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Internationalisierung: Thailand

Die Steuersituation kann den Unterschied machen

KMU, die sich aufmachen, ihr Geschäft zu internationalisieren, wollen die optimale Entscheidung zur Zieldestination treffen. Neben den weichen Faktoren, also der Frage nach der kulturellen Übereinstimmung und der Fähigkeit des KMU, die Internationalisierung in der Ferne zu managen, ist natürlich eine Vielzahl an «Hardfacts» zu berücksichtigen.
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Die «KMU-Magazin»-Beitragsreihen zum Investitionsstandort Thailand beleuchtete bisher die makroökonomische Situation in Thailand, analysierte die kulturellen Besonderheiten des südostasiatischen Landes und diskutierte spezifische Immobilieninvestments im Grossraum Bangkok (siehe die Ausgaben 10 /15, 12 /15, 3 /16). Die Reihe schliesst nun mit einer Untersuchung der steuerlichen Aspekte für KMU in Thailand.

Steuerpolitische Stabilität

Interessanterweise wird das Thema Steuern im Kontext der Internationalisierung bei KMU kaum unter dem Chancen- als vielmehr unter dem Risikoaspekt diskutiert. Insbesondere aussereuropäische Standorte geniessen den Ruf aus steuerlicher Perspektive viele Unsicherheiten zu beherbergen. Klar ist, Investitionsentscheide erfordern ein politisches Klima der Stabilität, da scheinen allzu ferne Länder wenig reizvoll.

Thailand macht hier keine Ausnahme, ist doch gerade die politische Instabilität das Markenzeichen des Asean-Mitglieds. Überdies kennt Thailand seit ein paar Jahren einen Mindestlohn und kann deshalb nicht mehr als ausgesprochenes Niedriglohnland gelten. Doch Unternehmen wie die Schweizer DKSH oder Norwegian Airlines profitieren von niedrigen Unternehmenssteuern, die der thailändische Staat offeriert, und so fällt das Bekenntnis von DKSH-CEO Jörg Wolle zu Thailand als finanziell sehr bedeutender Standort ausgesprochen wohlwollend aus. Denn trotz innenpolitischer Streitigkeiten, welche seit 2006 bestehen und insbesondere im Jahre 2010 kurzfristig zu Unruhen in der Hauptstadt Bangkok führten, ist die thailändische Wirtschaftspolitik stabil und investorenfreundlich. Beispielsweise offeriert Thailand ausländischen Firmen, die Thailand als Headquarter-Standort nutzen wollen, diverse steuerliche Vorteile. Die Förderung erfasst unter anderem Körperschaftssteuer­befreiung oder deren Reduktion auf zehn Prozent.

KMU bevorzugt

Doch wie sieht die Rechnung für KMU aus? Zunächst gilt es festzuhalten, dass die thailändische Wirtschaft – wie die in der Schweiz – ihr Fundament auf KMU gründet. Die wechselnden Regierungen in Thailand waren und sind sich einig in ihrer Unterstützung des KMU-Sektors, und so sind nicht wenige Gesetze in ihrer Gestaltung so formuliert, dass KMU besonderen Nutzen daraus ziehen.

Zunächst sind die zeitlich limitierten, fiskalischen BOI-Anreize (Board of Investments of Thailand) zu nennen, die je nach Unternehmenstätigkeit des KMU Körperschaftssteuerfreiheit für bis zu acht Jahre offerieren. Insbesondere KMU aus der Informationstechnologie oder der Greentech-Branche kommen für die profitable Maximalförderung des BOI in Betracht. Langfristig gesehen sind aber die anhaltenden Steuervergünstigungen entscheidend und auch hier kann der Standort Thailand punkten.

Speziell für KMU hat das thailändische Finanzministerium mit der Weisung 595 vom 31. Dezember 2015 umfangreiche Steuererleichterungen beschlossen. KMU werden für das Steuerjahr 2016 von jeglicher Körperschaftssteuer befreit, ab dem Steuerjahr 2017 werden Steuern mit einem reduzierten Satz von einheitlich zehn Prozent auf ausgewiesene Gewinne von mehr als 300 000 TB bis maximal 30 Millionen TB (also ca. 10 000 bis 1 Million Franken) erhoben. Unter 300 000 TB bleiben KMU auch 2017 von jeder Körperschaftssteuer befreit. Diese Massnahmen sollen insbesondere Unternehmensgründungen und KMU-Ansiedelungen in Thailand erleichtern. Weiter können Kosten und Abschreibungen in einem Rahmen von 5 bis 100 Prozent vom Bruttoeinkommen abgesetzt werden. Nettoverluste sind bis zu fünf aufeinander folgende Jahre vortragsfähig. Zu beachten ist, dass eine Repatriierungssteuer mit einem Satz von 10 Prozent bei Rückführung von Gewinnen einer in Thailand tätigen Zweigstelle an ihre Muttergesellschaft im Ausland fällig wird.

