Branchen & Märkte

Internationalisierung

Mit starkem Franken in neue Märkte

Nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die Nationalbank ist Exporteuren noch dringlicher zu empfehlen, was Switzerland Global Enterprise (S-GE) schon lange rät: Diversifizieren in neue Märkte und Marktnischen, in denen der starke Franken weniger schwer wiegt und Schweizer Wertarbeit immer mehr solvente Abnehmer findet.
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Selbst im nahen Europa gibt es Märkte und Marktnischen, in denen Schweizer Unternehmen trotz starkem Franken und schwachem Euro gute Absatzchancen finden.

Europa ist nicht nur Euro

Zum Beispiel Norwegen, Schweden und Dänemark, die über eine hohe Kaufkraft verfügen. Eine Analyse der Währungen im Auftrag der Credit Suisse ergibt, dass zumindest die norwegische Währung nach der schockartigen Abwertung gegenüber dem Franken im kommenden Jahr immerhin um sieben Prozent wieder aufwerten könnte (aus der Währungsprognose für die kommenden 12 Monate gegenüber dem Frankenkurs vom 27. Januar). Auch Schweden sieht einem Wirtschaftswachstum von fast drei Prozent entgegen (gemäss einer durchschnittlichen Wachstumsprognose für 2015 und 2016 der Credit Suisse).

Die Bedürfnisse und Ansprüche der Konsumenten in den skandinavischen Ländern sind vergleichbar mit denjenigen in der Schweiz. Auch im Vereinigten Königreich haben sich die Aussichten für die Schweizer Unternehmen nicht allzu sehr eingetrübt.

Dank einem starken Wirtschaftswachstum (+2,7 Prozent in 2015 – 2016 laut CS), das in den europäischen Industrieländern seinesgleichen sucht, vermehrten Investitionen in die Infrastruktur (Energieeffizienz, Verkehr) und nicht zuletzt einer zu erwartenden neuerlichen deutlichen Aufwertung des Pfundes gegenüber dem Schweizer Franken von gut 11 Prozent über die nächsten 12 Monate. In der Eurozone gibt nach wie vor Deutschland den Takt vor und ist daher trotz weniger aussichtsreicher Währungssituation nicht zu vernachlässigen, da es einen starken privaten Konsum ausweist, hohe Investitionen in die Energieeffizienz plant und vermutlich auch als Exporteur aufgrund wachsender Konkurrenzfähigkeit durch den schwachen Euro wieder mehr Mittel für zusätzliche lnvestitionen zum Beispiel zur weiteren Optimierung der Produktivität aufbringen wird – gut für die MEM-Industrie. In Osteuropa, Zugpferd Polen mit einem prognostizierten Wirtschaftswachstum von 3,4 Prozent, wächst ein neuer Mittelstand heran, der sich auch in seiner Anspruchskultur mehr und mehr an den Konsum- und Lebensgewohnheiten in den westlichen Industrieländern orientiert. Und das ist übrigens nicht nur in Osteuropa so. In vielen anderen aufstrebenden Märkten gewinnt der Mittelstand immer mehr an Bedeutung und Boden, was in praktisch allen wirtschaftlichen und sozialen Belangen neue Begehrlichkeiten weckt. Dazu zählt zum Beispiel die Türkei – ein näherer Markt, der mit guten Wachstumsaussichten (3,7 Prozent in 2015 – 2016) und Währungsprognosen glänzt (9,1 Prozent Aufwertung gegenüber dem Franken über das kommende Jahr). MEM-, Präzisions-, Medizin- und Cleantechbranche können hier von konsumfreudigen Aufsteigern und von grossen Investitionsprogrammen der Regierung profitieren. Zudem fungiert das Land als Tor in den Nahen Osten.

Asien mit hoher Kaufkraft

Insbesondere in Südostasien (Indonesien, Philippinen, Malaysia, Thailand, Vietnam) erwartet man – gekoppelt an ein weiterhin dynamisches Wirtschaftswachstum von jährlich rund 5 Prozent – eine stark wachsende, ausgabenfreudige Mittelschicht.

