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Internationalisierung

Umstrittene Freihandelsabkommen mit Indonesien und Malaysia

Die Schweiz und die Efta-Staaten verhandeln über Freihandelsabkommen mit verschiedenen ostasiatischen Staaten, nämlich Thailand, Indien, Vietnam, Indonesien und Malaysia. Die Abkommen mit Indonesien und Malaysia sind im Moment in den Fokus der Medien geraten und wegen des Handels mit Palmöl umstritten.
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Laut einer Studie von Swiss Global En-terprise aus dem Jahr 2015 würden die Schweizer Unternehmen gut 80 Millionen US-Dollar Zollabgaben sparen, wenn man mit Indonesien, Malaysia und Vietnam Freihandelsabkommen abschliessen würde. Am grössten wäre gemäss der Studie das Zolleinsparpotenzial für Schweizer Exporte nach Indonesien (47,6 Mio. USD). Für die Ausfuhren nach Malaysia (14,5 Mio. USD) und Vietnam (18,1 Mio. USD) läge es deutlich tiefer.

Langjährige Beziehungen

Geschäftsbeziehungen mit Indonesien und Malaysia hat die Schweiz seit Jahrzehnten. Diese Länder gehören zum Verband Südostasiatischer Nationen, kurz Asean (von engl. Association of Southeast Asian Nations). Diese Länder haben noch weitaus mehr zu bieten als das umstrittene Palmöl.

Die Schweiz ist seit 1952 offiziell in Indonesien vertreten und engagierte sich bis 1997 umfangreich in der Entwicklungszusammenarbeit. Heute gehört Indonesien nach Japan, Singapur und China zur wichtigsten Destination für Schweizer Direktinvestitionen in Asien. Im Rahmen der wirtschaftspolitischen Strategie für Indonesien wurde Ende November 2009 eine gemeinsame Wirtschafts- und Handelskommission ins Leben gerufen. Seit dem Jahr 2008 ist Indonesien eines der sieben Prioritätsländer der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit, die vom Staatssekretariat für Wirtschaft geleitet wird. Mit seinem wirtschaftlichen Entwicklungsprogramm 2013 bis 2016 unterstützt das Seco die Bemühungen Indonesiens um Reformen im Bereich des öffentlichen Sektors und im Wirtschafts- und Umweltbereich.

Mit Kuala Lumpur hat die Schweiz seit 1963 diplomatische Beziehungen. Die abgeschlossenen bilateralen Verträge betrafen den Luftverkehr (1968), die Doppelbesteuerung (1974) und den Investitionsschutz (1978). 1993 wurde das Land zum wichtigsten Kunden der Schweizer Rüstungsindustrie. Der Bund unterstützt ein Programm zur nachhaltigen Bewirtschaftung des Tropenwaldes.

Kontaktstelle in Indonesien

Swiss Global Enterprise (S-GE) hat seit dem Juli 2017 einen neuen Swiss Business Hub (SBH) in der Schweizer Botschaft in Jakarta. Der Leiter der neuen Aussenstelle von S-GE, Wolfgang Schanzenbach, wird mit seinem Team export-orientierte Schweizer und Liechtensteiner KMU, welche in Indonesien Geschäfte machen wollen, beraten sowie Geschäftskontakte vermitteln. Mit dem Stützpunkt in Indonesien führt S-GE in Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (Eda) nun 22 SBH.

Indonesien produziert rund 40 Prozent des BIP des Staatenbundes der südostasiatischen Staaten (Asean). Laut Weltbank hat die Währung sich stabilisiert, Löhne sowie Konsum steigen und die Arbeitslosigkeit fällt. Die Mittelschicht wird stärker. Indonesien bietet Chancen für Medizintechnik, ICT, Lebensmittelverarbeitung, Konsumgüter und andere Bereiche. Im Jahr 2016 exportierte die Schweiz Waren im Wert von über 455 Millionen CHF nach Indonesien. 42 Prozent davon entfielen auf pharmazeutische und chemische Produkte, 32 Prozent auf Maschinen sowie Elektronik, rund neun Prozent auf Präzisionsinstrumente und Uhren. Die Exporteure können mit einem zusätzlichen Standbein in dieser Wachstumsregion die Risiken von Währungs- und Konjunkturschwankungen besser ausgleichen, meint Daniel Küng, CEO von S-GE.

