Branchen & Märkte

Mergers & Acquisitions

Internationalisierung: Mit dem Mindset des Eigentümer-CEO

Allgemein läuft es im Schweizer Markt für Unternehmensfusionen und -übernahmen eher schleppend. Die Ausnahme sind Schweizer KMU, die global als Käufer auftreten. Tiefe Kapitalkosten und hohe Cash-Bestände bieten historische Chancen. Was müssen Unter- nehmen dabei beachten?
PDF Kaufen

Der Schweizer KMU-Sektor gilt als das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft. Die Schweizer KMU-Wirtschaft ist nicht nur äusserst diversifiziert, sondern ist geprägt von Unternehmen, die auf globalen Märkten tätig sind, manche helvetische «Small Multinationals» bewegen sich mit hoch spezialisierten Produkten als Technolo­gieführer oder mit Markenprodukten als Weltmarktführer in bestimmten Nischen. Je internationaler die Geschäftstätigkeit eines KMU ausgerichtet ist, desto besser ist das Unternehmen mit den Chancen und Risiken von «Cross Border»-Operationen vertraut. Die strategische Akquisition ausländischer Unternehmen gehört in dem Fall zum Pflichtenheft des Managements, auch wenn viele Transaktionen oft bewusst nicht aktiv bekannt gemacht werden. Die einschlägigen Transaktionsdatenbanken von Fusionen und Übernahmen umfassen solche KMU-Käufe nur lückenhaft, da im Unterschied zu Publikumsgesellschaften in der Regel keine Publizitätspflicht (sowie -bedürfnis) besteht.

Mega-Deal des Jahres 2016

Ein aussagekräftiges Bild zu den Trends im Gesamtmarkt (alle Unternehmensgrössen) vermittelt die M&A Database der Universität St. Gallen (Berücksichtigt sind M&A-Deals mit einem Transaktionswert über 7 Millionen US-Dollar oder, bei nicht bekanntem Transaktionswert, einem Umsatz von mindestens 14 Millionen US-Dollar des Ziel-Unternehmens). Gemäss neuesten Erhebungen sind die Transaktionsvolumina im Jahr 2015 um 55 Prozent im Vergleich zum Rekordjahr 2014 gesunken (vgl. Grafik 1). So hatten Transaktionen mit Schweizer Beteiligung (Käufer oder Verkäufer mit Sitz in der Schweiz) einen Gesamtwert von 84,9 Milliarden US-Dollar (2014: 188,1 Mrd. USD, davon 39,9 Mrd. die Lafarge/Holcim-Fusion). Die Anzahl der Transaktionen ging mit 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr ebenfalls etwas zurück.

Auch der Start ins erste Quartal 2016 war verhalten, wie der Quartalsbericht von KPMG auf Basis der HSG-Daten zeigt. Gegenüber dem Vorjahresquartal halbierte sich die Anzahl angekündigter Übernahmen/Fusionen. Das Transaktionsvolumen nahm allerdings markant zu, weil die angekündigte Übernahme von Syngenta durch den chinesischen Staatskonzern ChemChina mit rund 45 Milliarden US-Dollar einfliesst. Sollte diese realisiert werden, so wäre es gemäss der Wirtschaftskanzlei Homburger das «bisher grösste öffentliche Kaufangebot für eine Schweizer Firma». Geografisch war im letzten Jahr Westeuropa mit einem Wert-Anteil von 40 Prozent das beliebteste Einkaufsziel für Schweizer Firmen, gefolgt von Schweiz-Schweiz-Deals mit 33 Prozent und USA / Canada mit 13 Prozent.

KMU als Markttreiber

So weit zum Gesamtbild. Unsere tägliche Erfahrung zeigt, dass es abgesehen von den Schweizer Global Champions, die sich mit Präzision, Sicherheit und Diskretion auf dem globalen M&A-Markt bewegen, ein sehr grosses Segment von KMU gibt, das zwar sämtliche Voraussetzungen erfüllen würde, erfolgreich als Käufer von Auslandsunternehmen aufzutreten, aber bis anhin eher zurückhaltend agierte. Die Gründe für die Zurückhaltung sind in erster Linie historischer Natur: Man traut als konservativ geführtes KMU-Unternehmen dem, was man kennt, und setzt auf das bis anhin ausreichende organische Wachstum im angestammten Geschäftsfeld.

Nun ist jedoch die Markt- und Technologieführerschaft nicht gottgegeben, sondern muss mit strategischem Weitblick oft auch durch strategische Zukäufe geschickt verteidigt und weiterentwickelt werden. Erschwerend kommen wirtschaftliche und vermehrt auch rahmenpolitische Unsicherheiten im aktuellen Umfeld hinzu. Viele Unternehmen, zumal KMU, fahren deshalb lieber auf Sicht. Ein Grund dafür ist die Wechselkurssituation, die seit dem Entscheid der Nationalbank vom Januar 2015, die Kursuntergrenze aufzuheben, als unberechenbar wahrgenommen wird. Darüber hinaus haben auch die Verwerfungen in Schwellenländern wie China und Brasilien, die noch vor zwei Jahren als Top-Investitionen galten, den Risikoappetit zusätzlich abgekühlt.

