Branchen & Märkte

Historie

Aufstieg und Fall der Maschinenfabrik Schilter

Der rasante Aufstieg und tiefe Fall der Maschinenfabrik Schilter ist ein Lehrstück darüber, wie Missmanagement und zu schnelles Wachstum ein erfolgreiches Unternehmen ruinieren können. Der Beitrag zeigt die Chronologie einer beispielhaften Fehlentwicklung und dass geniale Erfinder nicht immer auch gute Unternehmer sind.
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Wer heute in der Voralpenlandschaft unterwegs ist, sieht viele Maschinen im Einsatz, welche die mühsame Arbeit von Bergbauern in unwegsamem Gelände etwas erleichtern. Das war nicht immer so. Bis weit in die 1950er-Jahre hinein, war vor allem Muskelkraft gefragt: von Menschen oder von Tieren. Dann kamen die Schilters und veränderten das Leben auf den stotzigen Bergheimeten nachhaltig. Der 81-jährige Walter Hess, ein Landwirt vom Altzeller Berg in der Gemeinde Wolfenschiessen erinnert sich gut, als 1964 der erste Schilter-Transporter auf seinen Bergbetrieb auf 1100 Meter über dem Meeresspiegel kam. «Ich habe so viele Stunden mit Herumtragen von Heu oder Mist zugebracht. Mit dem ersten Schilter meinte ich zuerst, jetzt hätte ich nichts mehr zu tun, jetzt hätte ich Ferien.»

Schilter als Gattungsbegriff

Früh erkannten die Stanser Maschinentüftler Thomas, Karl und Joseph Schilter, dass die Mechanisierung auch in der Berglandwirtschaft ein Bedürfnis war und entwickelten einen geländegängigen Kleintransporter. 1959 meldeten sie ihr Patent an und gingen sofort in Produktion. Weil unter der Hauptinitiative von Thomas die Schilters unter den Ersten waren und weil sich ihre Fahrzeuge auf dem Markt durchsetzten, hiessen Kleintransporter künftig Schilter, selbst wenn Aebi oder Reform draufstand. Der Name «Schilter» war schnell zum Synonym für die Mechanisierung der Berglandwirtschaft geworden. Und alle hatten bald einen Schilter. Innerhalb von gut zehn Jahren entwickelte sich der Betrieb von der kleinen mechanischen Werkstatt in der Schmiedgasse zum mittelgrossen Betrieb mit knapp 300 Angestellten und einem Jahresausstoss von 1000 Fahrzeugen. Das Wohnhaus an der Schmiedgasse 41 war ab 1952 die erste Werkstatt der «Gebrüder Schilter – Werkzeugmaschinenbau – Stans». Gearbeitet wurde vor allem an Fräs- und Bohrmaschinen und man stellte etwa Bestandteile für Fahrzeuge von Franz Brozincevic Wetzikon (FBW) her. Bald entwickelte man eine eigene Maschine, von der man auch rund zehn Stück verkaufen konnte.

Von der Idee ...

1958 – so die Legende – hatte Thomas Schilter die Idee, einen Kleintransporter für die alpine Landwirtschaft zu bauen. Rund um Stans, aber auch auf dem Steinerberg, wo er als Kind oft bei Verwandten in den Ferien weilte, sah er, wie mühsam die Bewirtschaftung von Hügelzonen ohne technische Hilfsmittel für die Landwirte war. Zwar waren bereits Einachser-Traktoren etwa zum Mähen oder als Zugmaschinen mit Anhängern verbreitet, im hügeligen Gelände war deren Einsatz aber mühsam und vor allem auch gefährlich. Verschiedene schwere Unfälle ereigneten sich auch in Nidwalden.

Thomas Schilter wollte deshalb einen lenkbaren, selbstfahrenden und zweiachsigen Transporter bauen, der auch im steilen Gelände nicht kippt. So etwas gab es noch nirgends, Schilters waren die Ersten, die so einen Last-Transporter (LT1) bauten. Andere Produzenten planten ähnliche Fahrzeuge, etwa die Garage Zimmermann in Buochs mit den «Tiger-Modellen», doch Schilter war den Buochsern ein paar Nasenlängen voraus. Den ersten Prototypen und die Fahrzeuge der ersten Serie baute man auf der Strasse in der Schmiedgasse zusammen, weil die Werkstatt insbesondere für die Brückenaufbauten zu klein war. Die Holzaufbauten lieferten die Wagnerei Achermann, die in unmittelbarer Nachbarschaft gelegen war.

