Nachfolge als unternehmerische Chance verstehen

Dass gut laufende Unternehmen von ihren Besitzern altershalber, aus gesundheitlichen oder andern Gründen verkauft werden, ist alltäglich. Oft findet sich in den Reihen der eigenen Mitarbeiter keine geeignete Unternehmerpersönlichkeit, oder die erforderlichen finanziellen Mittel fehlen. Und selbst bei klassischen Familienbetrieben ist es heute – bedingt durch den gesellschaftlichen Strukturwandel – nicht mehr selbstverständlich, dass Kinder in die Fussstapfen ihrer Eltern treten.

Ein gesundes Unternehmen lässt sich heute meistens gut verkaufen, so dass die Arbeitsplätze und der Wert der Firma erhalten bleiben. Voraussetzung ist allerdings, dass dieser höchst sensible Schritt in der Firmengeschichte rechtzeitig geplant und mit der nötigen Sorgfalt umgesetzt wird. Insbesondere gilt es, die effektive Substanz eines Unternehmens zu erkennen und mit geeigneten Massnahmen im Prozess des Besitzerwechsels zu bewahren. Und nicht zuletzt muss auch die Chemie zwischen Unternehmen und Käufer stimmen, wenn Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden des Unternehmens die neue Lösung akzeptieren und ihre mittelfristigen Vorteile erkennen sollen.

Nutzen im Vordergrund

Vorausschauendes Handeln ist eine Fähigkeit, die den erfolgreichen Unternehmer zwar ein Arbeitsleben lang begleitet, oft aber frühzeitig, nämlich vor der Regelung seiner Nachfolge, endet. Gewiss ist es nicht angenehm, sich von seinem Lebenswerk zu trennen, den Verlust von Verantwortung, Prestige oder Macht zu verkraften. Aber der Verkauf des eigenen Unternehmens sollte mit derselben Begeisterung betrieben werden wie seine Gründung. In der Schweiz stehen jährlich Tausende Unternehmer vor dieser Aufgabe.

Wenn der Nutzen für das Unternehmen im Vordergrund steht, stimmt am Ende auch für beide Seiten der Preis. Der Aufwand für eine gut geregelte Nachfolge sollte allerdings nicht unterschätzt werden. Insbesondere bei Unternehmen, die hoch spezialisiert in einer Marktnische operieren, kann sich die Suche nach einem geeigneten Nachfolger aufwendig gestalten. Und überstürzte Entscheidungen, etwa im Fall von Krankheit, familiärer Interessenskonflikte oder Pensionierung, wirken sich nicht nur ungünstig auf den Verkaufspreis aus, sondern können am Ende womöglich die Zukunft des Unternehmens gefährden.

Kauf günstiger

Für den Käufer erweist sich der Erwerb einer bestehenden Firma oft als weit günstiger, als die Gründung und der langjährige Aufbau eines eigenen Unternehmens. Dessen war sich zum Beispiel Hans-Ruedi Birchmeier bewusst, als er letztes Jahr ein namhaftes Unternehmen aus der Textilbranche übernahm.

Die in Basel ansässige Schlegel & Co. AG wünschte sich ihrerseits zur Regelung der Altersnachfolge, ihr Geschick in die Hände eines begabten Kaufmanns oder Textilfachmanns mit kaufmännischer Zusatzausbildung zu legen. Schlegel & Co. AG ist ein traditionsreiches Unternehmen, das seit 1932 den Handel mit Dekorationsstoffen sowie deren Konfektion betreibt. Mit einem grossen Kundenstamm in den Bereichen Messestandbau, Theater, Film und Fernsehen ist sie die Schweizer Marktführerin im Segment Textildekoration. Nichtsdestotrotz herrscht in der Branche starker internationaler Konkurrenzdruck, der zum Zeitpunkt des Verkaufs einen hohen Innovations- und Investitionsbedarf des Unternehmens aufzeigte. Um die Arbeitsplätze zu erhalten und damit den Wünschen des scheidenden Firmeninhabers zu entsprechen, bedurfte es des Ausbaus der unternehmerischen Aktivitäten. Trotzdem war die Schlegel & Co. AG mit ihren erstklassigen Quellen und langjährigen Lieferantenbeziehungen für Hans-Ruedi Birchmeier attraktiver als der langwierige Aufbau einer eigenen Firma.

Oberstes Gebot: Diskretion

In vielen Fällen ist der Beizug eines externen Beraters sinnvoll. Er arbeitet dezent und diskret im Hintergrund, während sich der Unternehmer weiterhin voll und ganz auf sein Kerngeschäft konzentrieren kann. Auch der objektive Blick von aussen kann nützlich sein, weil nur ein Externer in der Lage ist, ein Unternehmen emotional unbelastet zu bewerten und dem passenden Käufer den richtigen Eindruck zu vermitteln. Übereifrige Treuhänder oder Banker sind in diesem Geschäft fehl am Platz. Wer aber die Bedürfnisse von Verkäufern und Käufern zu treffen versteht, kann jederzeit noch gemeinsam einen Kaffee trinken.

Detailliert prüfen

Eine Nachfolgeregelung sollte frühzeitig geplant werden, und es ist sinnvoll, zunächst verschiedene Alternativen durchzuspielen. Soll die Firma verkauft oder nur ein Geschäftsführer eingesetzt werden? Bleibt der Eigentürmer bzw. ehemalige Eigentümer in irgendeiner Form aktiv, etwa im Verwaltungsrat des Unternehmens? Um die persönliche Vermögensanlage zu sichern und sich unbelastet einem neuen Lebensabschnitt zuwenden zu können, fällt die Entscheidung meist für den Verkauf. Dieser erfordert zunächst einige praktische Regelungen, wie etwa das operative vom nicht betriebsnotwendigen Vermögen zu trennen und Letzteres dem Unternehmen zu entnehmen oder die private und geschäftliche Steuersituation mit den Steuerbehörden zu klären.

Wenn ein externer Spezialist den Verkauf vorbereitet, prüft er zunächst die Bilanzen, Vermögenswerte und Verträge, ermittelt den Wert des Unternehmens und erstellt ein Firmendossier sowie einen Verkaufsplan. Entscheidend für eine diskrete Verkaufspolitik ist ein umfassendes Kommunikationskonzept für Kader, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Banken, Behörden, Medien und Dritte. Die Verkaufsmotive sind für den Berater die grundlegende Information, um einen Käufer mit möglichst deckungsgleichen Kaufmotiven zu finden. Nicht selten beginnt die Suche nach einem Nachfolger bei den Mitarbeitern, bevor das Firmenprofil mit der internen Datenbank der Beratungsagentur abgeglichen und im seltenen Fall als Blindprofil in einer Zeitung inseriert wird. Passen die Motive eines Kaufinteressenten zu den Motiven des Verkäufers, unterschreibt der Interessent eine Vertraulichkeitserklärung, bevor er Einblick in das Firmen­dossier erhält. Zudem muss er sich einer Bonitätsprüfung unterziehen und den Berater mit einem Businessplan von seinen unternehmerischen Fähigkeiten überzeugen. Bei Bedarf übernimmt das Beratungsunternehmen auch die Finanzierungsbegleitung für den Käufer und schlussendlich gewährleisten lückenlose Verträge einen sauberen Schnitt bei der Firmenübergabe.