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Weiterbildungsmarkt

Tausch- oder Gebrauchswert? – nachhaltige Personalentwicklung

Ein Unternehmen, das seinen Mitarbeitenden eine Aus- oder Weiterbildung (mit-)finanziert, möchte in der Regel, dass sich diese Investition auszahlt. Doch es scheint, als würde eher in anerkannte Titel als in echten Nutzen investiert. Welche Bedürfnisse haben Unternehmen und deren Mitarbeitende? Und wie sollte eine Weiterbildung «gestrickt» sein?
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Seit Anfang des 21. Jahrhunderts ist ein klarer Trend zu akademischen Weiterbildungen spürbar. Der Markt wird mit Angeboten geradezu überschwemmt. Abschlüsse als EMBA, CAS oder MAS gelten als gute Visitenkarte und sie haben einen hohen Tauschwert. Wer einen akademischen Titel besitzt, bekommt gute Jobs und Aufträge. Ob ein Zusammenhang zwischen Titel und Leistung mit nach-haltigem Erfolg besteht, fragt niemand. Gleichzeitig haben praxisorientierte Weiterbildungen und ausgewiesene Praxis-erfahrungen an Gewicht verloren. Der Tauschwert (Diplom) ist wichtiger geworden als der Gebrauchswert (Nutzen).

Wer in eine Weiterbildung – in die eigene oder die seiner Mitarbeitenden – investiert, sollte überlegen, welchen direkten Nutzen die Ausbildung bringen soll. Dies erleichtert die Auswahl des Bildungsinstituts und hilft, während der Ausbildung den Fokus auf die Themen zu legen, statt sich nur auf einen Titel zu konzentrieren. Zweifellos sind akademische Abschlüsse wichtig für den Forschungsstandort und Werkplatz Schweiz. Wer Menschen mit akademischen Titeln beschäftigt, gilt als attraktiver Arbeitgeber und Geschäftspartner. Doch es gibt gute Gründe, dass nicht jeder den akademischen Weg geht. Wir verweisen dazu auf das Fachbuch «Die Akademisierungsfalle» von Rudolf Strahm (siehe Box «Literatur»).

Bedürfnisse der Unternehmen

Grundsätzlich gilt natürlich, dass Aus- und Weiterbildungen einen hohen Nutzen bringen sollen. Bevor man überhaupt nach einer Weiterbildung sucht, muss man wissen, welche Anforderungen an Kader- und Führungspersonen sowie Mitarbeitende in den nächsten drei bis fünf Jahren gestellt werden. Trendforscher prognostizieren eine Individualisierung in der Arbeits- und Bildungswelt.

Jede Generation entwickelt unterschiedliche Werte, und in der Arbeitswelt sind immer mehrere Generationen vertreten. In Betrieben von heute finden wir Menschen aus der «Babyboomer-Generation», das heisst Menschen, die vor 1960 geboren wurden, sowie Menschen der Generationen X, Y und Z (siehe Abbildung 1) mit ihren unterschiedlichen Werthaltungen. Dazu kommt, dass Mitarbeitende aus unterschiedlichen Ländern und Kulturkreisen stammen. Jeder Mensch hat darüber hinaus eine andere Motivation, in einem Unternehmen zu arbeiten, und jedes Unternehmen, alle Vorgesetzten, alle Mitarbeitenden erleben tagtäglich Veränderungsprozesse. Das stellt anspruchsvolle zwischenmenschliche Herausforderungen. Um zu bestehen, wird es unabdingbar, regelmässig zu reflektieren und seine Denk- und Handlungsweise zu hinterfragen. Weiterbildungen müssen daher stets auch die Entwicklung der Persönlichkeit im Blick haben.

Sieger im Rennen um den Erfolg werden diejenigen Unternehmen sein, deren Mitarbeitende interdisziplinär, vernetzt und systemisch denken können. Zu den wichtigsten Eigenschaften erfolgreicher Menschen zählen Neugier und Innovationskraft sowie eine umfassende Handlungskompetenz. Das bedeutet, dass nicht nur das Wissen, sondern auch das Können und Wollen entscheidend sind. Nur wer weiss, was er will, wohin er will und sich Ziele setzt, landet dort, wo er sein will. Das Bewusstsein der eigenen Werte, Eigenschaften und Verhaltensweisen wird zur Bedingung. Regelmässige Reflektion und Zieloptimierung bilden die Basis für eine gesunde, persönliche Life-Balance. Neben Fach- und Methodenkompetenz brauchen künftige Kaderleute und Führungskräfte also Orientierungs- sowie (Selbst-)Führungskompetenz.

Bedürfnisse der Mitarbeitenden

Abbildung 1 zeigt, wie sich die Bedürfnisse der Mitarbeitenden von Generation zu Generation verändern. Das geschieht zunehmend rascher. Will man die direkt Beteiligten ernst nehmen, müssen die Veränderungen der Erwartungen Konsequenzen für Bildungskonzepte haben. Zum Beispiel gewinnen die Achtsamkeit und eine stressfreie persönliche Life-Balance mehr und mehr an Gewicht. Ein Blick auf die Werte und Einstellungen der Generationen Y und Z zeigt, dass der klassische Frontalunterricht der neuen Denkweise nicht mehr entspricht. Den nach 1981 Geborenen geht es um die «Wichtigkeit von Sinnfragen», «Streben nach Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung», «Motivation durch Aktivitäten und Ergebnisse, die den eigenen Werten entsprechen», «geringen Respekt vor Alter und Status als Zeichen für Expertise und Führungsanspruch» und «Forderung nach Flexibilität und Individualismus statt Normierung». Gefragt sind neue Zusammenarbeitsformen, zum Beispiel Netzwerke und informelle Gruppierungen.

