Branchen & Märkte

Weiterbildung II

Einkaufstalente entdecken und fördern

Der technologische und wirtschaftliche Wandel verlangt von Fachkräften neben aktuellem Fachwissen professionell aufgesetzte Prozesse und gefestigte Sozialkompetenzen. Unternehmen können diesen Herausforderungen begegnen, indem sie ihre Mitarbeitenden durch Weiterbildung fördern, insbesondere in einer wertschaffenden Funktion wie dem Einkauf.
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Gemäss KMU-Barometer (Ernst & Young, 2010) entgehen den Schweizer KMU 4,2 Mrd. Franken Umsatz jährlich, weil sie nicht genügend Fachkräfte rekrutieren können. Drei von vier KMU haben Schwierigkeiten, neue und ausreichend quali­fizierte Mitarbeitende zu finden. Jedes zweite KMU fürchtet Umsatzeinbussen aufgrund des Fachkräftenmangels.

Aus den HRM- und Marketingküchen grosser Unternehmen mit professio­nellen Personalentwicklungsstrukturen kommen aufwendige Massnahmen, um Mitarbeitende zu binden oder sich als begehrter Arbeitgeber zu positionieren. Sie nennen sich «Loyalty-Programme» für High Potentials oder «Employer Brands», die Arbeitgeber-Markenbildung. Für KMU sind solche Massnahmen überdimensioniert, aber in vereinfachter Weise bestimmt sehr nützlich.

Ausserdem haben KMU im Vergleich zu Grossunternehmen Werte zu bieten, die besonders in wirtschaftlich schlechteren Zeiten an Bedeutung gewinnen. Zum Beispiel weisen KMU eine agile Organisations- und Führungsstruktur auf. Die Entwicklungschancen für Arbeitnehmer liegen in herausfordernden Tätigkeiten, die sie innerhalb eines grossen Handlungsspielraums bewältigen. Liegt auch die kontinuierliche Weiterbildung im Fokus des Führungsteams, hat die Firma gute Chancen, Mitarbeitende an sich zu binden respektive Personal mit Potenzial zu rekrutieren und es entsprechend den Bedürfnissen ihrer Organisation auszubilden.

Verändertes Anforderungsprofil

Aufgrund des wirtschaftlichen und technologischen Wandels sowie der voranschreitenden Globalisierung bewegen sich immer mehr KMU auf internationalem Parkett, sie knüpfen zum Beispiel Geschäftsbeziehungen ins Ausland zur Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen. Einkaufsverantwortliche sind dabei besonders gefordert, denn in ihrer Funktion verfügen sie über eine enorme wirtschaftliche Kraft, mittels der sie einen hohen Prozentanteil des Unternehmensgewinns erzielen. Es geht meist nicht nur darum, optimale Konditionen auszuhandeln, sondern Organisation, Prozesse und Systeme zu überprüfen, um ungenutzte Chancen für zusätzliche Einsparungen zu eruieren. Solche Herausforderungen meistern Mitarbeitende nur mit entsprechendem Know-how.

Der Berufsstand «Einkauf» konnte in den letzten Jahren sein Image aufpolieren. Einkäufer entwickelten sich weg von reinen Bestellabwicklern, hin zu Beschaffungsverantwortlichen, die neben operativen auch auf strategische Tätigkeiten fokussieren. Neben einkaufsbezogenen Kompetenzen sollten die Mitarbeitenden zunehmend über persönliche Fähigkeiten wie analytisches Denken und Eigenverantwortung verfügen. Und im intensiven Kontakt mit anderen Abteilungen des Unternehmens oder den Lieferanten behaupten sich vor allem durchsetzungsstarke Personen mit guten kommunikativen Fähigkeiten. Um mit dieser Entwicklung Schritt zu halten, muss der Einkauf auch als eigenständige, strategisch relevante Funktion im Unternehmen anerkannt sein.

Für Unternehmen jeder Grösse gilt, das Potenzial der Mitarbeitenden zu prüfen und dieses systematisch weiterzuentwickeln. Langfristig gesehen ist die Weiterbildung der Einkäuferinnen und Einkäufer eine Investition in die Wettbewerbsfähigkeit, ihr sollte ein besonderer Stellenwert in der Unternehmenskultur zukommen.

Eine Einkaufskarriere verläuft nicht immer so zielstrebig, wie das aus anderen Unternehmensbereichen bekannt ist, aber der schweizerisch klassische Weg über die eidgenössischen Prüfungen ist möglich. Oft finden Quereinsteiger im Einkauf die für sie ideale Funktion, für die nicht der Titel vorrangiges Ziel ist, sondern mehr die Befriedigung in einer erfüllenden Tätigkeit. Ausschlaggebend, ob man sich für oder gegen eine klassische Weiterbildung entscheidet, ist auch das Aufgabengebiet, das im Einkauf je nach Branche und Firmengrösse stark differiert. So sind für praxiserprobte Mitarbeitende modulartig zusammengestellte Seminare und Tagungen die richtige Wahl, an denen sie punktuell ihr Wissen und ihre Kenntnisse je nach Bedürfnis im Berufsalltag vertiefen. Tendenziell jüngere Semester schätzen die klassische Laufbahn mit mehrmonatigen Lehrgängen und eidgenössischer Prüfung, mit denen sie einen anerkannten Titel und einen Fachabschluss vorweisen können.

Ob klassisch oder individuell, das Bildungsangebot des nationalen Fachverbands procure.ch bietet für alle im Einkauf tätigen Personen entsprechende Lernformate. Es vermittelt Fachwissen mit hohem Praxisbezug und die nötige Sozialkompetenz. Die Lehrgänge und Seminare sind spezifisch auf Mitarbeitende der Beschaffung verschiedenster Branchen und Betriebsgrössen ausgerichtet und vermitteln Inhalte auf unterschiedlichen Niveaus, je nach Funktionsstufe und Vorbildung.

Einkaufsneulinge erlernen in den «Grundkursen» oder dem Zertifikatslehrgang «Sachbearbeiter /Sachbearbeiterin Einkauf» elementare Basiskenntnisse. Mitarbeitende mit Erfahrung im operativen Einkauf führt der Lehrgang «Einkaufs­fachmann /-fachfrau mit eidg. Fachausweis» zur Berufsprüfung. Nach mehreren Jahren Kader-Erfahrung ist der Lehrgang zum «Einkaufsleiter /Einkaufsleiterin mit eidg. Diplom» der geeignete Bildungsweg auf die strategische Führungsebene. Für jene, die sich punktuell und mit möglichst wenig Zeit- und Kostenaufwand weiterbilden wollen, eignen sich die ein- oder zweitägigen Fach- und Führungsseminare, um zielorientiert Methoden zur Kostenoptimierung, Preisanalyse oder Disposition zu erlernen sowie Verhandlungstechniken zu trainieren. «

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