Branchen & Märkte

Fallbeispiel: Kundenorientierte Produktentwicklung

Modulare Business-Software im Abo-System

KMU wünschen sich eine Business-Software, die den Alltag administrativ entlastet, die Effizienz steigert, zudem verlässlich und kostengünstig ist. Die Angebote auf dem Markt werden dem oftmals nicht gerecht. Um das zu ändern, haben ein Softwareentwickler und ein Anwender gemeinsam ein Produkt entwickelt.
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Morgens kurz vor 8 Uhr. Hairstylist Michael Wälti betritt seinen Salon. Ein paar Mitarbeitende sind schon da und bereiten sich für die ersten Kunden vor. Ein Blick auf den modernen Touchscreen am Empfang macht klar, dass die Agenda heute wieder voll befrachtet ist. Doch für ein paar Scherze reicht die Zeit allemal. Nicht nur der Laden, auch die Stimmung im Team ist aufgeräumt. Man spürt sofort: Die Arbeit in diesem Salon macht Spass. Das war nicht immer so.

Michael Wälti denkt nur ungern an die Zeiten zurück, als er nie wusste, was ihn an unangenehmen Überraschungen in seinem Geschäft erwarten würde. Stehen alle Haarprodukte bereit, die er heute für seine Kunden brauchen würde? Sind die reservierten Zeiten pro Kunde richtig gebucht? Stimmen die hinterlegten Rezepte für die chemischen Behandlungen?

Insellösungen

Natürlich hatte Michael Wälti längst schon IT-Unterstützung für viele Bereiche: ein Produkt für die Kasse, eins für die Kundenverwaltung, eins fürs Lager, eins für Auswertungen und Berichte, ja auch ein Online Terminreservationssystem. Doch das waren alles Insellösungen, die schlecht bis gar nicht miteinander zusammenspielten. Und musste, was häufig nötig war, ein Systemupdate eingespielt werden, so ging die Zitterpartie erst richtig los. Klappt das Backup? Wie lange dauert der Update-Prozess, der das Tool währenddessen blockiert? Funktionieren danach die Schnittstellen zu den anderen Softwareprogrammen noch? Und wenn nicht: Kann die zuständige Hotline das Problem möglichst rasch lösen? Wie viel kostet letztendlich dieser unvorhergesehene und daher im Budget nicht einkalkulierte Support?

Gemeinsame Probleme

Am schlimmsten kam es im Sommer des Jahres 2009, als bei einem Versionswechsel des Kassensystems die ganze Software für mehrere Tage ausfiel. Michael Wälti musste alle Quittungen auf Notizzetteln ausstellen, seinen Kunden Einzahlungsscheine mitgeben und dann überprüfen, ob auch bezahlt wurde.

Genau in dieser schwierigen Phase besuchte die Kundin Sarah Burkhard das Coiffeurgeschäft und wunderte sich über die umständliche Bedienung an der Kasse. Zusammen mit ihrem Mann, Marc Burkhard, führte sie seit einigen Jahren die Firma ITsense mit 15 Mitarbeitenden. Der Salonbesitzer schilderte die Problematik und stiess bei der Unternehmerin auf offene Ohren. Sarah Burkhard war ihrerseits dabei, für ihre Firma eine professionelle Business-Software zu suchen. Sie hatte mehrere Produkte evaluiert, gekauft und ausprobiert. Keines deckte jedoch ihre Bedürfnisse ab.

Obwohl in zwei sehr unterschiedlichen Geschäftsbereichen tätig, realisierten Michael Wälti und Sarah Burkhard, dass sie sich mit den gleichen Problemen herumschlugen. Erkundigungen bei weiteren Geschäftspartnern zeigten, dass etliche mehr dieselben unbefriedigten Bedürfnisse hatten.

Software selbst entwicklt

Verwunderlich blieb, dass der Markt offenbar kein passendes Produkt hatte. Daher beschloss das Unternehmerpaar Burkhard, selber Abhilfe zu schaffen. Es fasste den Plan, in engem Austausch mit Michael Wälti und in fachkundiger Beratung durch ihn eine rundum professionelle, kundenfreundliche und ganzheitliche Business-Software für dienstleis­­tungsorientierte Unternehmen zu kreieren. Das war die Geburtsstunde des «groow»-Projekts.

Als Erstes musste der Anforderungskatalog an die zukünftige Lösung definiert werden. Sowohl technische wie auch anwendungsorientierte, teilweise fast philosophische Fragen wurden debattiert. Was bedeutet kundenfreundlich? Das schliesst doch eine einfache und intuitive Bedienung mit ein. Eine Oberfläche, die selbsterklärend ist und ohne Schulung bedient werden kann. Auch von Leuten, die keine IT-Affinität besitzen.