Allein in Indonesien dürfte sie sich bis 2030 von heute 45 auf 135 Millionen Konsumenten verdreifachen. Im Fokus der Nachfrage stehen dabei neben Produkten aus den Sektoren Medtech, ICT und MEM vor allem Konsumgüter des täglichen Bedarfs und verarbeitete Lebensmittel. Ebenso positiv sind in vielen Ländern die Aussichten auf Währungsaufwertungen gegenüber dem Franken in den kommenden 12 Monaten, die sich zwischen 8 und 11 Prozent bewegen. So sind auch die Voraussetzungen in China: Ein ungebrochenes Wirtschaftswachstum (auf längere Sicht in der Grös-senordnung von 7 Prozent pro Jahr) und eine Währungsaufwertung von rund 11 Prozent über das kommende Jahr sowie eine stark wachsende Mittelschicht, die besonders im Bereich Wellness /Beauty und zunehmend für Speis und Trank gerne auch etwas mehr bezahlt, wenn die Qualität stimmt. Grundsätzlich aber darf in allen Branchen mit steigenden Anforderungen an Qualität und Service gerechnet werden, insbesondere in den folgenden Sektoren: Präzisionsinstrumente, Medtech, Cleantech und erneuerbare Energien. Und das ist gut für die Schweizer Exportindustrie, die in China einen ausgezeichneten Ruf und dank Freihandelsabkommen entscheidende Handelsvorteile gegenüber der Konkurrenz geniesst.

In Indien und auch in Pakistan (CS-Prognose: 6,4 Prozent in 2015 – 2016) sind für Schweizer Unternehmen vor allem die Sektoren Gebäudetechnik, Bau- und Befestigungsmaterialien, MEM, Präzisionsinstrumente, Medtech, Cleantech, Schienenverkehr (Metro), verarbeitete Nahrungsmittel und Luxusgüter von Interesse.

Solventer Naher Osten

Der arabische Markt, namentlich in den Golfstaaten Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain, Katar, Oman und Kuwait, strebt danach, seine Gelder nicht mehr nur in Luxusgütern anzulegen, sondern setzt auch mit Blick auf die endlichen fossilen Quellen seiner Wohlfahrt vermehrt auf eine qualitative industrielle Diversifikation (zum Beispiel Tourismus, Finanzdienstleistungen, Logistik, verarbeitende Industrien). Weitere investive Schwerpunkte werden durch den mit sehr viel Elan vorangetriebenen Ausbau der Infrastruktur gesetzt (namentlich im Gesundheitswesen, in der Bildung und im Verkehr).

US-Wirtschaft feiert Comeback

Innovationskraft ist auch in den USA gefragt. 2015 dürften die USA endgültig wieder in ihre Rolle als wichtigster Wachstumstreiber der Weltwirtschaft finden. Die Credit Suisse prognostiziert ein Wirtschaftswachstum um 3,2 Prozent 2015 und 2016 sowie eine Aufwertung des US-Dollars gegenüber dem Franken von fast 11 Prozent bis Januar 2016. Genauso wie Kanada, mit dem die Schweiz über ein FHA verfügt, versprechen die USA einen wachsenden Markt, stabile Wechselkursverhältnisse und eine den hiesigen Gepflogenheiten nicht ganz fremde «business culture».

In Südamerika locken die wachstumsstarken Märkte der Pazifik-Allianz (Mexiko, Kolumbien, Peru, Chile). Der mexikanische Peso, so erwartet die Credit Suisse, wird sich über das kommende Jahr gegenüber dem Franken um fast 17 Prozent im Wert steigern, und dies bei einer soliden Wachstumsprognose von 3,4 Prozent für 2016. Im Fokus der Region stehen Investitionen in die Infrastruktur, deren sukzessive Optimierung die Basis für eine nachhaltige Wachstumsentwicklung garantieren soll.

Mehr Nachhaltigkeit streben auch die schnell wachsenden Märkte in Afrika an. Insbesondere die Länder südlich der Sahara haben in den letzten Jahren an wirtschaftlicher Bedeutung gewonnen. Auch für die Schweizer Exportindustrie, nicht zuletzt weil sie genau die Qualität mit sich bringt, für die «Swiss made» auch in den hintersten Winkeln auf unserem Globus bekannt ist. Und das ist eben eine Währung, die noch etwas mehr zählt als der starke Franken.