Digitalisierung & Transformation

Blockchain-Anwendungen

Herausforderungen zur Generierung von Nutzenpotenzialen

Blockchains sind in der IT- und Finanz-Welt ein gehyptes Thema. Als Technologie verteilter Datenbanken können Blockchains Transaktionen ohne eine zentrale Kontrollinstanz transparent verwalten. Interaktionen in Wirtschaft und Gesellschaft werden sich damit grund­legend verändern und neue Geschäftsmodelle möglich machen.
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Blockchain hat ein hohes Potenzial für neue Anwendungsmöglichkeiten. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Deloitte sind 74 Prozent der globalen Grossunternehmen überzeugt, dass Blockchain-Anwendungen für ihre Organisa­tionen zukünftig von Bedeutung sein werden. 40 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, in Blockchain inves­tieren zu wollen.

Trotz dieser deutlichen Interessens­be­kundung gibt es bisher jedoch nur wenige Anwendungsbeispiele, die sich konkret durchsetzen konnten. Bei der Entwicklung von Blockchain-Geschäftsmodellen spielen sogenannte Blockchain-Ökosysteme eine entscheidende Rolle, die laut einer Studie der Hochschule St. Gallen bei rund 70 Prozent aller BlockchainInitiativen relevant sind.

Automatisierte Transaktionen

Blockchain basiert auf der Idee verteilter Datenbanken, bei denen die Beteiligten zu jeder Zeit Einblick in alle Transak­tionen haben. Aufgrund des dezentralen Charakters der Technologie und der Vali­dierbarkeit sind Datenstrukturen schwer manipulierbar und Informationsfälschungen damit weitestgehend aus­geschlossen. Im Rahmen definierter Regeln lassen sich Transaktionen zwischen den Akteuren nahezu vollständig automatisieren. Die den automatisierten Transaktionen zugrunde liegenden Regeln und Verträge werden als Smart Contracts bezeichnet. Die sogenannten Smart Contracts führen zu substanziell geringeren Transaktionskosten, die in Einzelfällen nahe bei null liegen dürften. Die Dezentralisierung und der Einsatz von sogenannten Smart Contracts ermöglichen damit erhebliche Preiseffizienzen. Das mit Smart Contracts verbundene Automatisierungspotenzial lässt vermuten, dass sich die Interaktionen
in Wirtschaft und Gesellschaft grund­legend verändern werden. 

Mit dem Einsatz von Smart Contracts werden Vermögensgegenständen und phy-sischen Gütern vermehrt digitale Werte zugeschrieben. Dadurch entstehen digitale Wertströme, die neue Anwendungen und Geschäftsmodelle möglich machen. In zahlreichen Industriezweigen ermöglichen diese digitalen Wertströme neue Nutzenpotenziale. So können beispielsweise Versicherungsprozesse automatisiert, globale Transportprozesse überwacht und Wert- und Vermögensgegen­stände auf ihre Qualität und Echtheit überprüft werden. Die Authentizität bei Pharmaprodukten und Luxusgütern könnte damit lückenlos nachgewiesen werden.  

Herausforderungen 

Sich wiederholende Interaktionen zwischen den teilnehmenden Akteuren sind ein wesentliches Merkmal von Blockchain-Anwendungen. Demzufolge sind Akteure in ein grösseres Netzwerk ein­gebunden, mit dem noch vor den ersten wirtschaftlichen Transaktionen Bedingungen und Regeln definiert und ausgehandelt werden müssen. Dazu zählt auch festzulegen, wie diese Regeln durchgesetzt werden. Ein solches Netzwerk kann als Blockchain-Ökosystem bezeichnet werden. 

Der Erfolg einer Blockchain-Anwendung hängt davon ab, wie gut ein Geschäfts­modell auf das umgebende Ökosystem abgestimmt ist. Die Entwicklung er­folg­reicher Blockchain-Geschäftsmodelle ist eine besondere Herausforderung, da in einem Blockchain-Ökosystem unterschiedliche Akteure mit unterschied­lichen Interessen vorzufinden sind, für die jeweils ein Nutzen generiert werden muss. Verliert ein System einen zentralen Akteur, weil dieser den Nutzen der Blockchain-Anwendung nicht mehr erkennt, besteht die Gefahr, dass das Ökosystem an Robustheit verliert und das gesamte Vorhaben scheitert. Initianten von Blockchain-Anwendungen müssen deshalb die folgenden vier Heraus­for­derungen lösen.

