Digitalisierung & Transformation

Unternehmenskooperation

Digitalisierungskooperationen erfolgreich umsetzen

Kooperationen mit Technologie-Start-ups zur Bewältigung der digitalen Transformation werden bei etablierten Unternehmen zunehmend beliebter. Damit eine Partnerschaft gelingt, sind fünf zentrale Faktoren zu berücksichtigen: Vertrauen, Kooperationskultur, Ziel­setzung, strukturelle Rahmenbedingungen und Kommunikation.
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Die digitale Transformation zählt aktuell zu den grössten Herausforderungen für Unternehmen aller Branchen. Der Einsatz neuer, digitaler Technologien verändert traditionelle Wertschöpfungsketten und Geschäftsmodelle grundlegend. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sich Unternehmen diesen Ver­änderungen stellen. Etablierten Unternehmen fallen die hierfür benötigten Innovationsprozesse jedoch oft schwer. Es fehlt in den Organisationen häufig an dem notwendigen Wissen über technologische Möglichkeiten und an den Kompetenzen, Innovationen in den Unternehmen umzusetzen. 

Aus diesem Grund kooperieren Unternehmen zunehmend mit Technologie-Start-ups. Der vorliegende Artikel gibt einen Einblick, wie eine solche Partnerschaft gelingen kann. Auf Basis von 28 Interviews, die mit Start-up-Gründern und Geschäftsführern von Industrie­unternehmen geführt wurden, werden Fak­toren für eine erfolgreiche Zusammenarbeit herausgearbeitet. Kritische Reflexionsfragen sollen Unternehmen bei der Gestaltung von Kooperationen unterstützen. 

Digitalisierungskooperationen

Die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen einem etablierten Unternehmen und einem Technologie-Start-up zu Digitalisierungsthemen kann in der Praxis unterschiedliche Formen annehmen. Da­zu gehören beispielsweise lose Kooperationen, Zulieferbeziehungen, Projektkooperationen oder strategische Al­lianzen. Welche Kooperationsform am sinnvollsten ist, hängt von den Gründen und Zielen der Zusammenarbeit ab. Häufig gehen Unter­nehmen Projektkooperationen ein, um die organisationale Innovationsfähigkeit zu steigern und die Markt- und Wett­bewerbsposition des Unternehmens auszubauen. Ins­besondere die Optimierung von Produk­tions­pro­zessen und die Ver­besserung der Produktqualität dienen In­dustrie­unternehmen als Motivation für eine Zu­sammenarbeit. Technologie-Start-ups wiederum entwickeln im Rahmen der Zusammenarbeit häufig ihre Kernprodukte weiter und profitieren von einem beschleunigten Kundenwachstum durch die Nutzung der Vertriebskanäle etablierter Unternehmen.

Erfolgsfaktoren 

Für die erfolgreiche Umsetzung einer Kooperation sind verschiedene Faktoren bei der Gestaltung zu berücksichtigen. Aus den Interviews haben sich insbe­sondere die folgenden fünf Faktoren herauskristallisiert: Vertrauen, Kooperationskultur, Zielsetzungen, strukturelle Rahmenbedingungen und Kommuni­kation. Diese Faktoren werden nach­folgend erläutert. Reflexionsfragen am Ende sollen jeweils zum Nachdenken anregen und Entscheidungsträgern Hilfestellung bei der Gestaltung von Ko­operationen bieten. 

Gegenseitiges Vertrauen

Vertrauen auf individueller und organisationaler Ebene wird von allen Inter­viewpartnern als wichtigster Faktor für eine gelingende zwischenbetriebliche Kooperation genannt. Digitalisierungs­kooperationen erfordern ein besonders hohes Mass an Vertrauen, da für die in­novativen Entwicklungen zwischen den Unternehmen (strategische) Informationen und fachliches Wissen ausgetauscht werden. Beide Unternehmenspartner sollten daher überzeugend vermitteln, dass sie daran interessiert sind, gemeinsam das Kooperationsziel und nicht primär eigene Interessen zu verfolgen. 

In Kooperationsprojekten mit kurzer Laufzeit ist es häufig schwierig, schnell ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Als grundsätzlich förderlich für eine stabile Vertrauensbeziehung wird je­-doch zuverlässiges, ehrliches und gerechtes Verhalten gesehen, das sich beispielsweise in der Transparenz von Prozessen und dem Einhalten von Terminen und Absprachen zeigt. 

Reflexionsfragen:

  • Inwieweit habe ich meinem Partner Einblick in die Prozesse meines Unternehmens gewährt?
  • Wie sehen meine Erwartungen an einen wertschätzenden Umgang miteinander aus?
  • In welchem Mass werden Termine und Absprachen im Kooperations­prozess eingehalten?
  • Wie sieht eine faire Aufteilung der finanziellen Ressourcen für die Kooperation aus?

Kooperationskultur im Unternehmen

Unter Kooperationskultur versteht man das Bewusstsein, die Bereitschaft und die Fähigkeit von Unternehmen, partnerschaftlich zusammenzuarbeiten. Die Existenz einer solchen betrieblichen Kultur wirkt sich stark auf die Qualität interorgani­sationaler Beziehungen aus. Ins­besondere gilt es im etablierten Unternehmen Akzeptanz für die Kultur und Struktur im Start-up sowie für die eventuellen Risiken des Projektes herzustellen. Hierfür sind der Abbau von Vorurteilen durch ein ausführliches Kennenlernen der Partner und eine regelmässige Kommunikation zuträglich.

