Branchen & Märkte

Büroflächenmarkt

Den strategischen Blindflug verhindern

Auch im Bereich der Anlage-Immobilien gilt es, sich für den Wettbewerb stets fit zu halten. Doch die derzeitigen tiefen Kapitalkosten verlocken dazu, Leerstände und die zunehmende Verhandlungsmacht der Mieter als temporäre Probleme abzufedern. Wer Chancenpotenziale nicht verspielen will, tut gut daran, das Marketingumfeld zu verstehen und zu überwachen.
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Institutionelle Investoren repräsentieren ein bedeutendes Gewicht auf dem Immobilienmarkt in der Schweiz. So beziffert sich das derzeitige Immobilienvermögen (inländische Gebäude und Grundstücke) der etwa 2000 Pensionskassen auf rund 110 Milliarden Franken oder rund 16 Prozent des Kapitalanlagevolumens. Trotz dieses grossen Portfolioanteils fehlt es bei vielen Pensionskassen an adäquater Managementkapazität. Dies birgt nicht zu unterschätzende Gefahren in Bezug auf die Performance-Entwicklung, derzeit besonders für direkte Anlagen im Teilmarkt Bürohäuser.

Performance-Entwicklung

Die fortschreitende Internationalisierung und eine sich beschleunigende Dynamik des Wirtschaftsgeschehens werden unter anderem für den Büroflächenmarkt, absehbar, nicht ohne einschneidende Wirkung bleiben. Denn Standort- und Raumansprüche sowie Mietpreisvorstellungen vieler Mietersegmente verändern sich.

Je nach Wirtschaftsregion und Standortqualität bestimmen die angestrebte Kostensenkung, die Optimierung des Flächenbedarfs und der Raumprogramme und die Standortkonzentration die Nachfrage unterschiedlich stark. In etlichen Wirtschaftsregionen besteht hartnäckiger Angebotsüberhang und damit ein hart umkämpfter Markt. Diese Entwicklungen signalisieren in aller Deutlichkeit die limitierten Wertwachstumspotenziale für Dienstleistungs- sowie Bürogebäude im diversifizierten Anlage-Portefeuille. Wer im Anlage-Teilmarkt Bürohäuser eine angemessene Performance-Entwicklung sichern will, muss genauer analysieren, um potenzielle Chancen und Risiken rechtzeitig erkennen zu können; eine gros­­se Herausforderung für das strategische und operative Management.

Methoden und Instrumente

Dazu können bewährte Methoden und Instrumente unverzichtbare, wertvolle Dienste leisten. So bringen wir die Methodik der Mc Kinsey-Neun-Felder-Matrix (strategische Unternehmungsführung), mit eigenen Anpassungen, im strategischen Immobilien-Management zum Einsatz. In der Praxis bestätigt sich der hohe Wert des damit verbundenen, systemischen und zielführenden Vorgehens. Nachfolgend werden der Einsatz und der Nutzen der auf Commercial Real Estate angepassten Portfolio-Methode als Analyse- sowie Planungsinstrument für ein fiktives Bürohaus skizziert (siehe dazu die Abbildung 1).

Anlage-Portefeuilles definieren

In der zweiten Abbildung wird der Bezugsrahmen verschiedener Systemebenen eines diversifizierten Anlage-Portefeuilles definiert. Es werden drei hierarchische Ebenen unterschieden. Die oberste umfasst die Anlage-Geschäftsfelder, daraus leitet sich die nächste Ebene der Anlage-Teilmärkte ab, welche beispielsweise nach Nutzungsart, Objektgrösse und Makro-/Mikrostandorten und so weiter klar abzugrenzen sind. Auf der untersten System­ebene findet sich das einzelne Immobilien-Objekt.

