Wenn Unternehmen heute beginnen würden, an ihrer Zukunftsfähigkeit zu arbeiten, wären sie mit zwei Kräften konfrontiert: einer unterstützenden Kraft, die dafür sorgt, dass sich die Firma vom Wettbewerb abhebt, sodass Kunden sie wie einen Stern bereits aus grosser Entfernung wahrnehmen. Die andere Kraft ist zerstörerisch und kommt von einem schwarzen Loch, das alles verschlingt, was seinen Weg kreuzt. Es frisst Budgets und finanzielle Rücklagen, in ihm verschwinden Marktanteile, Potenziale und das Vertrauen von Kunden, Mitarbeitern und Investoren. Diese Metapher funktioniert auch bei der Einstellung eines Unternehmenslenkers zur zukünftigen Gestaltung seiner Firma. Er selbst vereint die Kräfte, das Unternehmen entweder zu einem leuchtenden Stern zu entwickeln oder es dem schwarzen Loch auszusetzen. Ob es dabei um Digitalisierung geht, ist nicht das Entscheidende. Letztendlich geht es immer um die Zukunftsorientierung. Schon Aristoteles ist der Spruch zugeschrieben: Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.
Blick auf den Kunden
Viele Unternehmer beschäftigen sich zu sehr mit Nebensächlichkeiten statt den tatsächlich wichtigen Faktoren. Sie fokussieren sich auf den Wettbewerb, auf marktregulierende Faktoren, auf die eigenen Finanzen und Ressourcen oder die Lieferanten. All diese Aspekte können natürlich Stellschrauben für den unternehmerischen Erfolg sein. Doch am Ende des Tages ist folgende Frage entscheidend: «Warum kaufen Kunden bei uns?» Was genau machen erfolgreiche Unternehmen also anders? Sie folgen drei Prinzipien:
Customer Centricity
Profi-Unternehmer setzen den künftigen Kunden in den Mittelpunkt sämtlicher Überlegungen und Aktivitäten. Diese Kundenzentrierung wendet das Team ebenso bei der Verteilung des Budgets an wie bei der Entwicklung neuer Produkte. «Was bedeutet das für unseren Kunden?», «Welche Vorteile bietet es ihm?», «Lösen wir für ihn ein Problem?» und «Worin liegt der Mehrwert, den wir dem Kunden liefern?» lauten in etwa die Kernfragen, die diesem Prinzip zugrunde liegen.
Simplicity
Simplicity steht für Einfachheit, für intuitive Bedienbarkeit mit maximalem Nutzwert. Die Produkte müssen für den Kunden ohne lange Lernphase und unkompliziert verwendbar sein. Aber auch die Interaktion mit dem Unternehmen selbst sollte diesem Prinzip folgen. Komplexe, verschachtelte Websites, auf denen sich niemand zurechtfindet, schrecken ab.
Scalability
Bei der Skalierbarkeit geht es im Wesentlichen um die Erschliessung von zusätzlichen Wachstumsmöglichkeiten – ohne grosse zusätzliche Investitionen. Dabei kann es sich um neue Geschäftsfelder, aber auch um neue Märkte handeln. Konzept, Vorgehen und Ressourceneinsatz bleiben stets gleich. Allerdings entsteht während der Skalierung immer eine enorme Lernkurve.
Zwei Erfolgsbeispiele
Facebook hat sich anfangs auf Studenten als Kunden konzentriert. Mark Zuckerberg und sein Team verfolgten also den Ansatz Simplicity gemäss dem Motto: «Studenten sollen auf möglichst einfache Weise miteinander in Kontakt bleiben können.» Später skalierte er sein Modell und erschuf eine weltweite Kontaktplattform, aus der später der Inbegriff der sozialen Medien wurde.
Amazon startete ursprünglich als Online-Buchhandel und stellte dabei den Buchkäufer in den Fokus seiner Überlegungen (Customer Centricity). Jeff Bezos bot den Kunden eine Alternative zu dem in den USA erfolgreichen Einzelhändler Barnes and Noble, wobei die Leser zum Kaufen nicht mehr in die Stadt fahren mussten. Zudem konnten potenzielle Leser zum ersten Mal von anderen Kunden erfahren, wie diesen das Buch gefallen hatte. Dann begann Amazon, sein Geschäftsmodell zu skalieren, indem schrittweise immer mehr Produkte und Länder dazukamen.
