Die Autoren Achleitner/Thommen beschreiben in ihrem Buch «Allgemeine Betriebswirtschaftslehre» (6. Auflage, Wiesbaden: Gabler) die strategischen Erfolgspositionen aus der Sicht der Unternehmensfunktion wie folgt:
› die Fähigkeit, durch laufende Innovationen schneller als die Konkurrenz neue, überlegene Produkte auf den Markt zu bringen
› die Fähigkeit, überlegene Beschaffungsquellen zu erschliessen und zu sichern
› die Fähigkeit, effizienter und kostengünstiger als die Konkurrenz zu produzieren
› die Fähigkeit, die bestqualifizierten Mitarbeiter zu rekrutieren und zu halten
› die Fähigkeit, bestimmte Distributionskanäle am besten zu erschliessen und zu besetzen (z. B. Direktvertrieb).
Schaut man sich diese Fähigkeiten genauer an, erkennt man, dass bei mindestens drei dieser zentralen Fähigkeiten der Einkauf einen wesentlichen Erfolgsbeitrag leisten kann.
Fähigkeit, durch laufende Innovationen schneller als die Konkurrenz neue, überlegene Produkte auf den Markt zu bringen.
Der Einkauf kann in seiner Rolle als Schnittstelle zur «Aussenwelt» einen bedeutenden Beitrag in Sachen Innovation leisten. Als Marktkenner und Beziehungsmanager gestaltet er Informationsflüsse, gibt Impulse und trägt wichtige Trends aus dem Markt in das Unternehmen. Davon profitiert das Unternehmen, wenn es diese Schnittstelle zum Beschaffungsmarkt nutzt und die Potenziale in einer offenen und guten Kunden-Lieferanten-Beziehung erkennt. Mehr zu den Möglichkeiten, die der Einkauf als Innovator hat, folgen im zweiten Teil dieser Artikelreihe.
Fähigkeit, überlegene Beschaffungsquellen zu erschliessen und zu sichern
Unbestritten ist die klassische Kernaufgabe des Einkaufs. Überlegene Beschaffungsquellen zu suchen und zu finden, gehört zum Haupthandwerk guter Einkäufer. Wobei hier immer zu entscheiden ist, was «überlegen» bedeutet. Einmal ist der Fokus auf die Fähigkeit gerichtet, Lieferanten zu finden, die ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Dienstleistung zu den tiefsten Kosten anbieten. Ein andermal steht die Verlässlichkeit und die Fähigkeit zur intensiven technischen Zusammenarbeit im Vordergrund. Wieder anders ist die Zusammenarbeit mit kreativen und hochinnovativen Unternehmen zu gestalten. Ein Einkäufer muss erkennen, welche Art der Zusammenarbeit am gewinnbringendsten ist und wie diese Beziehung gestaltet werden kann. Oftmals ein Hochseilakt, bei dem akrobatische Fähigkeiten im Sinne der Verhandlungstechnik und Kommunikationsgestaltung gefragt sind. Der Einkäufer bringt Menschen zusammen und sorgt dafür, dass diese Zusammenarbeit positive Ergebnisse für das Unternehmen ermöglicht.
Fähigkeit, effizienter und kostengünstiger als die Konkurrenz zu produzieren
Dass diese Fähigkeit durch den Einkauf geprägt werden soll, ist nicht unmittelbar erkennbar. Aber schauen wir uns das Produktionsumfeld an: Mittlerweile haben viele Unternehmen erkannt, dass eine Optimierung der Produktionsschritte oder der unternehmensinternen Abläufe nicht mehr ausreicht, um die veränderten Marktanforderungen zu erfüllen. Vielmehr ist es notwendig, den Schwerpunkt auf eine unternehmensübergreifende Zusammenarbeit zu verlagern und auf diesem Weg eine kostenoptimierte Integration von Zulieferern, Produzenten, Handel und Logistik-Dienstleistungsanbietern zu erreichen.
Unternehmen streben kontinuierlich danach, die Produktionskosten zu senken – Outsourcing hat sich als weitverbreitete Massnahme etabliert. Um eine effiziente Koordination zwischen den Lieferanten und Zulieferern zu gewährleisten, brauchen die Unternehmen zweckmässige Prozesse. Es gilt, die Logistikprozesse intelligent zu gestalten und laufend zu optimieren. Dies beinhaltet den Aufbau von Beschaffungsnetzwerken, Produktionswerke und ein Überdenken der Prozessabläufe. Solche logistischen Netzwerke zu managen ist eine hochkomplexe und spannende Aufgabe – auch des Einkaufs. Oftmals erfolgt dies in enger Zusammenarbeit mit der Produktion und je nach Ausprägung werden sie bis hin zum Kunden gestaltet. Der Einkauf sieht sich hier in einer vermittelnden Rolle zwischen Kundenanforderungen, internen Prozessen und externen Leistungserbringern. Je schlanker und effizienter er diese Netzwerke gestaltet, desto kostengünstiger kann das Unternehmen seine Produkte dem Kunden bereitstellen.