Absprachen möglich

Natürlich ist auch das thailändische Steuerrecht nicht trivial, und so kennt das Gesetz eine Vielzahl an Unternehmensaktionen, welche mit ganz unterschiedlichen steuerlichen Konsequenzen bedacht werden. Normalerweise wird die Buchhaltung deshalb von autorisierten Steuerberatern durchgeführt und von qualifizierten Buchprüfern auditiert. Darüber hinaus kann sich bei komplexen Sachverhalten der Zuzug einer auf Steuerrecht spezialisierten Kanzlei bezahlt machen. So kennt das thailändische Steuerrecht die Möglichkeit, auf thailändische Dienstleistungen, die an Ausländer im Ausland erbracht werden, Mehrwertsteuerfrei­-heit (statt 7 Prozent) zu gewähren. Zum Beispiel bleibt die Dienstleistung eines Steuerberaters in Thailand, der für ein Schweizer KMU eine Steuerstrategie bezüglich der Möglichkeiten der Steuer­optimierung für den Markteintritt in Thailand entwickelt, mehrwertsteuerfrei, sofern die Beratungsleistung dem KMU in der Schweiz zuzuordnen ist.

Kommunikation

Nicht immer sind die Steuerszenarien so eindeutig wie im obigen Beispiel, und dann kommt es darauf an, bei den Steuerbehörden den richtigen Ton zu treffen. Immer wieder gibt es – und dieses Phä­nomen ist nicht nur auf Thailand beschränkt – Meinungsverschiedenheiten bezüglich der zwischen Unternehmensteilen fakturierten Verrechnungspreise. Diese erlauben es in bestimmten Grenzen, Gewinne bei verschiedenen Unternehmenstöchtern anfallen zu lassen. Jüngst hat auch die OECD zu diesem Thema ihren Bericht zur «Base-Erosion-and-Profit-Shifting (Beps)»-Initiative veröffentlicht mit dem Ziel, dass die Besteuerung der Gewinne an dem Ort erfolgt, wo sie generiert werden.

So ist es nicht verwunderlich, dass auch die thailändischen Steuerprüfer genauer hinschauen, wenn Verrechnungspreise derart ausgestaltet sind, dass in Thailand die Verluste und Gewinne bei einer weiteren Tochter im Steuerparadies Singapur anfallen. Hier kommt es dann auf das Verhandlungsgeschick mit dem Steuerprüfer an, die gewählten Verrechnungspreise oder gegebenenfalls auch Verkaufspreise als legitim zu erklären. Doch allzu forsche Steueroptimierung, die auf der Ausnutzung der Unterschiede nationaler Steuergesetze und Doppelbesteuerungsabkommen abzielen, sind nicht erst seit der sogenannten Luxleaks-Debatte verpönt.

Beziehung zu Behörden

Doch ist es in Thailand üblich und hilfreich, dass Unternehmen eine gute Beziehung zur Steuerbehörde aufbauen. Das ist aber explizit nicht als Aufruf zu Korruption zu verstehen, die thailändischen Steuerbehörden halten sich eng an das heimische Steuergesetz, doch lassen Gesetze in Thailand wie auch anderswo bestimmte Interpretationsspielräume zu. Hier gilt es dann das Gespräch zwischen den Parteien – KMU, Steuerberater, der Steuerbehörde und gegebenenfalls einem Steueranwalt – zu suchen, um die genannten Spielräume gesetzeskonform nutzen zu können. Auf jeden Fall sollte man vermeiden, wegen Steuerstreitigkeiten vor Gericht zu ziehen.

Die thailändischen Gerichte sind nicht für zügige Fallbearbeitung bekannt und folgen meist der Argumentation der örtlichen Steuerbehörden. Normalerweise wird es auch gar nicht notwendig, sich an ein Gericht zu wenden, ein verbindliches Schweizer Doppelbesteuerungsabkommen mit Thailand wurde bereits 1996 unterzeichnet und seit 1997 ist ein Investitionsschutzabkommen zwischen den beiden Ländern in Kraft. Zudem ist die thailändische Kultur auf Kompromiss ausgelegt, und so sind auch die Steuerbehörden an einer Win-win-Lösung für alle Beteiligten interessiert.

Last but not least, in Thailand lebt nicht nur die grösste Auslandschweizergemeinde der Welt, die Schweiz und Thailand verbinden umfassende politische, kulturelle und wirtschaftliche Beziehungen. So sind in Thailand zahlreiche Schweizer Unternehmen bereits seit über 100 Jahren tätig. Thailand ist heute schon der zweitwichtigste Handelspartner der Schweiz im Asean-Raum. KMU, die auf dieser Tradition aufbauen wollen, sind im südostasiatischen Land willkommen, die Chancen, auch die steuertechnischer Natur, des Asean-Verbundes zu nutzen.

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