Eine Cloud-Lösung

Kundenfreundlich heisst auch zukunftsorientiert und nachhaltig. Nichts ist für einen Kleinunternehmer unangenehmer als ständig zu erleben, wie schnell die Software, die er teuer eingekauft hat, wieder veraltet ist. Daher war für das erfahrene IT-Ehepaar Burkhard von Anfang an klar, dass groow in die Cloud eingepflanzt werden muss. «Die Installation von groow erfolgt mit einem einzigen Klick via Internet. Danach muss sich der Kunde nie mehr um Systemupdates oder Backups kümmern», erörtert CEO Marc Burkhard. Michael Wälti, der die Software heute in seinem Salon nutzt, schätzt das gute Gefühl, jederzeit die neuste Version zu haben, ohne sich selber als Hobby-IT-Administrator betätigen zu müssen.

Abonnieren statt kaufen

Cloud Computing bietet noch weitere Vorteile. Da alle Daten in der Wolke gespeichert sind, befinden sie sich immer auf dem aktuellsten Stand und können jederzeit und ortsunabhängig abgerufen und bearbeitet werden.

Für viele KMU sind die Kosten ein zentraler Faktor, den es bei jeder Anschaffung zu berücksichtigen gilt. Hier hat sich die ITsense etwas Besonderes einfallen lassen: Als erste Business-Lösung überhaupt kann man groow nicht kaufen, sondern abonnieren. Bezahlt werden nur jene Services, die man tatsächlich braucht.

Auch hier gilt das Credo von Offenheit und Flexibilität. Während andere Produkte als Ganzes gekauft werden müssen und teilweise an kostenintensive Supportverträgen gekoppelt sind, bezahlt der Kunde hier lediglich eine monatliche Abo-Gebühr. Systemupdates und allfälliger Support sind inbegriffen. Eine fixe Laufzeit gibt es nicht. Das Abo kann jederzeit auf Monatsende gekündigt werden. Die Kostenbelastung pro Jahr ist transparent und bietet keine unliebsamen Überraschungen.

Lehrreiche Grenzerfahrung

Nach fast vier Jahren Entwicklungsarbeit wurde groow im vergangenen Herbst in einer ersten Version für Hairstylisten und Beauty Salons auf den Markt gebracht. «Wir sind stolz darauf, dass es uns mit unserem kleinen Team gelungen ist, eine Dienstleistung dieser Grössenordnung zu entwickeln. Doch wir sind uns auch bewusst, dass wir unsere Entourage damit stark gefordert haben. Es war ja nicht so, dass unsere Mitarbeitenden zu wenig zu tun gehabt hätten. Dann kam diese neue riesengrosse Aufgabe dazu, die vorerst bloss kosten und nichts einbringen würde», sagt Sarah Burkhard. Nach einer anfänglichen Skepsis liess sich das Team rasch von der Idee begeistern und stellte sich voll und ganz dahinter.

Paradoxerweise brachte gerade diese enorme Identifikation eine neue Herausforderung mit sich: Plötzlich wollten alle Mitarbeitenden am liebsten an groow entwickeln helfen. «Wir waren mit einer völlig neuen Problematik konfrontiert», erinnert sich Marc Burkhard. «Wir wollten unseren Mitarbeitern gegenüber fair sein und liessen zu Beginn alle mit Teilzeitpensen daran entwickeln. Das stellte sich als nicht ideal heraus. Weder für die Projektentwicklung noch für den Teamzusammenhalt. Es gab emotionelle Hochs und Tiefs, was letztendlich zu Mitarbeiterabgängen führte. Unter dem Strich hat uns der Fairnessgedanke viel Lehrgeld gekostet. Heute sind wir klüger und wissen, dass es sinnvoller ist, wenige Mitarbeiter zu definieren und diese zu 100 Prozent mit der Produktentwicklung zu beauftragen.»

Weiteres Wachstum

Mit den heute verfügbaren Modulen von groow lässt sich bereits ein Grossteil des Business-Alltags prozessmässig abwickeln. Ausserdem ist das Tool lernfähig. Es erkennt Termine, die in der Vergangenheit eingetragen wurden, und schlägt sie dem Nutzer wieder vor. Das erleichtert es, komplexe Kundenbedürfnisse in der Folge wieder richtig zu buchen. Sarah und Marc Burkhard wollen ihren Service weiter ausbauen, den «Module Store» komplettieren. Auch weitere Branchen sollen erschlossen werden: Inzwischen gibt es die Software bereits für Detaillisten – seien es nun Juweliere, Buch­läden oder Haushaltwarengeschäfte. Bald folgen Fitness Centers, Ärztepraxen, Restaurants, Schulen und andere.