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Internationalisierung

Chinas Wandel zum hochwertigen Beschaffungsmarkt

China hat in den letzten vier Jahrzehnten einen grossen Wandel erlebt und hat sich von der Werkbank der Welt zu einer innovativen, zukunftsorientierten Wirtschaft gewandelt. Nicht zuletzt das Freihandelsabkommen macht das Land zu einem für KMU interessanten Produktionsstandort, wie auch Absatzmarkt.
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In den Köpfen vieler Schweizer ist «Made in China» der Inbegriff für billige, qualitativ minderwertige Massenware. Dass dies schon seit Langem nicht mehr der Fall sein muss, ist hingegen nur den wenigsten bewusst. Von deutschen Traditionsfirmen wie Bosch oder Henkel, Premium-Automobilherstellern wie BMW, VW oder Tesla bis hin zu Schweizer Pharmariesen wie Roche, immer mehr namhafte internationale Unternehmen lassen gewisse Komponenten in China produzieren oder verlagern gleich ganze Produktionsstandorte ins Reich der Mitte.

China im Wandel

Natürlich existiert nach wie vor Billigware von minderwertiger Qualität und kurzer Lebensdauer. Es finden jedoch immer mehr qualitativ und technologisch hochwertige Produkte den langen Weg von China in unsere Breitengrade. So sind zum Beispiel Mobiltelefone von exotisch klingenden Herstellern wie Xiaomi, Huawei oder Oppo technologisch schon längst auf dem Stand des iPhones. Übrigens, auch das Ur-Smartphone aus dem kalifornischen Silicon Valley wird zu einem Grossteil in China produziert. So ist es auch nicht verwunderlich, dass China einen der vordersten Plätze einnimmt, wenn es um Patentanmeldungen geht. China hat in den letzten vier Jahrzehnten einen grossen Wandel erlebt. Es hat sich bereits seit Längerem von der Werkbank der Welt zu einer innovativen, zukunftsorientierten Wirtschaft gewandelt. Das Vorurteil, China möchte nur ausländisches Know-how importieren, greift zu kurz: Mit dem Freihandels­abkommen zwischen der Schweiz und China wird das geistige Eigentum von in- wie auch ausländischen Firmen sub­stanziell gestärkt. 

Kostengünstige Produktion

Man muss jedoch kein Milliardenunternehmen wie Apple oder Bosch sein, um die Vorzüge des Direktimports aus dem Reich der Mitte nutzen zu können. Auch für Schweizer KMU eröffnet der Produktionsstandort China viele Möglichkeiten. Findet man den richtigen Hersteller, kann fast jedes x-beliebige Produkt in China eingekauft oder gleich gemäss eigenen Vorgaben produziert werden. Dies schon ab relativ kleinen Mindestabnahme­mengen von 500 Stück oder weniger.

Bei Schweizer KMU gehört die Warenbeschaffung zu den grössten Kostenpunkten. Gemäss einer Studie der BAK Eco­nomics von 2017 macht die Warenbeschaffung von KMU rund 50 Prozent der Kosten aus. Vergleicht man diese Zahlen mit unseren Nachbarländern, sind ihre Kosten rund 35 Prozent tiefer bei der Beschaffung des gleichen Warenkorbes im Ausland und in China nochmals gut 50 Prozent tiefer. Dies birgt ein enormes Einsparungspotenzial, welches genutzt werden sollte.

Zollfreie Importe

Der Direktimport aus China ist auch nach Miteinberechnung von Transport- und Nebenkosten oft um ein Mehrfaches günstiger als die Beschaffung vergleichbarer Produkte aus dem EU-Raum. Einer der Hauptgründe für diesen extremen Preisunterschied ist, neben den tiefen Produktionskosten, das Freihandels­abkommen zwischen der Schweiz und China, welches seit Juni 2014 in Kraft ist und dank dessen, jegliche Güter zollfrei importiert werden können. 

Die Schweiz ist neben Island das einzige europäische Land, welches ein Freihandelsabkommen mit China abgeschlossen hat. Dies bedeutet einen erheblichen Wettbewerbsvorteil, den die hiesigen KMU nutzen sollten. Hier ist anzumerken, dass das Freihandelsabkommen noch nicht seine volle Wirkung entfaltet hat, da es noch Übergangsfristen gibt, welche 2024 ablaufen (in Einzelfällen 2029). Durch den Direktimport ab Fabrik können zudem diverse Importfirmen und Zwischenhändler umgangen und damit unnötige Kommissionen und Kosten vermieden werden.

