Digitalisierung & Transformation

Branding

Markenelemente im digitalen Zeitalter

Die Digitalisierung hat durch die globale Pandemie einen zusätzlichen Schub erhalten. Daher ist es umso wichtiger, dass die kennzeichnenden Elemente eines Unternehmens und Marken mit einer digitalen Denkweise entwickelt werden.
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Selbst elementare Erkennungszeichen wie Logo, Farbe und Typografie werden hinterfragt und oft grundlegend verändert. In der Vergangenheit standen genau diese Elemente sinnbildlich für Stabilität und Kontinuität. Wie wirkt sich die Di­gitalisierung auf die gestalterische Ma­nifestation einer Marke (Brand Design) aus? Welches sind die effektivsten Markenelemente gemäss einer aktuellen Marktstudie, die über 2000 Kampagnen-Videos analysierte? 


Die Bestandteile einer Marke

Die drei Kreise des Markenrads sind eine visuelle Abgrenzung der verschiedenen Markenaspekte, wobei diese keinesfalls losgelöst voneinander betrachtet werden sollen. 

Die Kernidentität befasst sich mit den Markeneigenschaften, welche über einen längeren Zeithorizont konsistent sind. Im Idealfall werden folgende Fragen beantwortet:

  • Was ist die Mission des Unternehmens hinter der Marke?
  • Woran glaubt die Marke und was sind ihre zugrunde liegenden Werte?
  • Wie arbeitet die Marke, um ihr Ver­sprechen gegenüber den Kunden zu erfüllen?

Die Markenelemente sind die Erweiterung der Kernidentität. Sie überführen ein abstraktes Konstrukt in ein fassbares Markenbild und zeigen auf, wofür die Marke steht. Die Elemente sollen nicht nur alle Sinne der Kunden ansprechen, sondern auch die Wiedererkennbarkeit auf dem Markt erhöhen. 

Die Markenelemente können einzeln oder kombiniert angewendet werden. Je nach Kanal beziehungsweise Kundenkontaktpunkt – sogenannte Touchpoints – kann die Anwendung der Elemente variieren. Daher ist eine gewisse Flexibilität notwendig. Um diese Flexibilität zu erreichen, ist es sinnvoll, konstante und variable Markenelemente nach einem Gestaltungsprinzip auszuarbeiten.

Die Markenelemente

Konstante und variable Markenelemente
In der digitalen Welt bekommt das gestalterische Prinzip, wonach die Form der Funktion folgt, eine neue Dringlichkeit. Auf der Homepage oder anderen unternehmenseigenen Kanälen können die Designvorgaben ohne Kompromisse umgesetzt werden. Dies steht ganz im Gegensatz zu den sozialen Medien und anderen digitalen Plattformen. Dort wird das Unternehmensdesign durch deren Funktionen und Algorithmen bestimmt, wobei meist der Inhalt im Vordergrund steht. Dieser hat in den letzten Jahren – unter anderem auch durch das Aufkommen von Content-Marketing – zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die daraus entstehenden Herausforderungen widerspiegeln sich ebenso in anderen Touchpoints. Auf kleinen Bildschirmen wie zum Beispiel Smartwatches oder bei nicht vi­suellen Interaktionen wie der Sprachsteuerung müssen Markenelemente ganz andere Anforderungen erfüllen. Starre Designregeln kommen hier an ihre Grenzen und sollten hinterfragt werden. 

Eine Möglichkeit, diese Herausforderung zu meistern, ist das Definieren von gestalterischen Prinzipien, wonach die form­gebenden und kennzeichnenden Elemente erstellt werden. Im Gegensatz zu Designregeln verlangt ein Prinzip nach Interpretation und bedingt eine Kontextbetrachtung zur jeweiligen Situation. Ein mögliches Prinzip ist beispielsweise, dass die Wortmarke für verschiedene Layout-Varianten und Grössen flexibel positionierbar sein muss.

Der Input für die Festlegung von den Prinzipien stammt aus der Kernidentität des Unternehmens. Der Output aus den Prinzipien kann in eine konstante und eine variable Markenumsetzung unterteilt werden. Der konstante Teil widerspiegelt die Autorität der Marke und ist unabhängig vom Touchpoint. Dadurch wird die Markenidentität wahrnehmbar und greifbar. Die variablen Elemente werden dagegen bei spezifischen Touchpoints verwendet und sind nur dort relevant. Sie verkörpern den Dialog der Marke und erhöhen die Flexibilität des Markenauftritts. Ein höherer Anteil an Variabilität im Designsystem ermöglicht eine schnelle Adaption auf sich wandelnde Umgebungen, deren Taktzeit sich durch die zunehmende Digitalisierung laufend verkürzt hat. 

Effektivität von Markenelementen
Die Digitalisierung verändert auch die Medienlandschaft. Die Menschen werden mit einer Vielzahl an Inhalten konfrontiert. Dabei haben sie die Möglichkeit, uninteressante Inhalte zu überspringen oder wegzudrücken. Eine im Jahr 2020 durchgeführte Marktstudie (siehe Quellenhinweis 1)  analysierte über 2000 Kampag­nen-Videos, um die Beziehung zwischen Effektivität und Vorhandensein von Markenelementen zu verstehen. Die Videos wurden vor dem offiziellen Kampagnenstart der Zielgruppe (potenziellen Kunden) abgespielt. Parallel dazu wurde konkurrierender Inhalt inklusive Ton eingespielt, um realitätsnahe Bedingungen zu simulieren. Die Personen wurden später mithilfe von neutralen Bildern gebeten, zu bestätigen, ob sie die Werbung wiedererkennen und, wenn ja, um welche Marke es sich handelt. 