... zum Patent

Der LT1 war noch mit einem Zweiradantrieb versehen, Batterie brauchte das Fahrzeug keine, das Licht funktionierte nur bei laufendem Motor, der Motorenstart erfolgte mittels Kurbel bei der Hinterachse, wo auch der Motor, ein Viertakt-Benzinmotor der Firma MAG (9 PS) oder ein Universal-Boxer-Motor (10 PS), lag. Schnell waren die ersten Transporter im Einsatz und die Landwirte berichteten auch umgehend über ihre Einsatzerfahrungen. Alle lobten sie die Geländegängigkeit, wünschten sich aber unbedingt einen Vierradantrieb. Noch während der ersten 12er-Serie kam Schilter diesem Wunsche nach und entwickelte eine Lenktriebachse. Auch dafür meldete er ein Patent an.

Schnelles Wachstum

Der Markterfolg zwang das Unternehmen zur Vergrösserung. Im Jahre 1960 baute Schilter schliesslich an der Stansstaderstrasse eine neue Werkstatt mit Wohn- und Bürohaus. Architekt war der Luzerner Gisbert Meyer, der unter anderem bei Corbusier lernte. Und 1965 musste bereits erweitert werden. Ein zweites Bürohaus sowie eine neue grosse Werkhalle mit Scheddach entstanden. Inzwischen beschäftigte die «Maschinenfabrik Schilter & Cie.» 58 Arbeitskräfte, verkaufte jährlich 300 Fahrzeuge und tüftelte an neuen Modellen. Die Nachfrage nach Schilter-Traktoren war dermassen gross, dass schon bald wieder ausgebaut und eine zweite Produktionsstätte im Galgenried (1968 / 69) in Stans errichtet werden musste. Und auch diese erfuhr 1970 bereits wieder eine Erweiterung.

Hochkonjunktur

Ein Beispiel für die maschinelle Hochkonjunktur in der Berglandwirtschaft aus dem Jahre 1965 sei hier kurz beschrieben. Schilter tüftelte an einem Heuladetraktor. Zwar gab es auf dem Markt schon automatische Heuladewagen, die von Traktoren gezogen und angetrieben werden mussten, jedoch nicht für die Berglandwirtschaft. Dort war eine solche Traktion mit angehängtem Wagen ungünstig, weil das Gelenk zwischen Traktor und Wagen zu instabil war im Gelände.

Schlechtes Finanzcontrolling

Schilter zeigte 1967 an der Olma, der Schweizer Messe für Land- und Milchwirtschaft in St. Gallen, einen selbstladenden Heuwagen, welcher im Prinzip einfach einen Heulader auf einen Schilter-Ladetransporter aufbaute. Das damalige Ausstellungsstück war noch eher ein Modell denn ein funktionierendes Fahrzeug. Trotzdem gingen an der Olma bereits zahlreiche Bestellungen ein. Schilter hatte nun das Problem, dass die Maschine zum Laufen und Funktionieren gebracht werden musste, bevor man die Serienproduktion starten konnte. Man kehrte aus St. Gallen zurück und arbeitete unter Hochdruck am Heuladewagen.

Abenteuerlich war dabei auch die Preisgestaltung. Ein Heuladewagen kostete auf dem Markt – natürlich ohne Traktor – um die 9000 Franken. Schilters selbstfahrender, Vierrad-angetriebener und geländegängiger Heulader kostete gerade einmal 13 500 Franken. Natürlich hätte man dieses geniale Fahrzeug, das aufgrund der später erzielten Verkaufszahlen eine «Cashcow» für das Unternehmen hätte werden können, für sehr viel mehr Geld verkaufen können.

Schilter wollte den Landwirten aber primär günstige Fahrzeuge zur Verfügung stellen und sie mussten unter dem tiefsten Preis der Konkurrenz liegen. Hier zeigte sich die vielleicht grösste Schwäche der Unternehmerfamilie: Der Entwicklung neuer und trendsetzender Maschinen wurde alles untergeordnet, auf der Strecke blieben das Controlling über die Finanzen. Und so verlor sich der geniale Erfinder im hohen Takt der Innovation und Expansion und verweigerte sich gleichzeitig einer sauberen Produktekalkulation, einer seriösen Materialbewirtschaftung, einem qualitativen Service.