Sourcing-Experten empfehlen

Auch wenn der Direktimport aus China für viele Schweizer KMU interessant und sinnvoll ist, empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit einem auf die Beschaffung und den Import spezialisierten Experten. Amazon, Alibaba und Co sind breit genutzte Tools, um erste Kontakte in Übersee zu knüpfen. Auf solchen Plattformen ist es jedoch nicht einfach, einen geeigneten und zuverlässigen Produzenten zu finden. Seriöse Anbieter im internationalen Beschaffungswesen besitzen ein starkes Netzwerk in China und im Speziellen auf den riesigen chinesischen Messen. Solch ein Experte hilft, unter der grossen Anzahl von Produzenten den geeigneten zu finden, welcher nicht nur den hohen Schweizer Qualitätsansprüchen entspricht, sondern auch alle Anforderungen in den Bereichen nachhaltige Produktion und faire Arbeitsbedingungen erfüllt. Je nach Produkt braucht es für einen Schweizer Markteintritt die nötigen Zertifizierungen. Ein Sourcing-Experte kann Qualitätskontrollen durchführen und die notwendigen Zertifizierungen gemäss Kundenbedürfnis durchführen beziehungsweise durchführen lassen. Er steht dem KMU beratend zur Seite und zeigt, was im Bereich des Möglichen ist und wo man Kompromisse eingehen muss, um ein optimales Preis-LeistungsVerhältnis zu erhalten. Hier geht es nicht nur darum, die Interessen des Endverbrauchers zu kennen, sondern auch einschätzen zu können, was die Möglichkeiten und die angebotenen Dienstleistungen des Produzenten sind. Sourcing-Experten führen durch den gesamten Importprozess, beraten, welcher Spediteur die individuellen Bedürfnisse am besten abdeckt, welche Dokumente an wen weitergeleitet werden müssen und regeln die Zollformalitäten. 

Solch ein Sourcing-Experte hat im Idealfall bereits die richtigen Kontakte in den betreffenden Branchen in China, auf Wunsch führt er die Preisverhandlungen und erreicht die vom Kunden gewünschte Mindestabnahmemenge.
Chancen für starke Marken

Professionelle Anbieter im Markt bieten neben dem Kerngeschäft des Sourcings auch zusätzliche Dienstleistungen an, wie zum Beispiel im Marketingbereich. Wenn man ein neues Produkt aus Fernost auf den Schweizer Markt bringen möchte, müssen gewisse Richtlinien bei der Verpackungsform eingehalten werden. Dazu kommt auch noch ein attraktives Design, welches den Endkunden ansprechen soll. All dies kann eine gute und erfahrene Marketingabteilung eines Sourcing-Unternehmens erledigen.

Einkaufen in Fernost ist nicht nur angesichts der Kosteneinsparungen attraktiv, es birgt auch ein enormes Potenzial für Unternehmen, welche ihre eigene Marke gründen möchten. Mit einer guten Branding-Strategie können sie sich von der Konkurrenz abheben, den Wiedererkennungswert steigern und sie können nach aussen kommunizieren, für was das eigene Unternehmen steht – innovativ, dynamisch, nachhaltig. 

Die Kombination von gutem Marketing und einem starken Branding auf den Produkten wie auch auf den Verpackungen führt dazu, dass sich auch kleine KMU auf dem Markt profilieren können. Dies gilt speziell für den Online-Markt, welcher immer mehr zu einem nicht wegzudenkenden Verkaufskanal wird. Denn wer online erfolgreich sein will, muss eine starke Marke aufbauen.

Der grosse Kulturunterschied zwischen der westlichen Welt und der fernöstlichen Welt schreckt viele ab. Man wird mit einer scheinbar unüberwindbaren Sprachbarriere konfrontiert, kommt in Kontakt mit einer völlig anderen Kultur und vor allem auch mit einer anderen Geschäftskultur. Nicht zuletzt haben die Kenntnisse der chinesischen (Geschäfts-) Kultur und der Sprache schon manche direktimportierende Firma vor dem einen oder anderen Fettnäpfchen und vor teuren Fehlinvestitionen bewahrt. 

Importvolumen wächst

Im Zeitraum von 2008 bis 2018 folgte die Importentwicklung der drei für die Schweiz wichtigsten Beschaffungsmärkte unterschiedlichen Dynamiken. Die Einfuhren aus Europa gingen zurück, die von Asien und Nordamerika nahmen zu. 

Ins Auge stechen insbesondere die Importe aus dem asiatischen Raum, deren Wachstumsrate pro Jahr durchschnittlich um neun Prozent zunahm. Insgesamt ist das Importvolumen aus Asien gegenüber dem Jahr 2008 um 136 Prozent gewachsen. Für die Schweiz ist und bleibt China der wichtigste Handelspartner in Asien und zudem auch der viertwichtigste Lieferant weltweit.