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Der Prozess elektronischer Zollabwicklung

Die Zollquittung wird von den Schweizer Zollbehörden im Laufe von 2018 definitiv digitalisiert. Dies hat Auswirkungen auf die Geschäftsprozesse und die IT. Gleichzeitig eröffnen sich dadurch aber auch neue Chancen für die Unternehmen: die Steigerung der Effizienz sowie mehr Transparenz.
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Seit 2012 bietet die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) die Veranlagungsverfügung Import (VV) oder Zollquittung auch elektronisch als E-VV an. Der Inhaber eines Zollkontos (ZAZ) kann damit die gelbe Papierquittung mit der digitalen Variante ersetzen.

Nun hat die EZV die definitive Ablösung der VV auf März 2018 festgelegt. Ab sofort läuft der Countdown. Damit ist 2017 das Umstellungsjahr für gegen 20 000 Schweizer Zollkonto-Inhaber, welche noch die Papierquittung verwenden.

Bisherige Handhabung

Die meisten Importverzollungen werden heute von Spediteuren, Zollagenten sowie von Kurier-, Express- und Paketdienstleistern (KEP) durchgeführt. Die Zollanmeldung erfolgt mit dem elektronischen E-Dec-Importverfahren. Danach wird die gelbe Papier-Zollquittung sowie die Zollrechnung dem Inhaber eines Zollkontos per Briefpost zugestellt. Falls aber der Verzollungsdienstleister (VDL) auf sein eigenes Zollkonto angemeldet hat, stellt er dem Importeur die Quittung auf Papier per Post zu.

Die Umstellung auf die elektronische Veranlagungsverfügung Import verändert diesen Papier-basierten Prozess. Zwar wird sich die Aufteilung in Verzollung und Zollkontokontrolle kaum ändern, neu wird die elektronische Veranlagungsverfügung  nach der Zollanmeldung durch den Verzollungsdienstleister jedoch in Datenform auf dem Server der Eidgenössischen Zollverwaltung bereitgestellt. Der Zollkunde muss diese Daten neu selbst abholen. Dieser neue Ablauf ist in Abbildung 1 dargestellt.

Prozesse neu gestalten

Nach der Beauftragung (1) nimmt der Dienstleister die E-Dec-Importverzollung vor (2). Die Eidgenössische Zollverwaltung stellt die elektronische Veranlagungsverfügung bereit. Der Inhaber des Zollkontos holt diese Daten vom Zollserver ab (3), kontrolliert (4) und archiviert (5) sie. Diese Daten können an ein internes ERP-System weitergeleitet werden (6). Damit ergeben sich folgende Neuerungen:

  • Die elektronische Veranlagungsverfügung wird von einer Bring- zu einer Holschuld.
  • Die Abholung der Zollquittung muss mit Hilfsmitteln der IT erfolgen (durch VDL oder Importeur).
  • Alle Zollinformationen der elektronischen Veranlagungsverfügung sind als Daten nutzbar.
  • Elektronische Belege und nicht mehr Papierdokumente gelten als Nachweis bei Zoll- und insbesondere Mehrwertsteuer- Kontrollen.
  • Die Archivierung der Daten der elektronischen Zollquittung muss ebenfalls elektronisch erfolgen. Insbesondere ist der Importeur gemäss der Eidgenössischer Steuerverwaltung (ESTV) zu einer rechtskonformen Archivierung der elektronischen Belege während zehn Jahren verpflichtet.

Der Mehrwertsteuerpflichtige Importeur bleibt gegenüber der Eidgenössischen Zollverwaltung und der Eidgenössischen Steuerverwaltung verantwortlich sowie haftbar. Er muss den Prozess zur Abholung und zur Ablage der E-VV-Daten mit seinen Verzollungsdienstleistern verbindlich regeln.

Mögliche IT-Systeme

Für die Abholung der elektronischen Veranlagungsverfügung bietet die Eidgenössische Zollverwaltung drei IT-basierte Möglichkeiten an:

Zugangscode (Kleinstvolumen)

  • Wer kein eigenes ZAZ-Konto hat, bezieht die elektronische Veranlagungsverfügung direkt via Zugangscode ab Homepage der Eidgenössischen Zollverwaltung. Ein 16-stelliger Zugangscode (zum Beispiel dieser: «kC9q2yb­OPLWcvbgl») muss für jede elektronische Veranlagungsverfügung manuell eingegeben werden. Primär ist diese Lösung für den Bereich der Privatkunden gedacht.

