Branchen & Märkte

Jobportale

Onlinebörse bringt Unternehmen und Mütter zusammen

Fachkräftemangel und brachliegendes Potenzial bei gut ausgebildeten Müttern waren für zwei Jungunternehmerinnen der Auslöser, um das Dilemma mit einer spezifischen Online-Jobbörse zu lösen. Seit diesem Frühjahr ist die neue Plattform online.
PDF Kaufen

Der Mangel an Fachkräften hindert viele Unternehmen daran, ihr Entwicklungspotenzial voll auszuschöpfen. Aktuell haben über 30 Prozent der Firmen Mühe, qualifiziertes Personal zu rekrutieren. Gleichzeitig jedoch sind qualifizierte Arbeitnehmende vorhanden.

Wie Statistiken belegen, sind 30 Prozent aller Mütter in der Schweiz mit Kindern zwischen null und sechs Jahren nicht mehr erwerbstätig, und dies nicht selten trotz einer hervorragenden Ausbildung. So haben zahlreiche der erfassten Mütter einen Abschluss auf Hochschulniveau – insgesamt sind die Abschlussquoten der Frauen seit 2008 auf der Ebene der Hochschulen sogar höher als diejenigen der Männer.

Die Ausgangslage

Kurz: Es besteht brachliegendes Potenzial. Eine Tatsache, die nicht nur wegen des Fachkräftemangels unsinnig ist, sondern auch volkswirtschaftlich gesehen, da die Bildungsinvestitionen nicht zurückfliessen. Als Grund für das Fernbleiben vom Arbeitsplatz geben die Mütter an, die Familie lasse sich nicht wie gewünscht mit einem attraktiven Beruf vereinbaren.

«Es ist alles andere als einfach, als Mutter eine gute, anspruchsvolle Arbeit zu finden», sagt auch Jill Altenburger Soblik. Die 32-Jährige hat einen Universitätsabschluss und war vor der Geburt ihrer Tochter erfolgreich in renommierten Unternehmen im Bereich Marketing tätig. Bei den Bewerbungsgesprächen nach der Babypause bekam sie zu hören, die Stelle sei nur zu 100 Prozent zu haben oder sie sei überqualifiziert. Einen Job anzunehmen, der nicht ihrem Know-how und Erfahrungsschatz entsprach, kam für sie nicht infrage. «Frauen erarbeiten sich eine Ausbildung, die sie nutzen wollen, auch wenn sie eine Familie haben», betont Altenburger.

Die Idee und Umsetzung

Die junge Mutter entschied sich, ihre eigene Arbeitgeberin zu werden und das beschriebene Dilemma zu lösen. Ihr Ziel: Ein Jobportal, welches gut ausgebildete Mütter mit Unternehmen zusammenbringt, die dem Fachkräftemangel mit Teilzeitjobs, Projekt- und HomeofficeArbeit begegnen wollen.

1. Von der Recherche zum Konzept

Bereits im Jahr 2012 führte die angehende Jungunternehmerin die ersten Gespräche mit Müttern, Unternehmen und HR-Spezialisten. Sie wollte Gewissheit darüber haben, weshalb viele der Mütter nicht mehr an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, welche Bedürfnisse vorhanden sind, was die Unternehmen als familienfreundliche Arbeitgeber auszeichnet und wie die Unternehmen gegen den Fachkräftemangel vorgehen wollen.

Konkrete Zahlen und Resultate verschiedener Studien und Statistiken – insbesondere vom Bundesamt für Statistik (BfS) – bestätigten das Vernommene auch auf der Zahlenebene. Analysen von international vorhandenen Jobbörsen für Mütter sowie von indirekten Wettbewerbern (klassischen Jobbörsen) ergänzten die Recherchen. Das Fundament für den ersten Entwurf des Konzepts und des Businessplans war gelegt.

2. Zusammenarbeit mit Partnern

Wie Gespräche im Bekanntenkreis zeigten, ist die Idee eines Jobportals für qua­lifizierte Mütter auch in Deutschland vorhanden: Simone Wendeln und Sabine Soblik beschäftigten sich damals auch mit der Konzeptarbeit für «www.jobsfürmama.de», das ebenfalls seit Anfang dieses Jahres online ist. Für die drei Frauen war sofort klar, dass sie Synergien nutzen können – sei es beim Weiterentwickeln des Businessplans, beim Networking oder zu einem späteren Zeitpunkt für die Umsetzung der Websites mit denselben Programmierern. Die beiden Unternehmen sollten aber finanziell von­einander unabhängig funktionieren. Für Jill Altenburger stand zudem fest, dass sie für ihre Pläne in der Schweiz eine Partnerin benötigte, die weitere Ideen ins Projekt bringen, die Risiken eines Start-up-Vorhabens teilen und ihr «zu mehr Biss zum Durchhalten» verhelfen würde.

