25 Jahre «KMU-Magazin»

Meilensteine im Rückblick

Wie Apple die Handy-Welt ­revolutionierte

2007 Mit dem ersten iPhone im Jahr 2007 veränderte Apple nicht nur die Handy-Welt, sondern die gesamte mobile Nutzung. Abzusehen war das damals nicht. Denn funktional war das iPhone noch sehr eingeschränkt. Vergleicht man nur die Features, war ­beispielsweise der Nokia Communicator E90, der im selben Jahr erschien, dem iPhone haushoch überlegen.

Apple setzte allerdings auf zwei Kernfunktionen, die von der Konkurrenz unterschätzt wurden: ein grosses und gut funktionierendes Touch-Display mit Verzicht auf Knöpfe zur Bedienung (Ausnahmen: Home-Button, Lautstärke-Tasten und Power-Button) und ein sehr einfach gestaltetes System, das auf die Bedienung per Finger ausgelegt ist. Apple konzen­trierte sich daher insgesamt mehr auf Emotionen, die das Gerät auslösen sollte, anstatt auf Funktionen. Im Nachhinein betrachtet ein cleverer Schachzug.


Pioniere

Die Geschichte der Smartphones begann nicht erst mit dem iPhone 1, sondern schon mehr als zehn Jahre vorher. Bereits Mitte der 1990er-Jahre kamen erste Mobiltelefone auf den Markt, die mehr auf dem Kasten hatten als die rein sprachliche Kommunikation. Besonders hervorzuheben ist hier Nokia, die mit der Communicator-Reihe den geistigen Vorreiter heutiger Smartphones auf den Markt brachten. Das darauf laufende Betriebssystem PEN/GEOS 3.0 ermöglichte etwa den Austausch von E-Mails und sogar den Zugang zum Internet per Browser. Ver­glichen mit heute war der Zugang aber stark eingeschränkt und gähnend langsam (9,6 kbit/s beim Nokia 9000).

Die Geräte selbst waren aufklappbar und mit einer vollwertigen Tastatur ausgestattet. Von aussen sahen sie hingegen wie (damals) normale Mobiltelefone mit Wähltasten aus. Allgemein funktionierte die Steuerung komplett per Tasten, denn Touch gab es damals so noch nicht. Etwas anders waren die PDAs (Personal Digital Assistant), die sich per Stift be­dienen liessen.


Jobs’ grosser Auftritt

Am 9. Januar 2007 betrat ein Mann mit schütterem grauem Haar, einem schwarzen Rollkragenpullover und einer leicht ausgewaschenen Blue-Jeans eine Bühne in San Francisco und erschütterte die Grundfesten des damaligen Handy-Marktes. Es war Apple-Mitbegründer Steve Jobs, der bei der Technik-Messe Macworld eigentlich nur das neue Apple TV zeigen sollte. Doch er hatte eine Überraschung dabei: das iPhone 1, auch iPhone 2G genannt. Er startete die Präsentation mit den Worten: «Das ist ein Tag, auf den ich mich zweieinhalb Jahre lang gefreut habe. Hin und wieder kommt ein revo­lutionäres Produkt, das alles verändert.»

Genau das sollte die Funktionen des iPods, eines Mobiltelefons und eines Internet-Geräts vereinen. Statt drei Geräte war also nur noch eins notwendig. Be­sonders wichtig war dabei: Apple wollte auf die Tasten-Bedienung der bisherigen Smartphones verzichten. Statt derer sollte es ein Bedienkonzept geben, das sich immer der aktuellen Anwendung anpasst. Das Unternehmen löste das mit Multi-Touch. Ein (für damalige Verhältnisse) grosser 3,5-Zoll-Bildschirm, der sich mit den Fingern steuern lässt. An der Front gab es nur einen einzigen Knopf, nämlich den Home-Button. Dieser führte immer zurück ins Hauptmenü, egal aus welcher Anwendung heraus. Tastatur, Steuerelemente und mehr waren nur noch Einblendungen auf dem Display.
 
Wobei die nur bedingt notwendig waren, denn ein grosser Teil des Betriebssystems liess sich durch Gesten steuern. Das hörte damals übrigens noch nicht auf den Namen iOS, sondern auf «iPhoneOS». Die Abkürzung kam erst viel später mit Version 4.0. Zum Start noch nicht verfügbar war der App Store, der erst Mitte 2008 öffnete und das Herunterladen zahlreicher Programme erlaubte.

Mit dem iPhone 3G führte Apple 2008 nicht nur Version zwei des damals noch iPhone OS genannten Systems ein, sondern auch eine Infrastruktur, die die mobile Nutzung nicht weniger verändern sollte als das Touch-Display der ersten Generation: den Apple App Store. Anwendungen auf einem Smartphone zu installieren, war damals nichts wirklich Neues, ­unter Windows Mobile ging das zu dieser Zeit schon lange, aber nie zuvor klappte es so einfach und bequem. Technisch hat sich im Vergleich zum 2G allerdings nur wenig getan.


Schweizer Import

Das iPhone gab es in den USA nur bei Netzbetreiber AT&T, in Deutschland war es ab Anfang November 2007 auch er­hältlich, aber dort nur in Kombination mit einem Vertrag der Telekom für zwei Jahre. In der Schweiz gab es die erste Generation des neuen iPhones noch gar nicht ­offiziell zu kaufen; die Swisscom ­einigte sich mit Apple erst für die zweite Ge­neration auf einen Deal. Im Frühjahr wurde das bekannt, ab Juli 2008 war das Apple-Gerät dann offiziell zu kaufen. Dank dem heiss begehrten iPhone konnten Kunden zu einem teuren Swisscom-Abo mit 24 Monaten Laufzeit «mo­tiviert» werden.

Die Digitec-Gründer, Oliver Herren und Florian Teuteberg, wollten 2007 nicht warten, bis das iPhone dann irgendwann mal in die Schweiz kommen sollte, aber das nur bei der Swisscom. Sie setzten Hebel in Bewegung. Welche genau das waren, wissen sie nicht mehr im Detail. Eine Schlüsselrolle spielte ein Trader namens Mino, der für Digitec einkaufte. «Er hatte die Idee und die Möglichkeiten», sagt Florian Teuteberg, heute CEO von Digitec Galaxus. Eingekauft hat er die iPhones in den Vereinigten Staaten, in den Vereinigten Arabischen Emiraten, in Hongkong oder auch in Israel, wie Oliver Herren, heute Chief Innovation Officer, erklärt.

Das Problem im Jahr 2007 war, dass Apple wegen der Vereinbarungen mit den Mobilfunkbetreibern einfach keine Geräte in die Schweiz liefern wollte. Die Kooperationen waren für beide Seiten zu lukrativ. Es hatte deshalb etwas von Hinterhof-Haschisch-Handel, wenn man in den Monaten vor dem offiziellen Verkaufsstart an ein iPhone kommen wollte. Die ersten Apple-Jünger fuhren wie zum Beispiel der Internet-Unternehmer Peter Hogenkamp im dunklen November über die Grenze nach Deutschland. In einem Telekom-Geschäft, die hiessen damals «T-Punkt», holte er sich ein iPhone ohne Vertrags­bindung. 

Erst kurz zuvor war per einstweiliger Verfügung entschieden worden, dass die Telekom auch iPhones ohne SIM-Lock verkaufen durfte. Und musste. Die Smart­phones, die Digitec 2008 besorgen konnte, waren ebenfalls «unlocked» und für den Verkauf in der Schweiz mit einem Mo­bilfunkvertrag von Sunrise ausgestattet.