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Wasserwirtschaft

Wie KMU mit der Ressource Wasser international Erfolge feiern

Wasser und die nachhaltige Bewirtschaftung der Ressource Wasser ist ein Millennium-Thema. Einer Studie der OECD zufolge lebt in naher Zukunft fast die Hälfte der Weltbevölkerung in Regionen mit Wasserknappheit und etwa eine Milliarde Menschen wird im Jahr 2025 keinen Zugang zu sauberem Wasser haben.
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Aufgrund des Klimawandels, der übermässigen Nutzung von Grundwasser­reservoiren und der vielfältigen Verun­reinigungen der weltweiten Gewässer kommt verbesserten Technologien und Verfahren zur effizienten Wasserförderung, -nutzung und -wiederaufbereitung eine zentrale ökologische, ökonomische und soziale Bedeutung zu. In den nächsten Jahren wächst der Weltmarkt für Wassertechnologien überproportional. Experten zufolge soll im Jahr 2020 das Volumen des Wassergeschäfts bereits eine Billion US-Dollar jährlich betragen, was einem Viertel des Umsatzes der globalen Bauindustrie entspräche.

Wachstumspotenzial im Ausland

Dabei stellen sich die Wasserproblematik und der Investitionsbedarf regional sehr unterschiedlich dar. Während die Schweiz als «Wasserschloss» bezeichnet wird und damit die einfache Verfügbarkeit des Rohstoffs Wasser in der Schweiz gemeint ist, sehen sich Asien und Afrika – die beiden Kontinente, die zusammen mehr als 75 Prozent der Weltbevölkerung stellen – mit einer sich zuspitzenden Situation konfrontiert. Die Wasserressourcen sind in den einzelnen Ländern sehr ungleich verteilt, sodass das Angebot die regionale Nachfrage oftmals nicht decken kann. Die rasante Entwicklung der Bevölkerung, die überwiegend in dicht besiedelten Stadtregionen lebt, trägt dazu bei, dass der Wasserverbrauch in den Hotspots rapide steigt, ohne dass ein entsprechendes Angebot existiert.

Kein Wunder, dass sich Schweizer Wasserfirmen im Ausland ein grosses Poten-zial eröffnet. Die Länder Asiens – allen voran China sowie die Asean-Länder Südostasiens – müssen immer grössere Summen in ihre Wasserversorgung investieren, um das kostbare Nass in benötigter Qualität zur Verfügung stellen zu können. Unternehmen, die Wasserleitungen verlegen, Rohrbrüche finden, Wasser aufbereiten, Kläranlagen liefern oder Meerwasser entsalzen können, haben gute Chancen, um in Asien ins Geschäft zu kommen, wenn einige Regeln beachtet werden. Schweizer KMU haben die Chancen erkannt und Firmen wie Von Roll Hydro, Planet Horizons Technologies oder auch Burger Engineering sind auf dem Sprung oder schon vor Ort an den Plätzen des Mangels. Doch noch ist Europa die wichtigste Geschäftsregion Schweizer Clean-Tech-Exporte, was auch die Fela Planungs AG bestätigt, welche ihren Ursprung in der Sowjetunion hat und in den Regionen Eurasien, Afrika und im Balkan im Wassergeschäft tätig ist, erst dann folgen Asien und Nordamerika mit weitem Abstand. Doch weil in den beiden letztgenannten Regionen der Anteil der Importe aus der Schweiz noch verhältnismässig gering ist, ist hier das Potenzial für eine Ausweitung der Exporte am grössten und die Ausgangslage für die Schweizer Branche ist ausgezeichnet.

Geschäftsmodelle anpassen

Die Schweiz verfügt zweifelsohne über ein anerkannt hochentwickeltes, technisches Know-how, um mit Innovationen im Wassersektor Asiens eine bedeutende Rolle zu spielen. Die Kosten für Wassertechnologien «made in Switzerland» fallen infolge technischen Fortschrittes kontinuierlich und gleichzeitig können sich die aufstrebenden Länder Asiens die Schweizer Hochtechnologie immer mehr leisten. Doch einfach nur Schweizer Wasser- und Clean-Tech-Produkte zu exportieren, ist keine nachhaltige Strategie. Für den langfristigen Erfolg ist es notwendig, dass die KMU für einzelne Märkte passende Geschäftsmodelle entwickeln, die für die Zielländer wirtschaftlich tragbar sind und den Konsumenten auf den Exportmärkten entsprechen. Dies bestätigt auch Hans Uhlmann, Generalunternehmer sowie Geschäftsführer der Fela Planungs AG, der die Bedeutung sorgfältiger Planung und die Kenntnis lokaler Begebenheiten als die entscheidenden Erfolgsfaktoren nennt.