Die Zukunft im Blick halten
Wer seinen Kunden auch morgen den besten Nutzen liefern will, muss ehrlich zu sich sein: Zu erkennen, dass man mit den heutigen Produkten in einigen Jahren nicht mehr begeistern kann, tut weh. Doch diese Erkenntnis ist der erste Schritt in Richtung Zukunft. Viele gehen erst zum Arzt, wenn es irgendwo wehtut. Wer jedoch erkennt, dass sein jetziges Verhalten in Zukunft Schaden an Leib oder Seele bewirkt, kann schon heute etwas ändern. Und den Schmerz bestenfalls vermeiden. Wer diese Einstellung verinnerlicht, hat sein Mindset auf Zukunft formatiert. An exakt diesem Punkt sind beispielsweise die Entscheider in Unternehmen wie Nokia, Kodak oder Quelle gescheitert. Haben Unternehmer es bislang nicht geschafft, zehn Millionen Euro umzusetzen, liegt das garantiert an der inneren Einstellung. Wer Umsatz oder Gewinn steigern will, muss seine Haltung verändern. Das gelingt nur, wenn sich die Sicht auf die Dinge verändert und Chefs ihr Wissen und Spektrum erweitern. Diese «Strategie» verfolgten alle erfolgreichen Leader. Menschen wie Marc Zuckerberg oder Jeff Bezos bilden sich permanent weiter, umgeben sich mit interessanten Personen und lesen Bücher, die ihren Horizont erweitern. Dieser stetige Wille zur Weiterentwicklung verändert fortwährend auch die Einstellung dieser Menschen.
Zukunft versus Status quo
Wer überprüfen will, ob er zukunftsorientiert eingestellt ist oder eher den Status quo erhält, kann das an folgenden Fragen selbst testen: Was konsumiere ich täglich? Nachrichten oder Fachzeitschriften? Wie viele Bücher lese ich? Wie oft bilde ich mich weiter? Mit welchen Personen umgebe ich mich? Mit Menschen aus meinem Umfeld oder eher mit Unbekannten? Wohin fahre ich in den Urlaub? In den Lieblingsort oder bereise ich lieber neue Länder? Die Fragen lassen sich adaptieren: Was denke ich tatsächlich über Bitcoin, Robotics, Datenvernetzung, Alexa, Tiktok, Snapchat und Co.? Über flexible Arbeitsmodelle, Generation X / Y / Z und Megatrends? Habe ich mich schon mal gefragt, wie ich diese neuen Möglichkeiten nutze oder was ich von den Digital Natives lernen könnte? Oder schiebe ich die Themen lieber ab?
Unternehmen, die diese neuen Entwicklungen mit Interesse verfolgen, befinden sich auf einem guten Weg. Wer sie als «neumodisches Zeug» abwinkt, sollte sich zumindest bemühen, alternative Sichtweisen zuzulassen. Auch wenn Unternehmen riskieren, am Anfang auf die Nase zu fallen. Angenommen die Chefetage eines Heimtierhandels spürt Ablehnung gegenüber jeglicher Form von internetbasiertem Verkauf: So wird das Unternehmen gar nicht erst bemerken, wenn die Zielgruppe immer mehr bei Amazon kauft. Durch die negative Einstellung gegenüber diesem System filtert das Gehirn automatisch diese Möglichkeiten raus.
Dieser «Filter-Falle» können Chefs nur durch eine neutrale Haltung gegenüber Innovationen und Trends entgehen. Das gelingt, indem Führungskräfte sich gezielt dann mehr Wissen aneignen, sobald sie eine negative Grundhaltung spüren. Zum Beispiel könnten Kollegen zu einem bestimmten Thema recherchieren (zum Beispiel Instagram) und es in einer wöchentlichen Besprechung vorstellen. Auf diese Weise sorgen Chefs nicht nur für die Erweiterung ihres Wissens, sondern zusätzlich für den Wissenstransfer innerhalb des Teams.