Falsche Produktpolitik

Doch Schilter hatte inzwischen knapp 300 Mitarbeiter, darunter Familienväter, die am Ende des Monats auf ihren Lohn angewiesen waren. Die Konkurrenz imitierte zum Teil den Branchenleader und war allgemein stärker geworden. Allmählich waren auch die Märkte gesättigt. Und dann kamen noch die getrübten Zukunftsaussichten durch die 1973er-Wirtschaftskrise dazu.

Schilter erfand weiter und wagte sich von seinem Kerngeschäft, dem Bau von Transportfahrzeugen, in den Bau von konventionellen Traktoren vor. Die Konkurrenz war dort noch grösser. Es gibt viele Zeitzeugen, die den Einstieg ins Traktorengeschäft als Anfang vom Ende «Schilters» beschreiben. Ob das wirklich so war? Genaue Zahlen sind heute leider nicht mehr greifbar, das Schilter-Archiv gibt darüber nichts her. Tatsache allerdings ist: Die UT-Traktoren konnten nie in grösseren Serien gebaut werden. Die Refinanzierung der hohen Entwicklungskosten konnte das Unternehmen nicht mehr stemmen. 1975 stoppte die Nidwaldner Kantonalbank (NKB) den Geldfluss und übernahm das Unternehmen.

Der Absturz

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die NKB als Hausbank von Schilter das Unternehmen mit Geld versorgt und wollte damit auch Arbeitsplätze in Nidwalden erhalten. Die Kantonalbank verstand sich damals auch als Wirtschaftsförderer und griff nicht nur Schilter, sondern auch anderen Klein- und Mittelbetrieben grosszügig unter die Arme. Die Bank sollte aufgrund dieser Geschäftspraxis später noch in arge Schieflage geraten. Doch ein guter Partner müsste auch unbequeme Fragen stellen und solcher hätte es bei Schilter dringend bedurft.

Selbst Schilter-intern regte sich ab 1970 Kritik am Kurs und der schnellen Expansion. 1972 sprachen fünf Prokuristen beim Bankrat vor – der Bankrat war das vom Landrat bestellte Aufsichtsgremium für die Bank mit Staatsgarantie – und mahnten an, dass die NKB neues Geld für Schilter an Bedingungen knüpfen müsse, ansonsten Schilter kollabieren würde. Sie rieten, das Unternehmen von einer Kommandit- in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln und dabei die Führungskompetenzen auf mehrere Köpfe, auf eine Geschäftsleitung und das Kader zu verteilen.

Bisher bestand die Unternehmensführung hauptsächlich aus Thomas Schilter; seine Brüder Karl und Josef waren Mit­besitzer und standen ihm beratend zur Seite. Die Prokuristen forderten auch den sofortigen Stopp der UT-Traktoren-Entwicklung, um das Geld in die Mängelbewirtschaftung bei anderen Modellen zu investieren. Doch nichts geschah und die fünf Prokuristen verliessen innerhalb eines Jahres allesamt das Unternehmen.

Der Rest ist Absturz: 1975 musste die Bank das hochverschuldete Unternehmen übernehmen und gleich einen Überbrückungskredit in der Höhe von fünf Millionen Franken einschiessen. Sie wandelte die Unternehmensstruktur in eine AG um, 1976 verliess der Unternehmensgründer den Betrieb, 1978 musste die öffentliche Hand auch die Kantonalbank retten, immerhin mit 18 Millionen Franken. Gleichzeitig konnte der Betrieb an die Müller Martini verkauft werden, wo die Fahrzeugproduktion jedoch wenige Jahre später aufgegeben werden musste.

Die Schilter-Geschichte ist atemberaubend und tragisch: Die Produkte waren genial, aber die Managementfehler gross. Innerhalb von zwölf Jahren (1959 bis 1971) legte Schilter mit seinen Transportern einen Senkrechtstart von einem 3- zu einem 300-Mann-Betrieb hin. Alle redeten von Schilter, alle wollten Schilter, alle kauften Schilter. Und nur vier Jahre bedurfte es für das Grounding.

In der Boomphase profitierte Schilter nicht zuletzt von einem Strukturwandel der Landwirtschaft insgesamt. Die neue Landwirtschaftspolitik des Bundes nach dem Zweiten Weltkrieg war geprägt von umfassenden Gesetzesgrundlagen, Preisgarantien und Investitionshilfen. Landwirte hatten nunmehr ein gesichertes Einkommen, dafür immer weniger Hände, die auf dem Hof mitarbeiteten. Die Hochkonjunktur der 1950er- und 1960er-Jahre absorbierte nämlich viele Arbeitskräfte und lockte diese mit attraktiven Löhnen und Arbeitsbedingungen in die Industrie-, Bauwirtschafts- und Dienstleistungsbranche. Eine Mechanisierung war in der Landwirtschaft alleine schon von daher zwingend und ermöglichte Produzenten wie Schilter ein famoses Wachstum.