Trotz der glänzenden Bedingungen ist in der Schweizer KMU-Landschaft tendenziell keine Clean-Tech-Begeisterung festzustellen. Bemühungen zur Etablierung einer Clean-Tech-Initiative Richtung Asien sind nur in Ansätzen erkennbar. Einerseits sind die Märkte in Europa durchaus noch nicht gesättigt, anderseits schrecken gerade KMU davor zurück, sich den Unwägbarkeiten Asiens zu stellen. Die zum Teil fehlende Vernetzung der hiesigen Clean-Tech-Unternehmen und die unzureichende Clusterbildung im KMU-Wasserbereich machen es für die Unternehmen schwierig, die aussichtsreichen, aber nicht unbedingt risikofreien Märkte Asiens zu erobern.

Internationale Märkte

Zudem werden im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen oft länderspezifische Referenzen erwartet, welche Schweizer KMU selten vorweisen können. Erschwerend kommt hinzu, dass die hiesigen Schweizer KMU auf den internationa-
len Märkten auf Grossunternehmen der Wasserbranche treffen, die nicht selten politische Unterstützung ihrer Regierungen erhalten. Zugleich mahnen Kritiker, dass die Schweizer Clean-Tech-Branche sich zu wenig über die ausländischen Entwicklungen informiert und Chancen schlicht ungenutzt lässt.

Trotz allem, so Hans Uhlmann von Fela Planungs AG, sind das Marktpotenzial, die Nachfrage nach Schweizer Know-how wie auch der Preisdruck, dem Schweizer KMU im Wasserbusiness ausgesetzt sind, gross. Die makroökonomischen Aussichten, in den verschiedenen Ländern Asiens mit Schweizer Wassertechnologie zu punkten, sind rosig. Im chinesischen Wassersektor beispielsweise wird in den kommenden Jahren ein stabiles Wachstum von rund 10 Prozent erwartet. Leiden doch schon heute in China rund zwei Drittel der chinesischen Städte unter Wasserknappheit, und zirka 300 Millionen Bewohner der ländlichen Regionen sind ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser. Zugleich steigt der Hunger nach Fleisch in ganz Asien, doch um ein Kilo Rindfleisch auf einen chinesischen Teller zu bringen, sind 15000 Liter Wasser hoher Qualität notwendig. Nur mit einer ausgeklügelten Infrastruktur kann sichergestellt werden, dass für Menschen, Tiere und Pflanzen die richtige Menge Wasser in der benötigten Qualität an den richtigen Ort geliefert werden kann.

Singapur ist hier ein Vorreiter und die Tage der Wasserrationierungen in den 1960er-Jahren liegen schon lange zurück. Singapur hat aber nicht nur die eigenen Wasserprobleme in den Griff be­kommen, sondern aus den Sorgen der Vergangenheit einen florierenden Wirtschaftszweig entwickelt. Die Wert-schöpfung des Wassersektors am Bruttoinlandsprodukt lag 2015 bei ungefähr 1,4 Milliarden USD und die Branche beschäftigt im Stadtstaat ungefähr 11000 Menschen.

Staatliche Förderung von Unternehmen in der Wasserwirtschaft hat dazu geführt, dass Singapur heute nicht nur als Bankenzentrum gilt, sondern unter Kennern auch als «globales Hydrozentrum».  Mehr als 70 Wasserfirmen mit bedeutendem Exportpotenzial haben sich in Singapur niedergelassen. Mit der jährlich stattfindenden Expertenkonferenz «Internationale Wasserwoche» arbeitet das Land kontinuierlich an seiner Wasserexpertise, um sich ein möglichst grosses Stück vom globalen Milliarden-Wassermarkt abzuschneiden.

Grösste Chancen in Südostasien

In Thailand könnten Schweizer Wasserfirmen auf die Konkurrenz aus Singapur treffen. Das Beispiel Thailand zeigt die Möglichkeiten für Schweizer KMU, gilt Thailand doch als fünftgrösster Agrarexporteur hinter den USA, Kanada, Aus-
tralien und Frankreich. Die Produktion landwirtschaftlicher Güter setzt grosse Mengen Wasser in guter Qualität voraus, und durch den Export ebendieser Güter kommt es indirekt zu einem gigantischen Süsswasserexport. Zugleich fallen zugunsten landwirtschaftlicher Flächen die Wälder Thailands massiven Rodungen zum Opfer und mit den Urwäldern feh-len die natürlichen Wasserspeicher. Nur knapp 25 Prozent der Landfläche in Thailand ist heute noch bewaldet. Auch steigt der Bedarf an Wasserressourcen durch das Bevölkerungswachstum und Thailands zunehmenden Industriesektor.

