Das Thema Digitalisierung ist für die Unternehmen nicht neu. Spätestens seit den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als die ersten PCs in den Büros Einzug hielten, beschäftigt sich das Gros von ihnen mehr oder minder intensiv mit ihm.
Trotzdem stellt das Thema Digitalisierung auch heute noch für viele Unternehmen die grösste Herausforderung dar, wenn es um das Weiterentwickeln ihrer Organisation und das Sicherstellen ihrer künftigen Marktfähigkeit geht.
Eine Ursache hierfür ist, dass die Digitalisierung weiterhin aufgrund der rasanten Entwicklung der modernen Informations- und Kommunikationstechnik einer der, wenn nicht gar der stärkste Change-Treiber in Wirtschaft und Gesellschaft ist. Hinzu kommt: Während die Organisations- und Personalentwicklung zumindest in etablierten Unternehmen zumeist linear verläuft, bewirkt beziehungsweise erfordert der technologische Wandel oft disruptive Brüche. Auch deshalb werden, wenn es um das Thema digitale Transformation geht, so häufig Start-ups gegründet.
Unterschiedliche Ziele
In diesem Kontext ist interessant, wie unterschiedlich in der DACH-Region, also im deutschsprachigen Raum, und den USA die Motive, um digitale Transformationsprojekte zu starten, sind und welche Ziele hiermit verbunden sind. Studien (wie zum Beispiel die NTT DATA Transformationsstudie 2023) zeigen: Während in der DACH-Region Kostensenkung ein, wenn nicht gar das zentrale Ziel ist, liegt in den USA der Fokus viel stärker auf den Themen Organisation, Kundenservice und neue Geschäftsmodelle.
Deshalb wird auch der Erfolg der digitalen Transformationsprojekte in der DACH-Region viel kritischer als in den USA bewertet, denn das Ziel Kostensenkung wird in den Projekten häufig nicht erreicht; im Gegenteil, oft werden die Digitalisierungsprojekte zu Kostenruinen.
Einseitiger Projektfokus
Eine zentrale Ursache hier ist, dass bei vielen Digitalisierungsprojekten der Fokus auf dem Bereitstellen der neuen Technologie liegt. Die Projekte werden also eher als Innovations- denn als Transformationsprojekte gesehen, bei denen zunächst einmal die oberste Führung verstehen muss,
- welche technologischen Möglichkeiten es aktuell und in naher Zukunft überhaupt gibt,
- wie diese technologischen Möglichkeiten in unternehmerischen Wert übersetzt werden können und
- welche Voraussetzungen hierfür auf der organisatorischen und personellen Seite nötig sind.
Weil in vielen Digitalisierungsprojekten, die (vorgeblich) auf eine Transformation der Organisation abzielen, der Fokus primär auf der technischen Innovation liegt, werden in ihnen häufig die
mit Einführung der neuen Technologien verbundenen strukturellen und insbesondere kulturellen Aspekte vernachlässigt. Deshalb sind die Veränderungen oft nicht nachhaltig und werden die Entwicklungsziele sowie betriebswirtschaftlichen Ziele nicht erreicht.
Um dies zu vermeiden, bedarf es eines integrierten digitalen Transformationsansatzes, der auch die Organisations- und Kulturentwicklung sowie Digitalkompetenz umfasst. Existiert ein solcher Ansatz nicht, kämpft das Unternehmen beim Planen und Realisieren des Projekts immer wieder mit folgenden Problemen:
- Den Top-Entscheidern fällt es unter anderem aufgrund der rasanten Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnik schwer, sich für einen Lösungsweg zu entscheiden.
- Die IT-Budgets werden immer höher, ohne dass die Performance beziehungsweise Wertschöpfung entsprechend steigt.
- Die technische Infrastruktur gleicht zunehmend einem Flickenteppich von digitalen Lösungen, ohne eine erkennbare digitale Gesamtarchitektur.
- Einzelne Geschäftseinheiten preschen unkoordiniert beim Einführen innovativer digitaler Lösungen vor, ohne dass zuvor aus den Unternehmenszielen abgeleitete Standards definiert wurden, die hierbei einzuhalten sind.
- Die Organisation und die Mitglieder fühlen sich von der Transformation zunehmend überfordert, auch weil ein Kompass fehlt, der ihnen eine Orientierung gibt. Entsprechend gross sind die Widerstände.
- Der digitale Reifegrad der Organisation bleibt trotz aller Anstrengungen hinter dem Wettbewerb zurück.
- Das Management hat Probleme, das Gesamtprojekt und die Unternehmensentwicklung zu steuern.