Unser angepasster Immobilien-Portfolio-Ansatz dient primär der Strukturierung und Visualisierung komplexer strategischer Probleme sowie der Suche von Strategien und abgestimmter strategischer Steuerung von Anlage-Objekten, Anlage-Teilmärkten sowie Anlage-Geschäftsfeldern. Für die Analysen, Ziele, Strategieentwicklung usw. besteht zwischen den Systemebenen Rekursivität, das heisst, die Ergebnisse von Analysen, Zielen und Strategieansätzen des Anlage-Teilmarktes Bürohaus müssen, soweit relevant, vom einzelnen Anlage-Objekt übernommen werden. Zwei Voraussetzungen müssen für den Einsatz dieses Analyse- und Planungsinstrumentes erfüllt sein. Einerseits muss der Anlage-Teilmarkt eine eindeutige Abgrenzung aufweisen (beispielsweise Büroraum in den angrenzenden Agglomerationsgemeinden und den Stadtrand-Quartieren von Bern) und andererseits muss die eindeutige Identifikation der darin agierenden Hauptkonkurrenz vor­genommen werden. Im Portfolio-Modell können Anlage-Geschäftsfelder separiert auf verschiedenen Systemebenen betrachtet werden. Damit lassen sich im Anlage-Teilmarkt-Portfolio die Positionierungen einzelner Anlage-Teilmärkte (AT) und im Objekt-Portfolio einzelne Immobilien visualisieren. Die aggregierten Teilmarkt-Portfolios AT-Bürohaus, AT-Mehrfamilienhaus und AT-Shoppingcenter können so separiert im Anlage-Geschäftsfeld-Port­folio Immobilien dargestellt werden.

Relevante Informationen

Sollen Gefahren für Fehlinvestitionen minimiert und Chancen auf den Zielmärkten wahrgenommen werden können, müssen entscheidungsrelevante Informationen über den Markt, die Wettbewerber und die potenziellen Mietersegmente interpretierbar und in ausreichender Qualität beschafft werden. Für die differenzierte Analyse der Marktattraktivität und der Wett­bewerbsvorteile müssen alle relevanten Einflussfaktoren für beide Achsen der Port­folio-Matrix bestimmt werden. Gelingt dies nicht oder nur unzureichend, resultieren zwangsläufig falsche Strategien. In der dritten Abbildung ist der Faktorenkatalog für Commercial Real Estate aufgelistet. Für das fiktive Bürohaus, also objekt- und teilmarktspezifisch, müssen die relevanten Einflussfaktoren ausgewählt werden. Zwischen den Kriterien der beiden Beurteilungsachsen besteht ein grundsätzlicher Unterschied. Während die Faktoren der Vorteile im Wettbewerb gegenüber der Hauptkonkurrenz vom Management weitgehend und direkt beeinflussbar sind, sind es diejenigen der Marktattraktivität unter anderem wegen der bei Immobilien gegebenen Standortgebundenheit kaum. Market-Research für derartige Immobilien ist aufwändig und anspruchsvoll. Es steht im Spannungsfeld zwischen der geforderten Ausprägung und Qualität der Informationen, der Verfügbarkeit von aktuellen Daten und dem methodischen Vorgehen zur Informationsgewinnung. Deshalb darauf zu verzichten, ist keine Option. Denn die relevante Information schafft überhaupt erst die Voraussetzung, Handlungsalternativen beziehungsweise Strategien erarbeiten zu können.

Die Wettbewerbsanalyse

Grundlegend für die Entwicklung von Marketingkonzeptionen und -strategien ist die richtige Marktpositionierung des Bürohauses. So werden die relativen Wettbewerbsvorteile im Vergleich zur stärksten Hauptkonkurrenz bewertet. Der Spielraum für eine wirksame und nachhaltige Differenzierung des Angebotes gegenüber demjenigen der Konkurrenten kann damit herausgearbeitet werden. Im Kampf um Wettbewerbsvorteile kommt der Konkurrenzanalyse generell zentrale Bedeutung zu. Denn im Verdrängungswettbewerb beziehungsweise in einer Marktsituation mit Angebotsüberhang akzentuiert sich die Notwendigkeit einer belastbaren Analyse der Konkurrenz-Angebote. So sind die Stärken und Schwächen der primären Konkurrenz-Objekte, so weit möglich, detailliert zu erfassen beziehungsweise zu bewerten. Der Wettbewerbsanalyse dient ergänzend auch der Einbezug des Benchmarkings «Best Practices». Benchmarking unterstützt die Kreation von Wettbewerbsvorteilen durch die Identifikation von besten Lösungen.