Natürlich müssen nicht all diese Ideen und Bedürfnisse in allen Aus- und Weiterbildungen umgesetzt werden. Doch es gilt, die Menschen individuell zu fördern und die Gefässe für den Austausch und die Konfrontation der eigenen Weltanschauungen mit der realen Geschäftswelt zu schaffen.

Methodische Anforderungen

Um die beschriebenen Bedürfnisse abzudecken, sind neue Unterrichtsformen nötig. Frontalunterricht und Musterbeispiele bringen nicht den gewünschten Lernerfolg. Notwendig sind Konzepte, die die Eigenschaften der Studierenden, ihre individuelle und berufliche Ausgangslage sowie die unternehmerischen und persönlichen Lernziele einbeziehen. In Abbildung 2 sind die in Zukunft entscheidenden Kompetenzen aufgeführt und der Bewertung des Lernerfolgs mit verschiedenen Lernkonzepten gegenübergestellt.

Sehr treffend beschreibt Peter Addor – Dozent, Systemtheoretiker und Komplexitätsdenker – die Zusammenhänge zwischen den Anforderungen an eine zeitgemässe Bildung und den Mechanismen des Bildungsmarktes. Er kommt zum Schluss, dass die traditionellen Bildungsinstitute aus Kostengründen Gefahr laufen, am Markt vorbei auszubilden. Diplome dieser Institute werden künftig an Wert verlieren, weil sie nicht zu den gefragten Skills führen.

Natürlich ist es kostengünstiger, reines Fachwissen durch Frontalunterricht zu vermitteln. Doch das genügt nicht. Gefragte Skills werden generiert, indem Systemwissen vermittelt und partizipatorisches sowie konnektivistisches Lernen gefördert wird.

Konnektivismus ist eine relativ junge Theorie über das Lernen im digitalen Zeitalter. Der lernende Mensch ist kein isoliertes Individuum, sondern ist – lernend – mit anderen Menschen und zum Beispiel digitalen Quellen vernetzt.

Weiterbildung heute

Eine Weiterbildung, die Menschen fit für den künftigen Erfolg macht, muss daher die Individualität berücksichtigen, indem zum Beispiel Lehrgänge thematisch modular zusammengesetzt werden können. Und sie muss einen messbaren und nachhaltigen Nutzen bieten. Ideetransfer hat dazu ein Konzept für nachhaltige Personalentwicklung entwickelt (siehe dazu Abbildung 3).

Basis sind die strategischen Ziele des Unternehmens,  die Ziele der Abteilung und die persönlichen, auf das Unternehmen bezogenen Ziele des einzelnen Mitarbeitenden (Jahresziele) sowieThemen aus der persönlichen Life-Balance, Resultate aus der Personaldiagnostik und die präzisen Vorstellungen des Vorgesetzten. Daraus lassen sich Potenziale erkennen und als messbare Lernziele definieren. Sie werden in einem individuellen Ausbildungsvertrag festgehalten, den alle Beteiligten unterzeichnen.

In einer strukturierten, zielorientierten Vorgehensweise werden die Teilnehmer theoretischan neue Gebiete herangeführt. Themen werden basierend auf aktuellen Herausforderungen des Arbeitslebens selbstständig bearbeitet und anschliessend mit einem unternehmerisch erfahrenen Prozessbegleiter reflektiert und vertieft. Gearbeitet wird nicht mit Schulbeispielen, sondern ausschliesslich mit tatsächlichen Situationen am Arbeitsplatz.

Der persönliche Prozessbegleiter ist der Diskussionspartner für die gewählten Führungsthemen und ihre Umsetzung in die Praxis, der Unterstützer für Einstellungs- und Gewohnheitsänderungen, der Motivator für die Umsetzung der eigenen Herausforderungen, der Querdenker bei der Erreichung von unternehmerischen und persönlichen Zielen und der Garant für einen nachhaltigen Wissenstransfer und die Praxisumsetzung. Dieser Prozess dauert etwa acht bis zwölf Monate und liefert eine messbare Umsetzung von festgelegten Zielen.

Der Vorgesetzte erhält nach jeder Prozessbegleitung einen Kurzbericht über den Verlauf des Weiterbildungsprozesses sowie einen detaillierten Zwischenbericht beim Erreichen der Halbzeit des Programms. Am Ende werden die Resultate mit den Ausbildungszielen abgeglichen und die Ergebnisse in einem Schlussbericht festgehalten.

Nutzwertbetrachtungen

Unternehmen, die sich an den Aus- und Weiterbildungskosten ihrer Mitarbeitenden beteiligen, und natürlich jeder, der eine Ausbildung plant, sollten sich über die Beweggründe und den erwarteten Nutzen im Klaren sein. Welchen Nutzen die traditionellen Weiterbildungen im Vergleich zu den Zertifikatslehrgängen von Ideetransfer bieten, zeigt die nebenstehende Abbildung 4.

Schriftlich formulierte Ziele und eine nutzenorientierte Gegenüberstellung der vorhandenen Alternativen helfen beim Entscheid. Fragen Sie nach den wahren Gründen für die Ausbildung und beantworten Sie sie ehrlich: Suchen Sie eine allgemeine Horizonterweiterung oder streben Sie einen (akademischen) Titel an? Sollen Sie durch das Erlernte effizienter arbeiten, eine bessere Führungskraft werden oder den Arbeitsprozess vereinfachen? Steht das individuelle Entwicklungspotenzial im Vordergrund? Soll die Ausbildung einen möglichst grossen Nutzen für den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer bringen, oder ist sie eher als Belohnung und Wertschätzung gedacht? Der kleine Aufwand für diese vorgängige Klärung wird sich in jedem Fall auszahlen.

Porträt