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Börsenradar

Rezessionsgefahr nicht gebannt

Kaufen, Halten oder Verkaufen – ein speziell auf den Schweizer Aktienmarkt ausgerichtetes Analysesystem prüft auf Basis von fünf Einzelsignalen, in welche Richtung der Börsenradar ausschlägt.
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Die internationalen Aktienmärkte haben von Oktober 2022 bis Mai 2023 deutlich besser abgeschnitten, als ursprünglich zu erwarten war. Doch es wird auch deutlich, dass sich die Aktienindizes schwer tun, neue Höchstkurse zu erreichen. Und die Auftragseingänge in den USA und Europa gehen runter; der viel beachtete amerikanische Einkaufsmanager-Index notiert mit 47,1 bedenklich weit unter der 50-Punkte Marke. Und dies schon seit Januar 2023! Bekanntlich zeigt ein Stand unter 50 eine kommende Rezession an. Und dies gilt auch für Europa, vor allem, da die kurzfristigen Zinsen wie in den USA deutlich über den langfristigen Zinsen liegen. Auch dies ist ein Hinweis auf eine drohende Rezession, die offenbar erst später kommt, als ursprünglich erwartet worden ist. Und offenbar unterschätzen Politiker derzeit diese kommende Rezessionsgefahr. 

Man könnte nun fragen, ob dies auch die Schweiz treffen muss, die sich ja wegen ihrer sehr niedrigen Inflationsrate schon oft von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung abkoppeln konnte. Aber wie die Historie zeigt, unterscheidet sich der Trend am schweizerischen Aktienmarkt in keiner Weise von dem Trend des amerikanischen Dow-Jones-Index und des deutschen Dax. Aber schauen wir uns zunächst einmal an, was unsere bewährten Indikatoren meinen:

1. Zinssignale: Negativ

Sinkende Zinsen sind gut für Aktien, steigende Zinsen schlecht. Wie die Grafik zeigt, liegen die aktuellen Renditen noch knapp über dem Stand von Mitte Mai 2022. Doch scheint der Aufwärtstrend bei den zehnjährigen Obligationen allmählich auszulaufen. Im Grund ist das aber auch ein Zeichen für eine kommende schwächere Konjunktur.

2. Der Saisoneffekt: Negativ

Zahlreiche Statistiken haben bewiesen, dass die Monate Mai bis Oktober im Durchschnitt eine wesentlich schlechtere Performance am Aktienmarkt aufweisen als die Monate November bis April. 

3. Die Anzahl der Schweizer Aktien mit 9-Monats-Hochs und -Tiefs: Positiv

Unsere Liste der 64 wichtigsten schweizerischen Aktien zeigt bis jetzt noch ein positives Bild. Ende April meldeten fünf Aktien ein neues 9-Monats-Hoch, nämlich Aryzta, Swisscom, Novartis, Stadler Rail, und ABB. Nur zwei Aktien meldeten ein 9-Monats-Tief, nämlich Huber & Suhner sowie BB Biotech. Doch dieser insgesamt noch positive Trend kann sich schnell drehen. Ausgesprochen schwach im Trend liegen auch Kudelski, Oerlikon, Zur Rose, Arbonia, Roche, SGS und Rieter. Sie alle sind wie Huber & Suhner und BB Biotech Verkaufskandidaten.

4. Der SMI-Index: Positiv

Der SMI-Index für die 20 wichtigsten schweize­rischen Aktien tut sich schwer, sich gegen die steigenden Zinsen der Zentralbanken zu behaupten. Aber immerhin weist er von Mitte September 2022 bis Mitte Mai 2023 noch einen positiven Trend auf.

5. Der Banken-Index: Positiv

Den Banken-Index beobachten wir deshalb so genau, weil er mögliche Finanz-Gefahren für die Weltwirtschaft durch drohende Insolvenzen in der Regel eher anzeigt als übliche Aktienindizes wie der SMI. Er setzt sich aus zehn wichtigen Grossbanken aus aller Welt zusammen; auch die UBS ist im Banken-Index enthalten. Der Aufwärtstrend dieses Index ist zwar noch nicht gebrochen. Aber sehr vertrauenerweckend sieht der Trend nicht mehr aus, da er sich seit dem Kurssturz der Credit Suisse im Februar/März nicht mehr deutlich erholen konnte. Siehe Grafik.

6. Summe der fünf Signale: 3:2 positiv

Ja, es gibt nach unseren fünf Indikatoren noch eine knappe Mehrheit für einen anhaltenden Aufwärtstrend. Aber trotzdem wäre es ratsam, das Engagement am Aktienmarkt jetzt eher etwas zurückzufahren. Der Hauptgrund: Man sollte an der Börse nie gegen die Zentralbanken wetten. Die erhöhen nach wie vor ihre Leitzinsen, um die In­flation zu bekämpfen. Dass wir bis Ende April trotzdem noch dem positiven Trend gefolgt sind, war richtig. Aber nun gilt erhöhte Vorsicht, zumal die schweizerischen Aktien, die weltweit als «sicherer Hafen» gelten, im internationalen Vergleich deutlich sehr hoch bewertet sind. Das gilt vor allem für die 20 im SMI enthaltenen Aktien.

Zwar ist die durchschnittliche  Dividendenrendite in der Schweiz noch deutlich höher als die Rendite der Obligationen. Aber im Falle einer kommenden Rezession würden Dividenden sicherlich auch gekürzt oder fallen gar aus.

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