Streitpunkt Palmöl

Zentraler Streitpunkt ist bei den Freihandelsabkommen mit Indonesien und Malaysia die Zollbefreiung für Palmöl. Die Schweiz importiert davon jährlich rund 30 000 bis 40 000 Tonnen, etwa 5000 Tonnen für Futtermittel. Durch eine Zollbefreiung würden die Palmöl-Importe steigen. Dagegen hat sich in der Schweiz ein breiter Widerstand formiert.

Zum Abkommen mit Indonesien haben eine breite Koalition von Schweizer NGO und bäuerlichen Organisationen gemeinsam mit der indonesischen Menschenrechts- und Umweltorganisation Walhi in einem offenen Brief gefordert, Palmöl aus dem Freihandelsabkommen auszuschlies­sen. Der Brief ist an Bundesrat Schneider-Ammann und die indonesische Regierung gerichtet. Darin heisst es: «Indonesien ist der weltweit grösste Palmölproduzent und -exporteur. Die Produktion, die Verarbeitung und der Handel mit Palmölprodukten in Indonesien durch in- und ausländische – auch europäische – Firmen sowie Bank-Investitionen verursachen Umwelt-, Sozial-, Menschenrechts- und Arbeitsprobleme.»

Zu den Folgen der Palmölproduktion gehören die grossflächige Abholzung, Kahlschlag und Verbrennung von Primär- und Sekundärwäldern für Palmölplantagen. Dadurch wird Indonesien laut dem offenen Brief zu einem der Hauptverursacher des Klimawandels. Der Anbau von Palmöl verursacht riesige Verluste an biologischer Vielfalt, an Umweltverschmutzung, Landraub und Menschenrechtsverletzungen gegenüber lokalen Gemeinschaften sowie schwerwiegende systemische Verletzungen der Arbeitsrechte in diesem Sektor.

Die Autoren des Briefes lehnen jeden Vorschlag ab, nach dem schwache und freiwillige Zertifizierungssysteme wie RSPO (Roundtable on Sustainable Palm Oil), ISPO und ISCC Palmöl für niedrigere Importzölle qualifizieren. Diesen Systemen fehle es nicht nur an Umsetzungs- und Durchsetzungsmechanismen, sondern auch ein Schutz der Interessen von lokalen Gemeinschaften, von Arbeitnehmenden, von Kleinbauern und der Umwelt.

Weiter, so heisst es im Brief, könnten in der Schweiz Tausende von bäuerlichen Familienbetrieben wesentliche Teile ihres Einkommens verlieren, da sie Raps und Sonnenblumen in ihrer Fruchtfolge produzieren und das importierte Palmöl ihre einheimische Produktion konkurrenziert. Auch viele Konsumenten seien besorgt wegen des Palmöls, es gäbe nur noch wenig palmölfreie Produkte. Zum Abkommen mit Malaysia gibt es einen ähnlichen Protest. Organisationen haben sich in einer breiten Koalition zusammengeschlossen und in einer von über 20 000 Menschen unterzeichneten Petition vom Bundesrat gefordert, Palmöl aus dem geplanten Abkommen mit Malaysia auszuschliessen. Darüber gibt es ein Dossier für das Parlament vom März 2017.

Stellungnahme des Bundesrates

In der Antwort auf die Interpellation der Grünen Maya Graf vom 19. Juni 2015 betreffend Freihandelsabkommen mit Indonesien und Malaysia äussert sich die Regierung zu dieser Kritik: Der Bundesrat führt im Rahmen der Verhandlung von Freihandelsabkommen keine umfassenden Verträglichkeitsstudien (Sustainability Impact Assessments) durch, hingegen in Einzelfällen gezielte Umweltverträglichkeitsprüfungen.

Im Rahmen der laufenden Verhandlungen für Freihandelsabkommen mit Indonesien und Malaysia haben die Schweiz und ihre Efta-Partner Bestimmungen für den Handel und die nachhaltige Entwicklung vorgeschlagen. Die Parteien haben demnach ihre jeweiligen Gesetzgebungen im Bereich des Umwelt- und Arbeitsschutzes einzuhalten und die vorgesehenen Schutzniveaus nicht zur Erreichung eines Wettbewerbsvorteils oder als Anreiz für ausländische Investitionen zu senken.

