Branchen & Märkte

Weiterbildung

Lernbereitschaft und Schlüsselkompetenz gewünscht

In der Arbeitswelt steht und fällt der Erfolg mit der Qualität der Zusammenarbeit. Voraussetzung dafür ist das optimale Zusammenspiel von Partnern, die ihre Kenntnisse und Fähigkeiten einbringen. Erwachsenenbildung fördert die Souveränität durch eine ganzheitliche Entwicklung der Kompetenzen.
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Auf den Bühnen des wirtschaftlichen Lebens wird im Wesentlichen immer dasselbe Stück gespielt: Erwachsene tun sich zusammen, um gemeinsam ein Projekt zu verwirklichen. Sie bringen ihre Kompetenzen und Ressourcen ein, stimmen Ziele und Werte ab und handeln einen Vertrag aus, in dem der Austausch definiert und entschädigt wird.

Kompetenzen sichtbar machen

So einfach ist es im Alltag nicht. Der Klärungsbedarf ist an allen Schnittpunkten unabdingbar und aufwendig. Die Voraussetzung jedoch für jeden Vertrag ist, dass alle Partner die eingebrachten Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen realistisch einschätzen und aufeinander abstimmen. In der Realität ist dies jedoch häufig nicht der Fall: Die einen werden unter-, die anderen überschätzt. Beides führt gleichermassen zum Verschleiss von Ressourcen.

Die Unterschätzten trauen sich selber wenig zu. Bei ihnen gilt es, ihre Kompetenzen sichtbar zu machen und das Selbstvertrauen zu stärken. Auf den formalen, non-formalen und informellen Bildungswegen haben auch sie sich ein Portfolio erarbeitet, das für eine spezifische Aufgabe die ideale Voraussetzung schafft. Die Überschätzten strahlen Zuversicht aus. Jeder hat gelernt, Schwächen so zu überspielen, dass er selber sie nicht wahrnimmt. Den anderen kann leicht, ohne böse Absicht, etwas vorgespielt werden.

In der Regel bewegen wir uns zwischen den beiden Polen. Im täglichen Leben üben wir die meisten Tätigkeiten quasi automatisch aus: Im Haushalt, am Arbeitsplatz und in der Öffentlichkeit. Das meiste geht uns leicht von der Hand. Gelegentlich sind wir verunsichert oder stolpern über unsere Grenzen. Dann stellt sich die Frage: Wie kann ich auch hier Souveränität erlangen?

Fit for the Job

Wandel ist heute mehr als ein Schlagwort. Offenheit für Entwicklungen und Veränderung wird heute von allen Beteiligten erwartet. Die Auswirkungen der Digitalisierung und Globalisierung betreffen jede Tätigkeit. Anpassungsfähigkeit, oder besser Gestaltungsfähigkeit, sind zentrale Wettbewerbsfaktoren. Motivieren heisst deshalb auch, das Bewusstsein zu schaffen, dass niemand, unabhängig von seinem bisherigen Bildungs- und Berufsleben, sich zurücklehnen kann in der Haltung: Ich bin, wer ich bin, und ich kann, was ich kann.

Der Wettbewerb unter den Arbeitskräften verschärft sich und zugleich derjenige der Suche nach Talenten. International sind gut ausgebildete, erfahrene und motivierte Fachleute gefragt. Für die Arbeitgeber ist es verführerisch, Mitarbeiter zu engagieren, die praktisch vom ersten Tag an produktiv sind. Patrons, sie sich umfassend für die Aus- und Weiterbildung engagieren, gibt es immer weniger. Berufstätige können sich nicht darauf verlassen, dass ihre Vorgesetzten sie an der Hand nehmen und für die kontinuierliche Fortbildung sorgen. Mit den Umwälzungen der Branchen entstehen neue Anforderungsprofile. Wer eine Entwicklung verpasst, gerät leicht in eine unbefriedigende Position oder riskiert gar Arbeitslosigkeit. Damit bekommen Selbstständigkeit, Selbstvertrauen und Selbstverantwortung einen grossen Stellenwert.

Die sogenannte Arbeitsmarktfähigkeit ist jedoch ein Schlüsselfaktor für einen attraktiven Wirtschaftsstandort und eine Voraussetzung für ein erfülltes Berufsleben. Die Verantwortung dafür tragen nicht nur die Einzelnen, sondern Politik und Wirtschaft. Es gilt, eine Kultur der Innovation zu fördern mit Bildungsin­stitutionen auf allen Ebenen.

Mehr als Weiterbildung

Bildung ist der Schlüssel für die Türen im Leben. Es gibt keine Arbeitsstelle ohne Anforderungen an Kenntnissen und Kompetenzen. Vorausgesetzt werden in der Regel die Kenntnis der Branche und ihrer Produkte, das Beherrschen von Techniken und Fertigkeiten, das Bewusstsein über die eigene Rolle in Prozessen, die Bereitschaft der Zusammenarbeit sowie die Fähigkeit, Probleme zu lösen, mit Konflikten umzugehen und stets klar zu kommunizieren.