Orchestrierung des Marktplatzes

Der Initiant einer Blockchain-Anwendung hat die Aufgabe, Strukturen für einen Marktplatz zu entwickeln, bei dem die Anbieter die von den Nutzern nach­gefragte Dienstleistung anbieten können. Für die Transaktionen benötigte Zusatzdienstleistungen werden von Partnern zur Verfügung gestellt. Demzufolge muss der Initiant für alle Akteure, das heisst Anbieter, Nutzer und Partner, einen Marktplatz bereitstellen, der funktionsfähig ist und alle beteiligten Akteure an das Ökosystem bindet. Diese Aufgabe wird vor allem durch den Initianten sichergestellt, der kontinuierlich Anpassungen, technische Weiterentwicklungen und Optimierung der Protokolle vornehmen muss, damit der Handel funktionsfähig bleibt und den neusten Sicher­­heits­standards entspricht. Dazu gehört auch die Wahl der geeigneten Blockchain-Technologieplattform, wie zum Beispiel Ethereum oder Cardano für öffentliche und R3 Corda oder Hyperledger Fabric für private Blockchain-Lösungen.

Entwicklung von Nutzenver­sprechen für alle Akteure

Die Bindung an das Ökosystem setzt voraus, dass allen Akteuren ein Nutzen gestiftet wird. Die Herausforderung besteht darin, die aus Blockchain entstandenen neuen digitalen Wertströme zu erkennen und in Nutzenversprechen für die beteiligten Akteure umzuwandeln. Um ein Nutzenversprechen zu gewährleisten, sollten die aktuellen Probleme, aber auch die neuen Rollen und Aufgaben der unterschiedlichen Akteure identifiziert und definiert werden. Die unterschiedlichen Perspektiven münden in einem Gesamtnutzenversprechen. 

Definition und Auslegungvon Wertströmen

Durch die Blockchain-Technologie kann Vermögens- und Wertgegenständen eine eindeutige, digitale Identität zugeordnet und in der Folge diese Identität wiede­rum nachgewiesen werden. Die so durch Blockchain-Anwendungen entstandenen neuen Wertströme müssen identifiziert, ausgelegt und zugeordnet werden. 

Damit bilden sich sowohl neue Arten von Zahlungsmitteln und Wertspeichern als auch innovative Nutzungsmöglichkeiten von Dienstleistungen auf Plattformen heraus. Zudem entstehen neue Anlage­möglichkeiten in der Vermögensverwaltung. Die Wertströme korrekt zu erkennen und zu monetarisieren, ist der Schlüssel zu einem erfolgreichen Blockchain-Geschäftsmodell.

Entwicklung multidimensionaler Geschäftsmodelle

In einem Blockchain-Ökosystem ist es eine zentrale Herausforderung, die einzelnen Geschäftsmodelle für die verschiedenen Akteursgruppen so zu entwickeln, dass sie innerhalb einer Blockchain-Anwendung aufeinander abgestimmt sind. Ein Blockchain-Geschäftsmodell beantwortet, wer die Akteure sind, was die jeweiligen Nutzenversprechen beinhalten, wie sich konkrete Werte erzielen lassen und wie sich letztendlich auch ein Wert für die Initianten generieren lässt. 

Für die Skalierung eines Blockchain-Geschäftsmodells benötigt es weiterhin eine kritische Masse, um sogenannte Netzwerk­effekte auslösen zu können. Der Initiant muss es verstehen, Vertrauen in ein Ökosystem zu bilden, damit eine kritische Masse an Akteuren geschaffen wird, die dann den Wert des Systems weiter steigert. 

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Blockchain-Initianten müssen nicht nur den Zeitpunkt genau eruieren, ab dem ihr Vorhaben marktfähig ist, sondern auch entscheidende Herausforderungen im Ökosystem lösen. Dazu gehört insbesondere, nutzengenerierende Geschäftsmodelle für die beteiligten Akteure zu erarbeiten und aufeinander abzustimmen. Wenn das gelingt, lassen sich die durch Blockchain-Technologie neu generierten Wertströme erfolgreich nutzen.

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