Nicht krisenresistent

Als dann die Hochkonjunktur vorüber war (Erdölkrise 1973), ging es auch mit Schilter steil bergab. Der Ausbau der Produktionskapazitäten erfolgte zu schnell, das Unternehmen war nicht krisenresistent. Der Absatz stockte, Schilter produzierte auf Halde, das Unternehmen war überschuldet. Jetzt geriet auch die NKB ins Strudeln, denn sie hatte nicht nur Schilter grosszügig mit Geld versorgt. 1978 sprach der Kantonalbankenverband unter der Führung der Basler Kantonalbank dem Nidwaldner Bankinstitut ein Darlehen zur Überbrückung des Liquiditätsengpasses in der Höhe von 18 Millionen Franken und knüpfte daran klare Bedingungen. So durfte nebst Amortisation und Verzinsung der Schuld auf 15 Jahre während fünf Jahren kein Reingewinn in die Staatskasse fliessen und die öffentliche Hand, sprich der Landrat, musste ebenfalls 18 Millionen Franken zur Sanierung beitragen.

An Dramatik lässt Schilters Unternehmensgeschichte nichts zu wünschen übrig. Trotz Grounding des Unternehmens – die Geschichte geht bis in unsere Zeit weiter. Noch heute – gut 40 Jahre nach dem Kollaps – kraxeln Schilter-Transporter über Alpenwiesen. Und es gibt auch noch die Schiltrac-Fahrzeuge der Buochser Produzenten Joseph und Peter Barmettler. Sie sicherten sich 1993 ein Schilter-Patent (Zwillingschassis) und verbauen es bis heute in ihren Fahrzeugen. Auf der Basis dieses Patents besticht ihr «Schiltrac Eurotrans 6150» mit extremer Geländetauglichkeit.

Die Rolle der Kantonalbank

Aufstieg und Fall der Schilter-Traktorenfabrik in Stans sind eng verknüpft mit einer heiklen Unternehmensphase der Nidwaldner Kantonalbank (NKB). Seit 1960 wuchs Schilter schnell und die NKB gab grosszügig Geld. 1975 ging Schilter unter, die Bank musste 1978 mit 18 Millionen Franken aus der Staatskasse gerettet werden.

Geschichte wiederholt sich: nie ganz gleich zwar, aber trotzdem ähnlich. Sind es heute Staaten oder die EU, welche marode Bankinstitute vor dem Ruin schützen müssen, so sah sich 1978 der Nidwaldner Landrat veranlasst, der NKB aus der Bredouille zu helfen, indem er sie mit 18 Millionen Franken öffentlicher Gelder unterstützte. Was war in Nidwalden geschehen, dass diese öffentliche Rettungsaktion notwendig wurde?

Steiler Aufstieg
Am Anfang war der Aufstieg. Der Aufstieg von Thomas Schilter und seiner Maschinenfabrik in Stans, welche Anfang der 1960er-Jahre äusserst erfolgreich Lasttraktoren für die Berglandwirtschaft zu produzieren begann. Das Geld für den schnellen Aufstieg mit den erfolgreichen Schilter-Transportern kam von der NKB und die hielt in ihren Jahresberichten den steilen Aufstieg fest:

1964: Mit neuer Werkhalle wesentliche Steigerung des Umsatzes; 58 Beschäftigte.
1965: Produktionsvolumen gesteigert.
1966: Schwierigkeiten bei der Suche gelernter Handwerker, Nachfrage im In- und Ausland gut; 94 Beschäftigte.
1967: Wegen Rationalisierungsdruck in der Landwirtschaft braucht es gute und günstige Maschinen; Volumen bei Schilter bedeutend ausgeweitet; 125 Angestellte.
1968: Produktion grösserer Serien; mit Werk 2 Planung und Realisierung neuer Produktionskapazitäten; 161 Angestellte.
1969: Absatz nun auch bei Gewerbe und Gemeinden; 199 Angestellte; Inbetriebnahme Werk 2 im Galgenried.
1970: Erweiterung im Werk 2; Umsatzsteigerung und grosse Leistungsfähigkeit.