Durch den Tourismusboom akzentuiert sich darüber hinaus die Wassernot in Städten wie Pattaya, das als beliebter Touristenort mit ungefähr 400000 Einwohnern zusätzlich den Wasserdurst für jährlich über sechs Millionen Touristen stillen muss. Der Grossraum Bangkok wiederum sieht sich mit zu hohen Grundwasserentnahmen konfrontiert, was zu Bodenaustrocknung und Landabsenkung führt. Die Weltmetropole zählt eine Bevölkerung zwischen 12 bis 15 Millionen Einwohnern, und durch die anhaltende Verstädterung steigten diese Zahl und der Wasserbedarf stetig. Das überalterte Versorgungs- und Leitungssystem lässt zudem viel Wasser versickern, bevor es beim Verbraucher überhaupt ankommt.

Beste Perspektiven für Schweizer KMU wie Von Roll Hydro, könnte man meinen. Alleine das 2011 gegründete staatliche Komitee zur Entwicklung der thailändischen Wasserversorgungen weist einen Investitionsplan von mehr als 82 Milliarden USD für die nächsten Jahre aus. Die thailändische halbstaatliche Wirtschaftsförderung, das thailändische Board of Investment (BOI), prognostiziert ein Wachstum des Wasserbusiness in Thailand von 20 Prozent pro Jahr. Wobei das BOI davon ausgeht, dass für die Landwirtschaft 90 Prozent der Investitionen vorzusehen sind und sich die restlichen zehn Prozent die Konsumentenversorgung und die Industrie teilen. Last, but not least hat die thailändische Regierung das BOI angeordnet, ausländische Investoren, die Cleantech- Know-how ins Land bringen, mit Steueranreizen, Garantien und einem besonderen Schutz durch ein spezifisches Investitionsförderungsgesetz zu unterstützen.

Internationalisierung

In Anbetracht der Chancen ist es eigentlich verwunderlich, dass die hiesigen Unternehmen in der Wasserbranche Asien nicht mehr Aufmerksamkeit schenken. Die Schweiz ist sicher ein Vorreiter im Wassergeschäft und hat weltweit eine Vorbildfunktion bezüglich nachhaltiger Wasserbewirtschaftung. Nicht wenige asiatische Touristen sind erstaunt über Trinkwasserqualität aus den Wasserhähnen in den Haushalten und wünschten sich die gleiche Qualität zu Hause.

Damit die Schweizer KMU dieses Potenzial nutzen können, müssen sie sich, was nicht immer ganz einfach ist, mit staatlichen und halbstaatlichen Institutionen auseinandersetzen und deren Bedürfnisse erfüllen und Spielregeln beachten. Ohne Zweifel ist das Image Schweizer Engineerings unübertroffen und öffnet auch staatliche Türen. Leider ist es aber nicht damit getan, schweizerische Wasserprodukte und Service-Know-how nach Asien zu exportieren. Eine Hightech-Wassermembran, die in der Schweizer Umwelt ihre Dienste tut, löst sich leicht einmal im Klima Thailands auf oder wird von Insekten vertilgt, und ohne Kenntnisse des Geschäftsgebarens in den Zielländern könnten Geschäfte scheitern, bevor es zu einem ersten Auftrag kommt.

Nur wenn man die Kundenbedürfnisse und die Umweltkonditionen der Ziel­länder kennt und die Produkte den Spezifika anpasst, hat man als Schweizer KMU eine Chance, mitzumischen. Dazu braucht es neben den Kenntnissen über die Zielmärkte auch das Wissen über interkulturelle Unterschiede und Beziehungen, um Geschäfte nachhaltig zum Laufen zu bringen.

Markt- und Menschenkenntnis

Die Länder Asiens sind kulturell so unterschiedlich wie die Länder Europas und das Wasserbusiness oftmals staatlich kontrolliert. Nur als grösseres Wissens- und Kooperationsnetzwerk mit politischer Unterstützung hat man als KMU hier eine gute Chance, Fuss zu fassen.

Schweizer KMU, die sich bei der Lösung internationaler Wasserprobleme engagieren und Geld verdienen wollen, sollten also ihre Kräfte bündeln und ihre Kompetenzen auf internationalen Konferenzen wie Singapurs internationaler Wasserwoche einbringen. Hier können Partnerschaften mit asiatischen KMU aufgebaut und vertieft werden. Zu diesem Zweck wurde auch die Swiss Water Partnership (SWP) 2012 gegründet, welche ihre Mitglieder über Geschäftsmöglichkeiten, Veranstaltungen und internationale Konferenzen laufend informiert und berät. Für Start-ups des Wassergeschäfts steht die Cewas «Centre for Water Management Services» mit ihren Beratungsleistungen bereit oder die «Swiss Bluetec Bridge», die Projekte von Start-ups des Wasserbusiness mit bis zu 50 Prozent der Projektkosten fördert.  

