Branchen & Märkte

Erwachsenenbildung

Personalentwicklung als Antwort auf den wirtschaftlichen Wandel

Gesellschaftliche Veränderungen sind immer mit Herausforderungen verbunden, die aber auch Chancen bieten. Viele Unternehmen sehen sich mit der demografischen Entwicklung und gleichzeitig einem eklatanten Fachkräftemangel konfrontiert. Dabei gewinnt eine arbeitsplatzbezogene Personalentwicklung an Bedeutung.
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Lebenslanges Lernen als humanistisch-demokratischer Ansatz ist für den Erhalt der Arbeitsmarktkompatibilität zu einer Notwendigkeit geworden. Aufgabe einer professionellen Personalentwicklung ist es, Führungskräfte und Mitarbeitende von Unternehmen und Verwaltungen nachhaltig beruflich fit zu halten. Angesichts des demographischen Wandels und der Pluralisierung der Arbeitswelt werden deshalb andragogische Kompetenzen in der Personalentwicklung immer wichtiger.

Strategische Personalplanung

Wer Personalentwicklung als ein Führungsinstrument versteht, der vertraut auch auf qualifizierte Erwachsenenbildende als innovative Prozessgestaltende. Rudolf Strahm, langjähriger Präsident des Schweizerischen Verbandes für Weiterbildung (SVEB), vermerkt in seinem Statement zum Lernfestival 2015: «Die markanteste Auswirkung der Globalisierung ist bei uns der wirtschaftliche Strukturwandel: Bisherige Berufe und Branchen verschwinden, neue Berufe und Branchen werden geschaffen. Deshalb ist die Weiterbildung die wirksamste Strategie, um den Strukturwandel ökonomisch zu bewältigen und sozial abzufedern.»

Die strategische Personalplanung wird nicht nur unter dem Aspekt des Demografie-Managements immer wichtiger. Auch die dynamischen Marktentwicklungen, der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit im globalisieren Umfeld und die Bindung kompetenter Fachkräfte verlangen ein vorausblickendes Personalmanagement. Kompetente Personalentwickler / innen sind dabei unabdingbar. Sie führen Or­ganisations- und Umfeldanalysen durch und ziehen daraus Schlussfolgerungen für den Weiterbildungsbedarf von Führungskräften und Mitarbeitenden.

Damit solche betriebliche Weiterbildungsmassnahmen zu den strategischen Unternehmenszielen und einer nachhaltigen Personalzufriedenheit beitragen, braucht es Bildungsprofis, die engagiert und kompetent be­raten, entwickeln und weiterbilden. Gemäss Heinz Notter, Fachspezialist in der Helsana Academy, stellt das Personalwesen deshalb einen Wachstumsbereich für dipl. Erwachsenenbildende HF dar. Bei Helsana zum Beispiel verantwortet die zentrale HR-Entwicklung die Organisations- und Personalentwicklung sowie die Fach- und Führungsausbildung. So fällt gemäss Notter der andragogischen Kompetenz eine grosse Rolle zu.

Ähnlich sieht es Sabine Speich, Head HR-Development der Flughafen Zürich AG. Gemäss ihren Erfahrungen sind erwachsenenbildnerische Kompetenzen für Personalentwickler / innen ein «Must». Damit verfügen sie über das notwendige Know-how, um Veranstaltungen zu entwickeln sowie Weiterbildungsziele effektiv und effizient zu erreichen. Der Einsatz von «Blended Learning» als integrierte Kombination von Präsenzunterricht und «E-Learning»-An­geboten erlaubt eine wichtige Ergänzung zu den herkömmlichen Präsenz­kursen. Durch ein vielfältiges Methoden­repertoire gewinnen so Weiterbildungsveranstaltungen auch bei Vorgesetzten und Mitarbeitenden an Glaubwürdigkeit.

Fachkräftepotenzial ausschöpfen

Seit Annahme der Zuwanderungsinitiative am 9. Februar 2014 steht die Sorge über den Mangel an Fachkräften auf der Tagesordnung. Die Umsetzung der von Bundesrat Johann Schneider-Ammann 2011 lancierten Fachkräfteinitiative (FKI) will mit Massnahmen in vier Handlungsfeldern Abhilfe schaffen. Um die negativen Folgen der Zuwanderungsinitiative für die Unternehmen abzufedern, sollen auf den Bedarf der Arbeitswelt zugeschnitten der Berufsabschluss und der Berufswechsel für Erwachsene gefördert und effizient gestaltet werden. Eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird mit sieben Einzelmassnahmen angestrebt.

Auf die demografische Entwicklung soll unter anderem mit einem Generationenmanagement und der Schaffung von besseren Bedingungen für ältere Arbeitnehmende reagiert werden. Und schliesslich soll durch Innovation die Produktivität erhöht werden. Im Rahmen der ins­gesamt 26 Massnahmen gibt es viele Wirkungsbereiche für qualifizierte Bildungsfachleute. Dafür ist der Bereich des Ausbaus und der Entwicklung erwachsenengerechter Angebote und der Überprüfung von Validierungsverfahren im Projekt «Berufsabschluss und Berufswechsel für Erwachsene» nur ein Beispiel.