Schliesslich gilt es den im Teilmarkt eingesetzten Mietkonditionenmix zu analysieren. Dies betrifft folgende Komponenten: Mietpreis, Indexierung des Mietpreises, Neben- und Gemeinschaftskosten, Flexibilität der festen Dauer der Miete und der Optionsrechte für eine Verlängerung der Mietdauer, den jeweiligen Ausbaustandard sowie Serviceleistungen und -qualität der Gebäudebewirtschaftung. Die Informationen zu den Einflussfaktoren gemäss Abbildung drei fliessen verdichtet in die zu beurteilenden Kriterien ein. Diese müssen schliesslich entsprechend ihrer Einflussstärke im Markt- / Wettbewerbsgefüge in einem ersten Schritt gewichtet werden. Anschliessend erfolgt die Bewertung der einzelnen Beurteilungskriterien. Praxis­tauglich ist beispielsweise das Skalierungsverfahren mit einer Punkteskala 1 bis 9. Das fiktive Bürohaus erhält für die Markt­attraktivität 6.05 und für die relative Wettbewerbsstärke 5.65 als Gesamtwert. Auswahl, Gewichtung und Bewertung der Einflussfaktoren bildet die komplexe Kernaufgabe der Portfolio-Methode. Gutes Gelingen setzt hohe Professionalität voraus.

Visualisierung der Marktstellung

Die Neun-Felder-Matrix unterscheidet für die Strategiewahl grundsätzlich drei Bereiche. In den drei Feldern oberhalb der Diagonalen finden sich die «attraktiven Immobilien», in den drei Feldern auf der Diagonalen die «mässig attraktiven Immobilien» und in den drei Feldern unterhalb der Diagonalen die «unattraktiven Immobilien». In der Abbildung Objekt-Portfolio wird die Positionierung des Bürohauses (gelb markiert) im abgegrenzten Anlage-Teilmarkt Bürohaus im Vergleich mit den Hauptkonkurrenten visualisiert, wobei die Grösse des Kreises den aktuellen Verkehrswert der Immobilie repräsentiert. Aus der Ist-Position lassen sich nun Handlungsempfehlungen und Strategien für ein tendenziell wettbewerbsstarkes Bürohaus ableiten. Primär in den Bereichen des Bewirtschaftungsmanagements, der Rentabilität und Wirtschaftlichkeit sowie des Branchen- und Mietermixes liegen Entwicklungspotenziale (vgl. Abbildung 4) zur Stärkung der Wettbewerbskraft. Und daraus ergibt sich eine mögliche und realistische Soll-Positionierung. Wenn die bisherige Entwicklungs- und Bewirtschaftungsstrategie für das Bürohaus trotz der Erkenntnisse zur aktuellen Marktstellung unverändert beibehalten werden soll, geschieht dies im Wissen, dass die Wettbewerbsposition durch die herrschende Marktdynamik verändert werden wird. Darum sind laufend Prognosen zu Markt- und Wettbewerbsentwicklungen sowie deren Einflüsse anzustellen, um einen sich daraus ergebenden, allfälligen Handlungsbedarf im aktualisierten Objekt-Portfolio erkennen zu können.

Fazit

Die Portfolio-Methode überzeugt, weil damit die Marktstellung des Bürohauses präzise ermittelt werden kann und Erfolg versprechende Ansätze zu den Entwicklungs- und Bewirtschaftungsstrategien erkennbar gemacht werden können. Sie tut dies transparent und mit einer ganzheitlichen Sicht. Eine gewaltige Informationsmenge mit ihren Wechselwirkungen wird verdichtet und lesbar gemacht. So, dass auf die wesentlichen strategischen Schlüsselfragen fokussiert werden kann. Natürlich ist eine korrekte Abgrenzung des Teilmarktes sowie die eindeutige Identifikation aller Hauptkonkurrenten ein sehr anspruchsvolles Unterfangen. Zudem besteht die Gefahr einer subjektiven Bewertung der Hauptkonkurrenz. Dieses Instrument leistet sehr hilfreiche und wichtige Dienste für die Analyse, die Strukturierung und Visualisierung von komplexen Problemstellungen. Mit dem Einsatz dieser Methode ist es möglich, den verbreiteten strategischen Blindflug zu verhindern.

Porträt