Weitere Bestimmungen sollen die Einhaltung der von den Parteien ratifizierten multilateralen Umweltschutzabkommen garantieren. Die Efta habe ihren Verhandlungspartnern Vorschläge betreffend die Bekämpfung des illegalen Holzschlags und zur Förderung von nachhaltigen Waren, Dienstleistungen und Techniken gemacht. Auch die Zertifizierung RSPO (Round Table on Sustainable Palm Oil) wurde dabei genannt.

Aus ökologischer Sicht bringe die Produktion von Soja, Kakao, Kaffee, Fisch, Baumwolle und Baumwolltextilien und Torf grundsätzlich ebenfalls Herausforderungen. Der Bundesrat stellte aber fest: «Die Freihandelsabkommen mit Indonesien und Malaysia werden sich allerdings nur unwesentlich auf die Importe der obenerwähnten Produkte auswirken, da diese im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems (APS) oder aufgrund des WTO-Prinzips der Meistbegünstigung (MFN) bereits liberalisiert wurden und/oder die Schweiz für diese Produkte in der Regel keine Konzessionen gewährt.»

Das Staatssekretariat für Wirtschaft, so der Bundesrat, setzt sich seit mehreren Jahren für die Verwendung von Nachhaltigkeitslabels und -standards bei der Produktion erneuerbarer Agrarrohstoffe ein. Beim Palmöl unterstützt das Seco seit 2013 indirekt die Bemühungen des RSPO, indem es zusammen mit der niederländischen Regierung die Initiative für nachhaltigen Handel (IDH) mitfinanziert. Der Aktionsplan Grüne Wirtschaft fördert freiwillige Zielvereinbarungen für die stärkere Nachfrage nach Rohstoffen ein, die gemäss internationalen Standards angebaut werden.

Tipps für Geschäfte in Ostasien

  • Schriftliche Verträge abschliessen: Aus Beweisgründen ist für Geschäfte im Ausland ein gut formulierter schriftlicher Vertrag zu empfehlen, in den Sprachen beider Parteien oder auf Englisch. Bei Vereinbarungen über Lieferung sollte man exakte Zahlen und klare Fristen abmachen. Verträge sollen Regelungen über Vertragsstrafen, eine Schiedsgerichtsvereinbarung, in der das anzuwendende Recht, die Verfahrenssprache und die Zahl der Schiedsrichter festgelegt sind, enthalten.
  • Produktehaftpflicht: Nach dem schweizerischen Produktehaftpflichtgesetz (PrGH) sind auch Personen und Unternehmen als Hersteller haftbar, die sich als solche ausgeben, indem sie ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt anbringen oder ein Produkt im Rahmen ihrer geschäftlichen Tätigkeit vertreiben oder vermieten.
  • Schutz des geistigen Eigentums: In Verträgen ist auf eine genaue Definition von Geschäftsgeheimnissen, Wettbewerbsklauseln und Vertragsstrafen zu achten. Geheimhaltungsklauseln mit Angestellten, Geschäftspartnern, Kunden und Lieferanten sind unerlässlich, wenn Wissen oder sonstige sensible Informationen ausgetauscht werden. Diese müssen auch nach Beendigung der Zusammenarbeit gelten. Passiert trotzdem eine Schutzrechtverletzung, ist eine umfassende Dokumentation und Beweissicherung erforderlich, um behördliche, zivilrechtliche und strafrechtliche Schritte einzuleiten.
  • Industriespionage vermeiden: Geheime Daten gehören nicht in Clouds und schon gar nicht in Privatgeräte von Mitarbeitenden. An öffentlichen Orten sollen keine geheimen Informationen übermittelt werden. Papierunterlagen sind genauso zu sichern wie digitale. Neben technischen Massnahmen muss man die Mitarbeitenden überzeugen, dass sie auch im sozialen Verhalten diskret sind. Spionage wird oft auf der privaten Ebene von falschen «Freunden» betrieben.
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