«Kommunikation und Performance-Management verbessern»
Hans Münch, im Gespräch mit dem «KMU-Magazin», über Mitarbeiterengagement, Wettbewerbsfähigkeit und die Balance zwischen Arbeit und Privatleben.
Herr Münch, die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) verzeichnen im Gegensatz zu Europa hohes Wirtschaftswachstum. In der Schweiz wächst die Wirtschaft viel langsamer. Sind die Mitarbeitenden in den BRIC-Ländern engagierter als bei uns?
Ja, grundsätzlich sind in den Schwellenländern und in den «lesser developed countries» die Mitarbeiter etwas stärker motiviert, wie die aktuelle Global Workforce Study von Towers Watson zeigt.
Immer mehr Menschen arbeiten in der Schweiz Teilzeit und das Thema Work-Life-Balance ist in aller Munde. Hat dies einen Einfluss auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz?
Das hat sicher einen gewissen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den Staaten in Asien, deren Mitarbeiter eine gute Work-Life-Balance noch nicht so sehr einfordern können oder wollen. Gegenüber anderen Staaten in Europa spielt dies aber wohl keine wesentliche Rolle, da die Produktivität und die Gestaltungsmöglichkeiten des weniger regulierten Arbeitsmarkts der Schweiz (noch) einen Vorsprung geben.
Die Arbeitnehmer in der Schweiz legen heute mehr Wert auf Arbeitsplatzsicherheit und eine gute Grundvergütung als in früheren Jahren. Liegt darin ein eigentlicher Trendwechsel?
Der ausgeprägte Wunsch nach «Grundversorgungssicherheit» ist neu. Mitarbeiter wollen – angesichts der volatilen wirtschaftlichen Entwicklung in Europa – heute eher den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Ob sich daraus eine langfristige Präferenz entwickelt, wird stark von der Entwicklung der Weltwirtschaft abhängen.
Rund die Hälfte der Schweizer Arbeitnehmer ist im Job nicht engagiert. Wäre eine Trennung nicht für beide Seiten besser? Oder gibt es Möglichkeiten, die Situation noch zu retten?
Eine Trennung ist in den allermeisten Fällen nicht notwendig. Oft ist es ausreichend, wenn Unternehmen erst einmal mit ihren Mitarbeitern reden und ihnen die Ziele, Werte und die Strategie der Firma noch einmal erläutern. Durch eine verbesserte Kommunikation und besseres Performance-Management lassen sich viele Mitarbeiter wieder motivieren. Gerade hier besteht – insbesondere in KMU – noch Nachholbedarf.
Ist das Streben nach immer mehr Leistung aus gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Sicht überhaupt wünschenswert, wenn wir an die Zunahme von Burnouts denken?
Solange die Ansprüche unserer Gesellschaft weiter ansteigen, ist Wachstum unabdingbar. Zudem ist das Streben nach Leistung an sich nichts Schlechtes. Wichtig ist, dass es nicht zu übermässiger Verausgabung führt. Das Berufsleben ist eher ein Marathon als ein Sprint – dementsprechend gilt es, die Arbeitsenergie bewusst und reflektiert einzusetzen und für Regenerationsmöglichkeiten zu sorgen. Unternehmen sollten daher die Work-Life-Balance ihrer Mitarbeiter fördern und prüfen, ob die eigene Unternehmenskultur Leistung ausreichend anerkennt. Und Mitarbeiter sollten sich frühzeitig melden, wenn sie merken, dass ihnen langsam die «Luft» ausgeht, damit die notwendigen Schritte eingeleitet werden können.
Was sollten Unternehmen tun, wenn sie die besten Arbeitskräfte auf dem Markt anziehen wollen?
Einen spannenden Job mit Entwicklungsmöglichkeiten anbieten und den Kandidaten kommunizieren, dass die Unternehmung auch in der Krise ein sicheres Geschäftsmodell hat. Ausserdem muss das Vergütungspaket stimmen und das Arbeitsumfeld sollte den Ansprüchen der gesuchten Talente entsprechen.
Ein wichtiger Faktor für das Mitarbeiterengagement sind die direkten Vorgesetzten und das Top Management. Wie schneiden hier die Schweizer Unternehmen im internationalen Vergleich ab?
Das Management bekommt überall keine allzu guten Noten, fragt man die Gesamtbelegschaft. Positiver sind allerdings Nachwuchstalente und Leistungsträger gestimmt – in ihren Augen schneidet die Unternehmensleitung besser ab. Die Schweizer sind insgesamt etwas kritischer als die Kolleginnen und Kollegen in anderen Ländern, was aber auch dem Schweizer Naturell entspricht. Nur bei der Kostenkontrolle geben die Schweizer ihren Chefs bessere Noten.
Welchen Tipp geben Sie einem KMU, welches das Mitarbeiterengagement erhöhen möchte?
Mitarbeiter arbeiten engagiert, wenn sie wissen, wofür sie arbeiten, wenn ihr direkter Vorgesetzter sie unterstützt und wenn die Balance zwischen Arbeit und Privatleben stimmt. Wenn das KMU also die Führungskompetenz von Unternehmensleitung und Middle Management systematisch ausbaut, seinen Mitarbeitern die Ziele und Werte des Unternehmens verständlich nahe bringt und die Stressbewältigung und Work-Life-Balance verbessert, hat es schon vieles richtig gemacht.