Dies äussert sich auch in der Zurückhaltung bei Übernahmen sowie Fusionen durch kleinere und mittlere Unternehmen. Aus veröffentlichten Transaktionsankündigungen und -datenbanken konnten wir im Jahr 2015 total 201 Transaktionen unter Beteiligung eines Schweizer KMU identifizieren (Berücksichtigt Deals, an denen ein CH-Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern beteiligt war und bei denen der Transaktionswert über 8 Mio. USD lag, respektive das Target einen Umsatz von >10 Mio. USD erwirtschaftet. Nicht berücksichtigt sind Käufe durch Private-Equity-Gesellschaften.). Im Jahresvergleich entspricht dies einem Rückgang von 20 Prozent (Unternehmen aller Grössenordnungen: 17 Prozent, vgl. Abb. 2). Es sticht allerdings ins Auge, dass die Transaktionen, bei denen ein Schweizer KMU als Käufer in Erscheinung tritt, fast auf Vorjahresniveau geblieben sind und damit das stabilste Marktsegment bilden. Für die Zukunft rechnen wir hier mit einem robusten Wachstum. Dafür spricht, dass sich der Frankenkurs auf sehr hohem Niveau (zumindest relativ zu relevanten Fremdwährungen) stabilisiert hat. Schweizer Unternehmen mit ausländischen Absatzmärkten können die Ertragslage wieder besser einschätzen und stabilere Entscheidungen zur Diversifizierung treffen.

Der Zeitpunkt ist günstig

Zudem bleiben ausländische Ziel-Unternehmen (Targets) dank des starken Schweizer Frankens im Vergleich preiswert; respektive der Einstiegszeitpunkt in Fremdwährungsmärkte scheint historisch günstig zu sein. Ein weiterer Faktor, der die Abwägung von Transaktionen positiv beeinflusst, sind die historisch niedrigen Kapitalkosten, die in der Schweiz nochmals tiefer sind als in anderen Wirtschaftsräumen. Schweizer KMU, die traditionell auf relativ hohen Cash-Beständen sitzen, können diese für Investitionen in anorganisches Wachstum im Ausland nutzen. Von einer verabschiedeten Strategie zur Generierung von anorganischem Wachstum zur konkreten Umsetzung einer entsprechenden Transaktion ist es erfahrungsgemäss ein weiter Weg:

  1. Nicht selten verbringen wir viel Zeit mit unseren Mandanten, um passende Übernahmekandidaten anhand eines entwickelten Kriterienkataloges zu identifizieren. Typischerweise ergeben sich vielversprechende Targets aus dem Geschäftsmodell der Firma selbst. Es geht zum Beispiel um die Erweiterung oder Verlagerung der Produktion durch die Übernahme eines Mitbewerbers im Ausland. Andere Übernahmen ergeben sich eher aus dem strategischen Ziel, ausländische Absatzmärkte (besser) zu erschliessen.Ein externer und unabhängiger M&A-Berater kann als erfahrener «Sparringspartner» Alternativen identifizieren sowie die Identifikation von Targets und den strategischen Dialog moderieren.
  2. In einem zweiten Schritt muss sichergestellt werden, dass das Target möglichst geschickt für den strategischen Dialog (sprich M&A-Transaktion) angesprochen wird, und nicht zuletzt, dass Struktur- und Preisvorstellungen in Einklang gebracht werden. Häufig ist es mit Blick auf einen möglichen «Korb» und die Preisverhandlungen sinnvoll, nicht von Anfang an selber als «Prinzipal» aufzutreten, sondern einen erfahrenen «Agenten» mit strategischem Fingerspitzengefühl sowie der richtigen strategischen Message damit zu beauftragen.
  3. In einem weiteren Schritt muss sich das Target einer kommerziellen, finanziellen und rechtlichen Prüfung («Due Diligence») unterziehen. Da KMU in der Regel die notwendigen Erfahrungen und Ressourcen dafür nicht «in- house» auf Abruf zur Verfügung haben, beauftragen sie Spezialisten mit der Prüfung.
  4. Sind sich der Käufer und das Target grundsätzlich verhandlungseinig und sind die identifizierten Chancen und Risiken als Resultat der Due Diligence verstanden, geht es in einem letzten Schritt um die optimale Transaktionsstrukturierung, die Finanzierung und die zielgerechte Abwicklung der Transaktion. Auch hier geht es in der Regel nicht ohne externen Beistand.

Bei M&A-Transaktionen unter KMU-Beteiligung geht es in allen vier Schritten kaum ohne erfahrene externe Unterstützung. Dabei ist es wichtig, dass die Partner sich unkompliziert auf ihren Auftraggeber einstellen. Eine zentrale Stärke von kleineren Unternehmen wäre die Schnelligkeit in der Entscheidungsfindung und Umsetzung. Bei diesem Tempo sollte der M&A-Berater mithalten können. Im Idealfall kann eine Auslandübernahme damit in wenigen Monaten umgesetzt werden. In umgekehrter Richtung, beim Verkauf eines CH-Unternehmens an eine in- oder ausländische Firma, gelten ähnliche Argumente.

Wenn der Eigentümer die Firma verkaufen möchte, etwa zum Zweck einer tragfähigen Nachfolgeregelung, sind mögliche Interessenten zu identifizieren. Die Zusammenarbeit mit einem M&A-Berater erhöht hier die Wahrscheinlichkeit eines Verkaufs zu den gewünschten Bedingungen. Unsere Praxis zeigt, dass Schweizer KMU in der Regel Käufer mit strategischen Interessen finden und dass das herrschende Währungsgefüge (solange es als stabil erachtet wird) keine entscheidende Rolle spielt. Es werden nach wie vor stattliche Prämien für Schweizer Firmen oder Firmenteile bezahlt.

Small is beautiful

Bis vor zehn Jahren war das M&A noch eine weitgehend exklusive Domäne der grossen Wirtschaftsprüfungen und (Investment-)Banken. In der Zwischenzeit hat sich aber eine sehr aktive Szene von unabhängigen Beratungsfirmen entwickelt, sogenannten Boutiquen. Ein wesentlicher Vorteil ist, dass sich einfacher persönliche Beziehungen aufbauen lassen und dass der Berater damit als fokussierter und engagierter wahrgenommen wird.

Porträt