Branchen & Märkte

Fallbeispiel: Digital Banking

Digitalstrategie verlangt neue Strukturen und Prozesse

Die Digitalisierung verändert das Retailgeschäft der Banken zunehmend. Immer mehr Personen erledigen ihre Bankgeschäfte im Internet. Gleichzeitig suchen Finanzinstitute nach effizienteren Geschäftsmodellen. Dass der Erfolg keine Frage der Grösse ist, zeigt das Beispiel der Glarner Kantonalbank.
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Die Digitalisierung schreitet voran und verändert die Finanzwelt. Bankkunden möchten ihre Finanzgeschäfte unabhängig von Filialstandorten und Öffnungs­zeiten bequem von zu Hause aus erle­digen. Die Banken suchen nach neuen Geschäftsmodellen. Zunehmende Regulationsvorschriften und ein steigender Margendruck verlangen nach effizienten Ergänzungen zum klassischen Retailgeschäft. Die Digitalisierung von ausgewählten Bankgeschäften ist eine Lösung. Die meisten Finanzinstitute bieten heute Online-Banking an.

Die Glarner Kantonalbank war die erste Bank der Schweiz, die den digitalen Weg mit zusätzlichen Neuheiten im Online­bereich konsequent gegangen ist. Im Jahr 2012 lancierte sie mit «hypomat.ch» die erste Online-Hypothek der Schweiz. Seither hat sie ihr Online-Angebot intensiv ausgebaut und sie gilt in der Schweiz als Innovationstreiberin für Online-Finanzprodukte. Gerade für die Kantonalbanken mit ihrem geografisch begrenzten Markt bietet der Onlinekanal Zugang zu neuen Kunden in der ganzen Schweiz. Nebst der Ausweitung des Kundenpotenzials kann damit speziell auch im Kreditgeschäft eine Diversifikation der Risiken realisiert werden.

Neue Organisationsstruktur

Im Wissen darum, dass es für eine erfolgreiche Digitalstrategie auch passende Strukturen und Prozesse braucht, hat die Glarner Kantonalbank parallel zur Lancierung ihres ersten Onlineprodukts die internen Abläufe neu gestaltet und die Gesamtorganisation neu ausgerichtet.

Mit dem neuen Geschäftsbereich Onlinevertrieb und Abwicklung unterstrich die Bank ihre strategische Initiative im Digital Banking. Gleichzeitig führte die Kantonalbank die vielen Synergien aus dem Firmenkunden- und dem Privatkundengeschäft sowie dem Private Banking im Geschäftsbereich Direktvertrieb zusammen. Hier liegt der Fokus auf der per­sönlichen Beratung und dem direkten Kontakt zu den Kunden. Die neue Organisation der Glarner Kantonalbank besteht aus den vier Geschäftsbereichen Unternehmenssteuerung, Direktvertrieb, Onlinevertrieb und Abwicklung sowie Finanz und Logistik.

Damit orientiert sich die Glarner Kantonalbank konsequent an den unterschiedlichen Bedürfnissen ihrer Kundschaft. Beispielsweise bietet die Bank den Kunden verschiedene Kanäle an, auf denen diese mit ihr kommunizieren und Geschäfte abwickeln können. Somit kann jeder Kunde seinen bevorzugten Kanal individuell themen- und geschäftsbezogen wählen.

Innovationskraft hoch halten

Die neue Organisationsstruktur schuf optimale Rahmenbedingungen, um das digitale Geschäft weiter auszubauen. Der Fokus im Bereich Onlinevertrieb und  Abwicklung liegt in einer möglichst hohen Automatisierung von Abläufen und Prozessen. So können sämtliche Kundenanfragen und Aufträge mit minimalen Ressourcen bearbeitet und abgewickelt werden.

Heute bietet die Glarner Kantonalbank nebst dem klassischen E-Banking und dem Mobile-Banking vier innovative Onlineprodukte an, die sie innerhalb von vier Jahren am Markt lancierte: Nebst der ersten echten Online-Hypothek («hypomat.ch») bietet sie einen Vertriebskanal für Todesfall-Risikoversicherungen («risikomat.ch»), ein Online-Sparkonto mit individueller Zinsgestaltungsmöglichkeit («kontomat.ch») und eine Online-Vermögensverwaltung («investomat.ch») an. Alle vier Onlineprodukte waren die ersten ihrer Art im Schweizer Markt. Sie zeichnen sich durch eine übersichtliche Benutzeroberfläche, eine intuitive Bedienung und «attraktive» Konditionen aus. Die standardisierten Prozesse erlauben eine kostengünstige Verarbeitung – dieser Vorteil wird direkt an die Kunden weitergegeben.