Direktabholung via Internetbrowser der EZV (kleine Volumen)

  • Manuelle Abholung via EZV-Internetzugang. Der Kontoinhaber kann die verfügbaren E-VV abfragen, ausdrucken und bei sich lokal archivieren. Primär für kleinere Volumen gedacht.

Direktanbindung mit Softwareanbieter-Lösung

  • Der Inhaber eines Zollkontos setzt die spezifische Software eines Zoll-IT-Anbieters ein, die die elektronische Veranlagungsverfügung vom Server der Eidgenössischen Zollverwaltung abholt.

«Zoll 4.0» mit neuen Chancen

Spezialisierte Lösungen ermöglichen es, diesen Abholprozess weitgehend zu automatisieren. Zusätzlich ermöglichen es die Systeme von Zoll-Software-Anbietern, diese Daten weiterzuverarbeiten, auszuwerten und an interne ERP-Systeme weiterzugeben. Sichergestellt wird von wenigen Anbietern auch die rechtskonforme Archivierung. Diese ist mit der Speicherung auf einer Harddisk nicht erfüllt, sondern muss unveränderbar mit einem digitalen Document Management System (DMS) erfolgen. Ein Vergleich der verschiedenen Optionen zeigt die entsprechenden Funktionen der verfüg­baren Systeme (siehe Abbildung 2). Vor allem ganzheitlich konzipierte Cloud-Software erfüllt alle Ansprüche der Verarbeitung der elektronischen Veranlagungsverfügung. Dies speziell für die zehnjährige rechtsverbindliche Dokument- und Datenarchivierung.

Ähnlich wie Industrie 4.0 ein Hauptthema in der in zunehmendem Masse digitalisierten Wirtschaft ist, kann die elektronische Veran­lagungsverfügung ein wichtiger Schritt zur Integration von Zollprozessen (und -daten) mit den internen Geschäftsabläufen sein. Nennen wir dies «Zoll 4.0».

Die Vorteile

Dies wird Unternehmen ermöglichen,  Durchgängigkeit, Automatisierung, Compliance sowie die Digitalisierung von papiergebundenen Abläufen wesentlich zu verbessern. Spezialisierte Cloud-Software ermöglicht dem Importeur somit spannende Vorteile:

  • Online-Verfügbarkeit der Zolldaten.
  • Einfache, IT-gestützte Kontrolle der Quittungen und Zollprozesse.
  • Die Papierverarbeitung fällt weg (Post, Kontrolle, Kopien, Weiterleitung, Ablage, Suche, …).
  • Suche nach Quittungen und Zollinformationen erfolgt online am Bildschirm.
  • Fehlbelastungen des Zollkontos sind sofort erkennbar, Abweichungen sind endlich transparent.
  • Zusatzinformationen für Präferenz- und Ursprungskontrolle.
  • Sofortige statistische Auswertungen über alle E-VV-Zolldaten per Mausklick.

Empfehlung für Umstellung

Die verbleibende Zeit bis März 2018 ist kurz. Um die positiven Auswirkungen der E-VV Import auf Ihre eigenen Prozesse zu nutzen, empfehle ich Ihnen folgendes Vorgehen.

  1. Stimmen Sie die neuen Abläufe mit Ihren Logistikdienstleistern ab.
  2. Prüfen Sie Ihre Import-Zollvolumen. Falls diese grösser als zirka 100 Verzollungen pro Monat sind:
  3. Setzen Sie eine Softwarelösung eines ganzheitlichen Zoll-Softwareanbieters ein.
  4. Definieren und nutzen Sie Effizienzsteigerungen.
  5. Nutzen Sie die Informationen aus den Zolldaten für Auswertungen, Präferenz­informationen, Analyse und Verbesserung der Geschäftsprozesse.
  6. Stellen Sie die rechtskonforme Archivierung sicher.

Mit diesem Vorgehen profitiert der Importeur von Kosteneinsparungen, einer durchgängigen Zollkontrolle und einem hervorragenden Informationsgehalt. Dies erhöht gerade auch für kleine und mittelgrosse Unternehmen mit einer hohen Anzahl von Importen die Durchgängigkeit, die Transparenz, die Effizienz und nicht zuletzt die Rechtssicherheit im gesamten Importprozess.