Die OECD publizierte im Herbst 2013 die erste internationale Studie über die Fähigkeiten und Fertigkeiten Erwachsener PIACC, eine Art PISA-Studie für Erwachsene. Sie geht davon aus, dass Erwerbstätige zusätzlich zur Beherrschung der berufsspezifischen Kompetenzen eine Reihe von Kompetenzen im Bereich der Informationsverarbeitung sowie verschiedene allgemeine Kompetenzen, unter anderem in den Bereichen interpersonelle Kommunikation, Selbstmanagement und Lernfähigkeit benötigen. Die Studie liefert Erkenntnisse über die Verfügbarkeit von Schlüsselkompetenzen und über die Art und Weise, wie diese am Arbeitsplatz und zu Hause eingesetzt werden. Sie misst den Leistungsstand im Bereich der Informationsverarbeitung: Lesekompetenz, alltagsmathematische Kompetenz und technologiebasierte Problemlösekompetenz.

Auf die Bedeutung der Erwachsenenbildung weist die Studie mit klaren Resultaten hin: Der Höhepunkt des Leistungsniveaus wird im Alter von zirka 30 Jahren erreicht. Danach sinkt es stetig. Der Leistungsrückgang hängt nicht nur mit dem biologischen Altern zusammen. Einen Einfluss haben die Möglichkeiten für die Ausbildung und Bewahrung der Kompetenzen. Dazu gehört auch die Weiterbildung in allen Formen. Die Schlüsselkompetenzen sind ausgeprägter, je häufiger Erwachsene sie am Arbeitsplatz anwenden. Aktivitäten ausserhalb des beruflichen Umfelds weisen einen noch stärkeren Zusammenhang mit dem jeweiligen Lei­stungsniveau aus. Die OECD-Studie kommt zum Schluss: «Auf Länderebene besteht ein klarer Zusammenhang zwischen dem Umfang der Teilnahme an organisierten Aktivitäten im Bereich der Erwachsenenbildung und dem durchschnittlichen Leistungsniveau in den Schlüsselkompetenzen im Bereich der Informationsverarbeitung.»

Die Studie weist im Weiteren einen Zusammenhang des Leistungsniveaus mit der Erwerbstätigkeit und dem Einkommen aus. Die Gesundheit sowie die Teilnahme am politischen und gesellschaftlichen Leben sind mit der Lesekompetenz, alltagsmathematischer Kompetenz und technologiebasierter Problemlösekompetenz verbunden.

Wichtige Qualifikationen

Die Schweiz hat an der PIACC-Studie nicht teilgenommen. Ihre Resultate lohnt es sich hingegen, auch hierzulande, zu analysieren. Mit Empfang eines Diplomes beim Berufs- oder Studienabschluss ist es nicht getan. Dass Weiterbildung un­abdingbar ist, steht auch nicht zur Dis­kussion. Die Debatte um das Weiterbildungsgesetz zeigt allerdings, dass in der Schweiz, im Unterschied zu anderen Ländern, Weiterbildung als Privatsache angesehen wird, die privatwirtschaftlich bereitgestellt wird. Angesichts der zunehmenden Bedeutung der Erwachsenenbildung muss der quartäre Bildungsbereich von der Politik genauso ernst genommen werden wie alle anderen. Sowohl Arbeitnehmer wie auch Arbeitgeber haben Anspruch auf übersichtliche und ganzheitliche Bildungspfade, die unabhängig von Alter, Abschlüssen und Karrieren ein lebenslanges Lernen ermöglichen.

Die Persönlichkeitsentwicklung ist ein zentrales Bildungsziel. Deshalb gewinnen die Lernbereitschaft und die Entwicklung von Schlüsselkompetenzen zunehmend an Bedeutung. Dabei wird die offene Auseinandersetzung mit dem eigenen und dem erwarteten Kompetenzprofil zu einer Schlüsselqualifikation für sich. Dies geht alle etwas an, unabhängig von den bisherigen Bildungswegen und Berufslaufbahnen. Auch arrivierte Akademiker tun sich gelegentlich schwer im Umgang mit Sprache oder Zahlen. Bei einigen besteht zudem zuweilen Bedarf für eine vertiefte Auseinandersetzung mit ihrer professionellen Haltung und den entsprechenden Verhaltensweisen. Wenn jemand immer wieder in Konflikte verwickelt wird oder in laufenden Projekten zu stolpern anfängt, lohnt es sich, die Sozial-, Kommunikations- und Problemlösungskompetenzen zu überprüfen und allenfalls zu entwickeln.

Je mehr die Unübersichtlichkeit an Studienformen und Abschlüssen steigt, umso mehr rückt im Arbeitsmarkt die Frage ins Zentrum: Was kann diese Frau oder dieser Mann wirklich? Der Trend, dass man ohne adäquate Qualifikationen im Arbeitsleben Schwierigkeiten bekommt und sich nicht am öffentlichen Leben beteiligen kann, wird sich verstärken. Der Kanton Zürich nimmt die Aufgabe der Erwachsenenbildung ernst. Die EB Zürich hat den Auftrag, nicht nur Anbieterin, sondern auch Entwicklerin, Motivatorin und Integratorin zu sein. Als Kompetenzzentrum für Erwachsenenbildung entwickelt sie Dienstleistungen für die Entwicklung von Schlüsselkompetenzen auf allen Bildungsstufen. Die Wirtschaft lebt von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sie ermutigt und unterstützt auf ihrem Weg, den neuen Anforderungen gerecht zu werden sowie ihre Souveränität zu erlangen und zu erhalten.

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