziele operativ erreicht werden sollen (siehe Abb. 4).

Umsetzung

Die Umsetzung als operative Ebene legt die Ausgestaltung der Mittel und Massnahmen fest. Fragebeispiele: Wie konkret erfolgt das Einbeziehen der Kunden im Crowdsourcing (Plattform, Themen, Beteiligte, Anreiz etc.)? Wie läuft der Design-Thinking-Workshop ab? Wie laufen neue Prozesse ab?

Kontrolle

Die Kontrolle soll sichern, dass das KMU seine Digitalisierungs- und Transformationsziele erreicht. Die integrierte Planung und Kontrolle wird auch als Controlling bezeichnet. Die Kontrolle beantwortet drei Fragen: was, wann und wie.

  1. Was wird kontrolliert? Das sind natürlich die Ziele der Digitalisierungsstrategie sowie der internen Transformation.
  2. Wann: Das KMU kann vor der eigentlichen Implementierung der Massnahmen diese testen (Pre-Test), und zwar während (In-Betreten-Test) oder auch abschliessend (Post-Test).
  3. Wie: Mittels Befragungen der Kunden, mit Hilfe der Beobachtung des Kundenverhaltens oder auch mit Experimenten wie zum Beispiel mit Prototypen von E-Shops.

Die kontinuierliche Kontrolle mit Zwischenzielen sichert, dass Sie bei Abweichungen von Zielen rechtzeitig gegensteuern können.

Ausblick

Dies sind die wichtigsten Schritte auf dem Weg in Ihre Digitalisierung im Überblick. In den kommenden Ausgaben stellt der Autor Ihnen jeden der einzelnen Schritte konkreter vor, also die Vorbereitung, Analyse, Planung, Umsetzung und Kontrolle.

Porträt