In der Ausgangssituation wurden die verwendeten Markenelemente in den Videos ausgewertet. 91 Prozent von den über 2000 Videos verwenden das Logo als Markenelement, gefolgt von firmenspezifischer Farbe mit 69 Prozent. Die akustischen Markenelemente wurden weitaus weniger eingesetzt als die visuellen Markenelemente. 

Die Resultate der Untersuchung zeigen deutlich (siehe Abb. 3), dass ein Fluent Device (Markenfigur) oder eine akustische Marke (Sonic Branding) die Wahrscheinlichkeit der Wiedererkennung einer Marke drastisch erhöhen. 

Das Potenzial einer akustischen Marke ist gross. Unternehmen wie Netflix, Intel oder T-Mobile zeigen in diesem Bereich eine vorbildliche Verwendung einer akustischen Marke. Gleichwohl wird dieses Element bisher nur von wenigen Unternehmen konsequent und erfolgreich umgesetzt. Grund dafür ist insbesondere die von Unternehmen gelebte hohe unternehmerische Priorität, welche dem visuellen Erscheinungsbild zugeschrieben wird. Allerdings führt das langfristig zu einem brachliegenden Potenzial, denn akustische Elemente können das Erlebnis sensorisch erweitern.

Fluent Devices sind mehr als nur ein Markenmaskottchen und flexibler als ein unverwechselbares Element wie das Logo oder die Schriftart. In der Kommunikation einer Marke ist damit ein sich wie­derholendes Element gemeint. Dabei schafft ein Fluent Device Bekanntheit und erstellt Speicherstrukturen im Gehirn, die einfacher abgerufen werden können. Das wiederum führt zu einer besseren Wiedererkennung und positiveren Emotionen. Es ist jedoch mehr als nur ein «Erscheinen» – es treibt die Kreativität der Marke an, denn Fluent Devices bieten das Potenzial, sich mit dem Stil und der Geschichte einer Marke weiterzu­entwickeln.


Return on Investment

Wie bei jeder anderen Investition stellt sich auch bei den immateriellen Werten die Frage nach dem Return on Investment. Immaterielle Werte beziehen sich im Allgemeinen auf Vermögenswerte des geistigen Eigentums wie zum Beispiel Patente, Marken und Urheberrechte. Diese sind im Gegensatz zu materiellen Werten wie Grundkapital, Liegenschaften oder anderen Sachanlagen schwierig zu bewerten und lassen sich besser beschreiben.

Eine Investition in die Weiterentwicklung der Markenelemente stiftet einen langfristigen Nutzen, da sie die Werte des Unternehmens nach aussen wiedergeben. Dabei werden die folgenden vier Funk­tionen in deren Grundzügen verstärkt.

  • Erkennbarkeit: Der Kunde kann die Marke von Wettbewerbern differenzieren und eindeutig zuordnen.
  • Erlebnisqualität: Die Markenelemente und der Inhalt bilden eine Einheit und führen zu einer positiven Erfahrung.
  • Bedeutungsaufladung: Die Markenelemente sind für den Kunden bedeutsam und interpretierbar.
  • Akzeptanz: Der Kunde kann sich mit der Marke identifizieren.

Die Festigung dieser Werte kann sich auch auf die ökonomische Zielerreichung auswirken. Das Vertrauen der Kunden in die Unternehmung wird weiter gestärkt und wirkt als Vertrauensvorschuss in Krisenzeiten. Lieferanten, Banken, Medien, Mitarbeiter und andere Gruppen, mit denen eine Unternehmung interagiert, werden durch die Marke wesentlich beeinflusst. 

Der vor zwei Jahren eingeführte ISO- Standard 20671:2019 gibt eine Empfehlung für die isolierte Berechnung der Markenwerte. 

Dennoch werden oft andere Methoden angewendet, weshalb die Ergebnisse zwischen verschiedenen Studien zum Teil stark divergieren. In einer 2019 durch­geführten Studie (siehe Quellenhinweis 2) wurden 2818 Chief Marketing Officers befragt und versucht, die Markenwerte anhand des ISO-Standards isoliert zu betrachten. Dabei wurde festgestellt, dass der Markenwert durchschnittlich 19,5 Prozent zum Unternehmenswert beiträgt. Bei Konsum- und Luxusmarken kann sich dieser Wert auf mehr als 50 Prozent erhöhen.

Fazit

Die Digitalisierung erhöht die Komple­xität in der Markenführung, da es nicht mehr ausreicht, nur den analogen Verkaufskanal zum Kunden zu kontrollieren. Heute sind die Unternehmen mit einer fast unkontrollierbaren Anzahl an Touchpoints konfrontiert und müssen den Markenauftritt entsprechend anpassen. Umso wichtiger ist es, die Besonderheiten der Marke herauszufiltern, die für eine Resonanz mit der Kundschaft sorgen. Dabei sollte der Fokus auf die Kernleistung, also die Gründe, warum Menschen ihr Geld investieren, gelegt werden. Die Take-aways können wie folgt zusammengefasst werden: 

  • Variable Markenelemente ermöglichen gestalterischen Interpretationsspielraum für die Adaption an neue Platt­formen, Medien und Kanäle.
  • Die Effektivität der Markenelemente in der Kommunikation unterscheidet sich stark. Für zukünftige Projekte und deren Kostenrahmen ist somit eine Entscheidungshilfe vorhanden, sofern eine solide visuelle Grundbasis besteht.
  • Markenelemente können als Werkzeug der Wertschöpfung betrachtet werden, denn ohne gestalterischen Ausdruck ist auch die beste Positionierung wirkungslos. 
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