Last, but not least können von staatlicher Seite die Botschaften Türöffner sein oder auch die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza), für die Wasser ein Kernthema der bilateralen Zusammenarbeit darstellt, den Kern eines Konsortiums bilden. Hier ist denn auch ein klares Engagement der Politik gefordert, mehr als bis anhin als Türöffner für KMU unterstützend zu wirken.

KMU-Partnerschaften

Das vielleicht wichtigste Asset, um im asiatischen Wassergeschäft Fuss zu fassen, ist die Motivation der KMU und ihrer Internationalisierer. KMU-Unternehmertum ist ein grenzüberschreitendes Phänomen. KMU-Entscheider wissen, um erfolgreich zu sein, müssen die KMU sich organisieren, denn ohne Vernetzung stehen die Chancen schlecht. Eine Studie der Hochschule Luzern – Wirtschaft, die das Internationalisierungsverhalten von KMU in Thailand und der Schweiz untersucht hat, kommt zu dem Ergebnis, dass KMU in der Schweiz als auch in Thailand der Wille eint, mit Partnern in den jeweiligen Zielmärkten gemeinsam erfolgreich zu sein. Es bleibt letztlich nur die Frage, wer den ersten Schritt wagt und im persönlichen Kontakt ein internationales Netzwerk aufbaut.

 

Wachstumsmärkte liegen im aussereuropäischen Ausland

«KMU-Magazin» im Gespräch mit Jürg Brand, Verwaltungsratspräsident der Von Roll Hydro AG.

Herr Brand, Sie sind als Unternehmer, Eigentümer und Verwaltungsratspräsident mit Von Roll Hydro im lukrativen Wassermarkt tätig. Was zeichnet Von Roll Hydro aus?
In der Von Roll Hydro verfolgen wir im Wassergeschäft einen Systemansatz und bieten unseren Kunden integrierte Produkte und Dienstleistungen an. Am Beispiel des von uns konzipierten «Internet des Wassers» (www.idw.world) lässt sich dieses Zusammenspiel gut illustrieren: Unterhaltsdienstleistungen werden mit dem Verkauf von Hardware kombiniert.

Was sind die KMU-spezifischen Hürden, um im Wasserbusiness erfolgreich zu sein? Was sind die Erfolgsfaktoren?
Der Wassermarkt ist ein enorm kompetitiver Markt mit vielen staatlichen und oft genug quer- und direkt subventionierten Mitbewerbern. Viele Kunden im Wassergeschäft sind Regierungsbeamte, hier muss man sich als KMU um- und einstellen, um erfolgreich verkaufen zu können. Als KMU wie Von Roll Hydro ist eine klare Innovation und Qualitätsorientierung notwendig, um international gegenüber den Grossen im Wasserbusiness bestehen zu können.

In welchen Ländern sind Sie neben der Schweiz besonders aktiv und warum?
Die Wachstumsmärkte liegen ganz klar im Ausland, auch und gerade im aussereuropäischen, ganz einfach deshalb, weil der Zustand der dortigen Infrastrukturen teilweise lamentabel und dazu noch unterdimensioniert ist. Zugleich ist der inländische Markt alleine zu klein, um die Innovations- und Investitionskosten alleine decken zu können.

Was hat Sie dazu bewegt, nach Asien zu gehen?
Natürlich haben wir auch bei Von Roll Hydro erkannt, welches Potenzial der asiatische Wassermarkt offeriert. Derzeit sind wir aber noch schwergewichtig in Europa, aber auch in Russland sowie in Kanada, Australien und neuerdings Südkorea unterwegs. Zum einen konnten wir in diesen Ländern auf bestehende Kundenkontakte aufbauen, zum anderen entwickelt sich die Nachfrage nach unseren Produkten und Dienstleistungen in diesen Ländern besonders gut. Aber als mittelgrosses Unternehmen ist es nicht immer ganz einfach, zu entscheiden, wie viel Wachstum man zulassen kann beziehungsweise wie viel man zulassen soll. Zudem sind wir uns im Klaren, dass der Eintritt in den asiatischen Markt gut geplant sein will, es stellen sich hier Fragen, zum Beispiel nach dem Schutz des Intellectual Property.  

Welches sind Ihrer Meinung nach die Erfolgsfaktoren für die Internationalisierung im Wasserge­schäft?
Es geht nichts über eine lokale Präsenz – und eine gehörige Portion Optimismus und Neugier, sowie etwa die gleiche Portion Skepsis und Vorsicht.

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