Zum Zeitpunkt, als sie ihrer Geschäftsidee eine Rechtsform gab – sie gründete die Jobsfürmama GmbH im Frühling 2013 – traf sie auf Nanette Steiner, eine ehemalige Schulkollegin. Im Gegensatz zu Jill Altenburger war die zweifache Mutter gerade daran, den Selbsttest zu wagen und einer Arbeit nachzugehen, die weder ihrem Universitätsabschluss noch ihrer langjährigen Erfahrung als Marketingspezialistin entsprach. Vom Projekt «jobsfürmama.ch» überzeugt, stieg sie als Geschäftspartnerin ein und brachte aus ihrer Perspektive und auch dank ihrer analytischen Art und ihrem Flair für Zahlen wertvolle Ideen in das Projekt. Bei der Weiterentwicklung des Konzepts zeigte sich denn auch, dass das Schweizer und das deutsche Modell von «jobsfürmama.ch» sich nicht zu stark ähneln können, da die Bedürfnisse und Gesetze (zum Beispiel die Dauer des jeweiligen Mutterschaftsurlaubs) in den beiden Ländern zu unterschiedlich sind. Nach gründlichem Vergleich von Konkurrenzangeboten und Diskussionen mit Headhuntern nahm auch das Pricing des angedachten Angebots Formen an. Konzept und Businessplan für «jobsfürmama.ch» fanden einen überzeugenden Abschluss und erhielten von den Experten des Social Entrepreneurship Initiative & Foundation (seif) gute Noten.

3. Netzwerk vergrössern

Weitere unzählige Gespräche mit Unternehmen, Headhuntern und Müttern folgten. «Ziel war es, nicht nur auf das spezielle Jobportal aufmerksam zu machen, sondern auch erste Profile von Stellensuchenden und erste Jobausschreibungen von Unternehmen für den Launch der Website beisammenzuhaben», erklärt Nanette Steiner. Dass es schneller gehen würde, eine grosse Anzahl Registrierungen von Müttern zu gewinnen, lag auf der Hand. Die Geschäftsführerinnen nutzten daher Plattformen von Vereinigungen wie Alliance F, des grössten Schweizerischen Frauendachverbands, wo sie ihre Geschäftsidee einem weiteren Unternehmerkreis präsentieren konnten und zu weiteren Jobangeboten kamen.

4. Umsetzung des Konzepts in die Praxis

Nach einer umfangreichen Recherche-, Konzept- und Präsentationsphase war der Schritt zum konkreten Inhalt für die Website nicht mehr gross. Die beiden Unternehmerinnen wussten, welche Antworten und Themen die beiden Ziel­gruppen «qualifizierte Mütter» und «Unternehmen» interessierten und wie sie ihr Angebot zielgruppengerecht aufbereiten möchten. Die Herausforderung war jedoch, das Ganze nicht nur kurz und verständlich wiederzugeben, sondern auch in einer attraktiven Form auf einer be­dienungsfreundlichen Website. Ersteres meisterten sie selbst, für Zweites hatten sie Webspezialisten zur Seite. Dieselben, die auch das deutsche Jobportal «www.jobsfürmama.de» entwickeln sollten. Die Zusammenarbeit über die Grenze via Telefon und Internet erwies sich jedoch als schwierig, weshalb bald Schweizer Spezialisten den anstehenden Programmierjob übernahmen.

5. Mediale Begleitung

Der Livegang von «jobsfürmama.ch» war gleichzeitig der Start, um das Projekt mithilfe von Social Media und PR der gesamten Öffentlichkeit kundzutun. Jill Altenburger hatte dank ihrer Herkunft aus der Y-Generation eine klare Vorstellung davon, wie Social Media einzusetzen sind und wie mithilfe eines Newsletters die Registrierten auf dem Laufenden gehalten werden können. Doch welche Inhalte sind gefragt? Welche zusätzlichen Kommunikationsmittel machen in welchem Umfang zu welchem Zeitpunkt Sinn? Noch in der Konzeptphase richteten die beiden Geschäftsführerinnen ihre Fra­-gen an eine Kommunikationsspezialistin, welche die Medien- und PR-Arbeit übernahm. Es entstanden Kernbotschaften der Geschäftsidee, Medienmitteilung und Medienverteiler sowie ein Plan für langfristiges kommunikatives Vorgehen. Am Tag des Launches am 27. März 2014 waren Jill Altenburger und Nanette Steiner für die Medienanfragen gewappnet. Es folgten zahlreiche Berichterstattungen in Print und online sowie im Radio und mehr als 1000 Neuregistrierungen auf der Jobplattform.

Porträt