Höhere Berufsbildung

In der Schweiz wird die Höhere Berufsbildung (Tertiär B) im dualen Bildungssystem in Zukunft eine weitere Aufwertung erhalten. Der Bedarf ist ausgewiesen, wie das Bundesamt für Statistik aufzeigt (EDI, Bundesamt für Statistik BfS 2014: Bildungsabschlüsse. Ausgabe 2014. Reihe Bildung und Wissenschaft Nr. 15, Neuchâtel 2014). Im Jahre 2013 haben in der Schweiz 7627 Personen in acht Bereichen einen HF-Abschluss erworben. Die Sozial- und Erwachsenenbildung wies mit 775 Personen gegenüber dem Vorjahr mit 685 Abschlüssen ein Wachstum von 13 Prozent aus.

Die Höhere Berufsbildung dient insbesondere der Ausbildung von Führungskräften und der Spezialisierung. «Personen mit einer Ausbildung auf Tertiärstufe sollen in der Lage sein, höhere Funktionen in der Arbeitswelt zu übernehmen, sei es im Bereich Produktion, Verwaltung, Management oder Ausbildung», erläutert das Bundesamt für Statistik in seiner Publikation «Bildungsabschlüsse» (2014).

Die Besonderheit der Höheren Berufsbildung liegt in ihrer Praxisorientierung. Berufspersonen mit Abschlüssen der Höheren Berufsbildung sind in der Wirtschaft und der Arbeitswelt gefragte Fach- und Führungskräfte, auf die der dynamische Arbeitsmarkt nicht mehr verzichten kann. Sie verfügen neben ihren beruflichen Qualifikationen und ihrem praktischen Bezug zur Arbeitswelt auch über generalistische Kompetenzen. Damit sind sie in verschiedenen Arbeitsfeldern und in verantwortungsvollen Kaderpositionen einsetzbar. So erstaunt es nicht, dass der am 14. Januar 2015 vom Bundesrat in die Vernehmlassung geschickte Entwurf für eine Teilrevision des Bundesgesetzes über die Berufsbildung direkte Bundesbeiträge für die Höhere Berufsbildung vorsieht.

Berufsbildung für Ausbildende

Mit der Verabschiedung des neuen Rahmenlehrplanes für Bildungsgänge der Höheren Fachschulen für die Erwachsenenbildung hat das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) zusammen mit dem Schweizerischen Verband für Weiterbildung (SVEB) auch den Bereich «Ausbildung für Ausbildner» in diese zukunftsweisenden Entwicklungen der Höheren Berufsbildung gestellt. Dieser Rahmenlehrplan dient Bildungsinstitutionen als Grundlage für die Konzipierung eines Ausbildungsangebots für Diplomierte Erwachsenenbildner / innen HF, das neu vom SBFI akkreditiert werden muss. Wie die Grafik zeigt (siehe Abbildung), ist das neue Diplom im Strang der Ausbildungen und der Diplome HF (Höhere Fachschule) innerhalb der Höheren Berufsbildung eingebettet.

Herausfordernde Arbeitsfelder

Viele Massnahmen im Rahmen der Fachkräfteinitiative liegen in den fünf Arbeitsfeldern, die der neue Lehrplan des SBFI für Diplomierte Erwachsenenbildner / innen HF definiert hat: in der beruflichen Aus- und Weiterbildung, in der betrieb­lichen Weiterbildung, in der Bildung zur gesellschaftlichen und beruflichen Teilhabe, in der Bildung zur Stärkung der persönlichen Entwicklung und in der Bildung zum gesellschaftlichen Engagement.

Diplomierte Erwachsenenbildner / innen HF sind Fachleute für das Lernen und Lehren. Ihre bildungsorientierten Kernkompetenzen sind abgestützt auf wissenschaftliche Konzepte und werden durch organisatorisch-wirtschaftliche Kompetenzen er­weitert. Diplomierte Erwachsenenbildner / innen bewegen sich situationsadäquat, qualitätsbewusst und zielgruppenorientiert auf drei Handlungsebenen:

  • Auf der Makroebene sichern und entwickeln sie Bildungsqualität unter rechtlichen, bildungspolitischen und berufsethischen Leitlinien und tragen zur Entwicklung eines wissenschaftsorientierten andragogischen Diskurses bei.
  • Auf der Mesoebene entwickeln sie bedarfsgerechte Bildungskonzepte und Curricula, leiten und evaluieren verschiedenste Projekte, Bildungs- und Beratungsangebote in Unternehmen, Institutionen und Verwaltungsstellen.
  • Auf der Mikroebene nehmen sie ganz verschiedene Aufgaben in der Ausbildungsgestaltung wahr. Beispielsweise gestalten und evaluieren sie zielgruppenorientierte Lehr-Lern-Situationen im eigenen Fachbereich, begleiten und beraten Lernende und Lehrpersonen.

Erwachsenenbildung lohnt sich

Dass sich die Investition in die Bildung von Erwachsenen für Gesellschaft, Wirtschaft und Individuen lohnt, zeigt eine aktuelle Studie (www.cedefop.europa.eu). Sie verdeutlicht, dass Lernen und Entwicklung am Arbeitsplatz aufgrund der komplexer gewordenen Anforderungen der wichtigste Treiber für Innovation darstellt. Heinz Notter von der Helsana Academy schätzt das Potenzial für neue, vom SBFI akkreditierte Bildungsgänge für das Diplom Erwachsenenbildner / in HF als gross ein. Wer sich das nötige Rüstzeug für eine erfolgreiche Karriere als Personalentwicklerin, Ausbildner oder Bildungsexpertin aneignen will, tut also gut daran, nach einer qualifizierten andragogischen Ausbildung auf Ebene der Höheren Fachschulen Ausschau zu halten.

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