Für die Glarner Kantonalbank besteht die Herausforderung darin, die Innovationskraft weiter aufrechtzuhalten – sei es mit der Entwicklung eigener Lösungen oder in Form von geeigneten Kooperationen. Dafür hat sie intern einen Innovationsprozess institutionalisiert. Dadurch werden Produktentwicklungen systematisch vorangetrieben. Interessant dürften vor allem jene Bereiche sein, die heute sehr personalintensiv sind. Gelingt es, diese zu automatisieren und online anzubieten, so kann die Bank neue digitale Geschäfts­felder erschliessen.

Wachstum durch Kooperationen

Im Zug der Digitalisierung drängen zunehmend branchenfremde Akteure in den Schweizer Finanzmarkt. Zwei Beispiele dafür sind die Fintech-Unternehmen (Financial Technology) Google Wallet und Apple Pay.

Dabei handelt es sich um eindimensionale Produktspezialisten, die an der Abwicklung des gesamten Zahlungsverkehrs im Handel interessiert sind. Solche Unternehmen bieten ein attraktives Vertriebsnetz für Bankprodukte – allerdings fehlen ihnen die notwendige Schweizer Banklizenz sowie ein reguliertes Institut zur professionellen Abwicklung. Deshalb suchen sie nach geeigneten Partnern in der Finanzbranche. Bei der Glarner Kantonalbank sind solche Kooperationen ebenfalls gefragt, wenn es darum geht, das Onlinegeschäft weiter auszubauen und dem Kundenbedürfnis nach mehr Flexibilität und Komfort im Umgang mit Finanzprodukten Rechnung zu tragen.

Ende Juni 2015 ging die Glarner Kantonalbank eine strategische Zusammenarbeit mit dem Fintech-Unternehmen Bob Finance AG ein – einem Unternehmen der Valora-Gruppe. Damit profitiert die Bank von einem hervorragenden Vertriebsnetz und Bob Finance von einem starken Finanzierungspartner für eines seiner Online-Finanzprodukte. Die Zusammenarbeit birgt sehr viel Potenzial und ermöglicht es der Glarner Kantonalbank, ihren Wachstumspfad konsequent weiterzuverfolgen, die klare Marktführerschaft im Heimmarkt weiter auszubauen und im Onlinevertrieb attraktive Nischen zu erschliessen.

Solche Kooperationen funktionieren entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Ein weiteres Beispiel hierfür ist die Partnerschaft zwischen der Glarner Kantonalbank und der Elipse Life AG für die Online-Todesfall-Risikoversicherungs-Plattform «risikomat.ch». In diesem Fall übernimmt die Bank den Vertrieb und die Elipse Life AG liefert das Versicherungsprodukt.

Dualer Strategieansatz

Die digitale Transformation verändert die Art und Weise, wie Bankgeschäfte genutzt und abgewickelt werden. Das beeinflusst auch die Erwartungen der Kunden an ihre Bank. Elektronische Kanäle und Onlineprodukte bilden eine sinnvol-le Ergänzung zum klassischen Bankgeschäft. Sie ersetzen jedoch nicht die per­sönliche Beratung.

Der Kunde kann heute wählen, für welches Geschäft er welchen Kontakt zur Glarner Kantonalbank aktiviert. Die Erfahrung zeigt, dass für komplexe Geschäfte und für erstmalige Bedürfnisse, zum Beispiel der Kauf des ersten Eigenheims, die persönliche Beratung gewählt wird. Für weniger komplexe Dienstleistungen oder wenn der Kunde selber Fachexpertise zu einem bestimmten Thema hat, wird durchaus gerne der Onlinekanal gewählt. Die Glarner Kantonalbank setzt weiterhin auf einen dualen Strategieansatz: Sie investiert laufend in ihr Filialnetz und in die Ausbildung ihrer Berater. Parallel dazu baut sie den Onlinevertrieb für Geschäfte mit geringem Beratungsbedarf aus.

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