Die NKB stand einem Unternehmenswachstum Pate, das in Nidwalden seinesgleichen suchte. Bis 1974 war Schilter auf knapp 300 Mitarbeitende und einen Ausstoss von 1000 Fahrzeugen jährlich für den Schweizer und den europäischen Markt angewachsen.

Frühe Warnungen
Dann kam die Krise. 1975 musste das Unternehmen von der Bank übernommen und zwei Jahre später verkauft werden. Die Mitarbeiterzahl sank rapide, die NKB selber war zum Sanierungsfall geworden. Nicht alleine wegen Schilter, aber auch wegen Schilter. Werkintern gaben die hohe Produktionskapazität, die breite Produktepalette, die zu grosse Innovation und das fehlende Management zu reden.

Die Schilters waren gute Erfinder und fantasievolle Mechaniker, aber das Know-how, wie man einen 300-Mann-Betrieb durch schwierige Zeiten lotsen musste, schien nicht vorhanden zu sein. 1972 traten fünf Prokuristen unter Protest aus dem Unternehmen aus, weil ihre Warnungen und Verbesserungsvorschläge von der Unternehmensleitung und der NKB als Geldgeberin in den Wind geschlagen worden waren. Konkret wiesen sie auf Überkapazitäten, auf Mängel in der Unternehmensstruktur, auf Managementfehler hin und gingen mit ihrer Kritik zum Bankrat.

Die Warner sollten nicht «No-Names» bleiben im Schweizer Wirtschaftsleben. Im Gegenteil: Einer von ihnen baute nach dem Abgang die bekannte Treuhandgesellschaft «Visura» auf, zwei andere leiteten danach eine international tätige Non-Profit-Organisation, einer wurde beim Kanton Nidwalden Leiter der Finanzkontrolle, ein anderer Spitalverwalter. Aber der Bankrat wollte nicht hören. Drei Jahre später musste die NKB mit einer Kapitalspritze von fünf Millionen Franken die Schilter & Cie. übernehmen und in eine Aktiengesellschaft umwandeln. Schilter war aber nur eines von drei Unternehmen, das seinen Verpflichtungen gegenüber der Bank nicht mehr nachkommen konnte. Es zeigte sich, dass die NKB zu grosszügig Geld zur Verfügung gestellt hatte, und dies sollte jetzt auch für die Bank gravierende Folgen haben.

Das Fiasko
Bis zur Pensionierung eines von 1960 bis 1978 amtierenden Bankdirektors versuchte man den Mantel des Schweigens um die Geschäfte zu hüllen. Noch im Sommer 1977 hielt Finanzdirektor, Regierungsrat Paul Niederberger, seines Zeichens auch Bankratspräsident, vor dem Landrat eine Lobrede auf diesen Bankdirektor. Bei der Behandlung der NKB-Rechnung für 1977 wurde das Fiasko sichtbar. Der Revisionsbericht der Revisa Treuhand AG hielt fest: zu grosszügi­ge Kreditgewährung, Verstoss gegen das Gesetz über die NKB, zu grosse Gewinnausschüttung an die Staatskasse.

Zwei Monate später musste der Landrat über eine 18-Millionen-Sanierung der NKB sprechen. Landrat Hugo Waser (FDP) monierte, der Landrat sei über Jahre hinweg falsch ins Bild gesetzt worden. Und Landrat Elmar Wohlgensinger (FDP) gab zu Protokoll: Die Organisation der NKB sei überaltert gewesen, wenn überhaupt von einer Organisation gesprochen werden könne; die Kreditvergabe sei grosszügig oder gar zu grosszügig gewesen; die Verluste seien tragisch und bedauerlich.

Offensichtlich hatte auch das Aufsichtsgremium über die Staatsbank seine Verantwortung nur bedingt wahrgenommen. Die Aspekte der Arbeitsplatzerhaltung und Wirtschaftsförderung wurden so stark gewichtet, dass man darob beinahe vergessen hatte, die NKB gesund zu halten. Immerhin zog man sowohl beim Gesetzgeber wie auch bei der NKB die richtigen Lehren aus der Krise. Bankintern wurde eine professionelle Kredit­abteilung aufgebaut. Der Gesetzgeber seinerseits revidierte das NKB-Gesetz und entband das Bankinstitut von der Aufgabe der Wirtschaftsförderung. Zusammen mit einer neuen Direktion fand die Bank ab 1980 den Weg zurück in ruhige Gewässer.

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