Ebenso sollte frühzeitig auf grundsätz­liche Zweifel von Mitarbeitern an einer Digitalisierungskooperation eingegangen werden, denn Zweifel und Unsi­cherheiten können zu erheblichen Ver­zögerungen bei der Ausgestaltung der Kooperationsbeziehung führen. 

Reflexionsfragen:

  • Wie ist die Haltung der Mitarbeiter (insbesondere Führungspersonen) gegenüber der Start-up-Kooperation?
  • Welche unterschwelligen Normen und Werte in meinem Unternehmen stehen einer Kooperation eventuell entgegen?
  • Welche Zweifel und Unsicherheiten gibt es womöglich in meinem Unternehmen bezüglich des Partners?
  • Inwieweit wurde den Projektteil­nehmern Zeit gegeben, sich und das Partnerunternehmen ausführlich kennenzulernen?

Realistische Zielsetzungen

Die Formulierung von konkreten, umsetzbaren Zielen für eine Unternehmenskooperation ist sehr wichtig, jedoch nicht immer einfach. In der Praxis liegen häufig Diskrepanzen in den Erwartungen der Projektpartner bezüglich der Einsatz- und Leistungsfähigkeit von innovativen Technologien vor. Zur Vermeidung von Missverständnissen sollte bereits in der Kennenlernphase viel Wert auf eine realistische Zielsetzung gelegt werden. Beidseitige Erwartungen und Annahmen über den Einsatz neuer, di­gitaler Technologien sollten frühzeitig geklärt werden. Hierbei kommt insbesondere dem Start-up die Aufgabe zu, Informationslücken beim etablierten Unternehmen hinsichtlich technologischer Fragen zu schlies­sen. Manchmal ist auch der Start mit vorerst kleinen, genau definierten Projekten sinnvoll.

Reflexionsfragen:

  • Welche Erwartungen stellt mein
  • Unternehmen an die neue Techno­logie und an das Start-up?
  • Wo und für was soll die neue Technologie im Unternehmen eingesetzt werden?
  • Mit welchem Ressourceneinsatz wird ein erstes gemeinsames Kooperationsprojekt gestartet?

Strukturelle Rahmenbedingungen

Für eine gelingende Zusammenarbeit sind seitens des etablierten, grösseren Unternehmens die notwendigen organisationalen und technischen Schnittstellen zu schaffen. Dem Start-up ist eine fixe Ansprechperson im Unternehmen zuzuordnen und der Zugang zu den technischen Systemen des etablierten Unternehmens sollte frühzeitig geklärt werden. Darüber hinaus kann je in Abhängigkeit des Projektes die Bereitstellung geeig­neter Infrastruktur, wie zum Beispiel Büroräumlichkeiten, erforderlich sein. Die strukturellen Rahmenbedingungen sind idealerweise zu Beginn zu definieren und kontinuierlich zu reflektieren.

Reflexionsfragen:

  • Wie werden die organisationalen und technischen Schnittstellen definiert?
  • An wen kann sich der Unternehmens­partner bei Anliegen wenden?
  • Welche zusätzliche Infrastruktur braucht das Start-up idealerweise für die Zusammenarbeit? 
  • Welche Zugriffsberechtigungen werden für eine Zusammenarbeit benötigt?

Kommunikation

Um während der Zusammenarbeit Missverständnisse und Unstimmigkeiten zwischen den Partnern zu vermeiden, sind präzise Absprachen bezüglich der Vor­gehensweise und des Einsatzes finanzieller und personeller Ressourcen zu treffen. Die Partner sollten die Projektziele konkretisieren und die Aufteilung der finanziellen und personellen Aufwendungen schriftlich fixieren. Auf diese Weise ist auch eine spätere Erfolgskontrolle des Projektes leichter umsetzbar.

Reflexionsfragen: 

  • Inwieweit herrscht Klarheit zwischen den Partnern bezüglich der Zielsetzung?
  • Welches Ausmass der schriftlichen Fixierung ist für das Projekt zuträglich?
  • Welche Aufteilung für den Res­sourceneinsatz wurde vereinbart?

Fazit

Damit eine Digitalisierungskooperation mit Start-ups gelingt, sind unabhängig von Form und Zielsetzung der Partnerschaft fünf Faktoren zu berücksichtigen: gegenseitiges Vertrauen, Kooperationskultur, realistische Zielsetzungen, strukturelle Rahmenbedingungen und präzise Absprachen. Diese Faktoren sind jedoch nicht gleichermassen operativ steuerbar. Während Ziele, strukturelle Rahmenbedingungen und Kommunikationsmassnahmen auf der operativen Ebene des Unternehmens zu verorten sind und sich kurzfristig gestalten lassen, ist dies für Vertrauen und Kooperationskultur ungleich schwieriger. Diese Faktoren be­treffen die Werteebene eines Unternehmens und benötigen Zeit und Umsicht. 

Es lohnt jedoch, sich intensiv mit diesen Faktoren auseinanderzusetzen, da eine erfolgreiche Partnerschaft vielfältige Chancen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und Bewältigung der digitalen Transformation bietet. Hierzu zählen beispielsweise die Steigerung der Innovationsfähigkeit im Unternehmen, die bessere Positionierung als Arbeitgeber oder die Generierung neuer Kundenprojekte.