Kommunikation – ein oft vergessener Erfolgsfaktor

Der Patron steht wenige Jahre vor seiner Pensionierung. Für sein gut laufendes Unternehmen will er rechtzeitig seine Nachfolge regeln. Da er die Firma schon von seinem Vater übernommen und stark ausgebaut hat, möchte er sein Lebenswerk am liebsten in die Hand seiner Kinder legen. Doch weder sein Sohn noch seine Tochter haben bisher im Betrieb mitgearbeitet. Das wirft in der Firma Fragen auf wie: Sind sie geeignet? Wird ihnen der Vater freie Hand lassen? Oder wird er auch nach der formellen Übergabe seinen Einfluss auf die Geschäftsleitung ausüben? Welche Absichten hegen die neuen Besitzer für die Zukunft?

Auf diese und ähnliche Fragen stossen die Finanzexperten und Kundenberater der Berner Kantonalbank oft bei kleinen und mittelgros­sen Unternehmen, die vor der Nachfolgeregelung stehen. Ablösungen in der Unternehmensführung bewegen nicht nur die Mitarbeitenden, sondern auch die Kapitalgeber. Dazu die Lieferanten, Kunden, Sozialpartner und oft auch die Eignerfamilie selber. Je nach volkswirtschaftlicher Bedeutung des Unternehmens ist auch das politische Umfeld an der Nachfolgeregelung interessiert.

Unsere Erfahrung in der Begleitung von KMU bei Nachfolgeplanungen zeigt: Den rechtlichen Fragen, den steuerlichen Auswirkungen und der Finanzierung wird hohe Priorität eingeräumt. Demgegenüber wird der Kommunikation öfters weniger Beachtung geschenkt. Zumindest zu Beginn. Die kommunikative Abwicklung eines Nachfolgeprozesses gehört zu den Schlüsselfaktoren für den Erfolg. Damit lassen sich schwierige Situationen meistern, die sonst zum Scheitern der Nachfolgeplanung führen können. Fehlende oder mangelhafte Kommunikation erschwert den Wechsel enorm, sie kann ihn sogar verhindern.

Nachfolgeprozesse sind nicht nur komplex, sondern auch emotional. Änderungen in der Unternehmensführung sind immer von Unsicherheiten begleitet, vor allem bei KMU, in denen der «Patron» Herz und Seele des Unternehmens ausmacht. So wollen die Stakeholder möglichst rasch wissen, wie die Pläne der neuen Führung aussehen. Sie brauchen Informationen, um ihr Risiko abzuschätzen und ihre künftigen Investitionen zu planen. Lieferanten wollen ermessen können, wie liquide das Unternehmen in Zukunft sein wird. Für sie geht es in erster Linie um die Sicherstellung der Ausstände, in zweiter Linie um die Weiterführung oder Erneuerung von Lieferverträgen. Kunden wollen wissen, ob sie weiterhin mit dem gewohnten Service rechnen können. Ist die Kommunikation schlecht, kann es leicht geschehen, dass Investoren misstrauisch werden und ihr Engagement zurückfahren, dass Lieferanten Zahlungsfristen kürzen oder Kunden abspringen. Schlechte Kommunikation kann sich letztlich negativ auf den Wert des Unternehmens auswirken.

Auf den Unternehmenswert drückt auch der Verlust an Know-how, wenn wichtige Mitarbeitende und Kaderleute abspringen. Für die Mitarbeitenden ist jeder Chefwechsel mit der Unsicherheit über den Erhalt ihres Arbeitsplatzes verbunden. Auch sie wollen wissen, wie die Zukunftspläne der neuen Führung aussehen, ob sie das Unternehmen restrukturieren will, ob es zu Entlassungen kommt, ob Abteilungen zusammengelegt oder aufgetrennt werden, oder ob ganz einfach, der eigene Arbeitsplatz und die Karrieremöglichkeiten auch unter dem künftigen Chef bestehen bleiben.

Dagegen können mit geschickter Kommunikation Aufbruchstimmung erzeugt und neue Energien freigesetzt werden. Dies ist die beste Starthilfe für die neue Unternehmensführung. Nachfolgekommunikation soll vor allem Sicherheit und Kontinuität vermitteln. In diesem Sinn gehört es zum Ziel der Kommunikation, dem neuen Chef oder der neuen Chefin eine eigene Identität zu geben, ihn aus dem Schatten des Vorgängers herauszulösen. Nachfolgeprozesse müssen deshalb kommunikativ intensiv begleitet werden. Ziele, Erwartungen, Perspektiven, Visionen und Zukunftspläne des Nachfolgers sind ebenso wichtige Informationen wie seine bisherigen Leistungen, seine Management-Erfahrung, Branchenkenntnisse oder Beziehungsnetz.

Auf die Kommunikation von Nachfolgeprozessen spezialisierte Experten weisen allerdings darauf hin, dass die Herausforderungen grösser sind als sonst. Die klassische Unternehmenskommunikation ist in der Regel ergebnisorientiert: Sie informiert über Resultate, Neuerungen, Veränderungen. Informiert wird, wenn die Fakten auf dem Tisch liegen und die Pläne klar sind, wenn die Inhalte das Unternehmen in ein positives Licht rücken, für die Geschäftstätigkeit relevant oder – wie bei börsenkotierten Unternehmen – gesetzlich vorgeschrieben sind. Viele Unternehmen beschränken sich daher auch bei der Nachfolgeregelung auf die für die Geschäftstätigkeit unmittelbar wichtigen Informationen. Doch das reicht nicht.

Eine Nachfolgeregelung ist ein Prozess, der einen Zeitraum über mehrere Jahre beansprucht. Er besteht aus vielen Prozessschritten, von der Situationsanalyse über die Entwicklung von Nachfolgeszenarien und die Suche nach dem Nachfolger bis zum Vertragsabschluss und der Geschäftsübergabe, gefolgt von der Phase der Einführung.

In Fachkreisen spricht man von der Prozesskommunikation, einer anspruchsvollen Disziplin. Sie tritt an die Stelle der Ergebniskommunikation mit dem Ziel, Vertrauen zu schaffen und die Erwartungen zu fokussieren. Denn je unmissverständlicher die Absichten des zurücktretenden Patrons einerseits sowie des Nachfolgers andererseits sind, desto besser können falsche Hoffnungen oder Befürchtungen ausgeräumt werden. Und je früher dies geschieht, desto mehr Zeit ist vorhanden, um allfällige Friktionen zu erkennen, Unstimmigkeiten zu beheben, Emotionen zu bewältigen und Ängsten zu begegnen.

Die Prozesskommunikation setzt möglichst früh ein. Im Idealfall schon beim Entschluss, die Unternehmensnachfolge regeln zu wollen. Hier geht es vor allem darum, klare Signale zu setzen. Die Schwierigkeit besteht darin, dass vorerst nur die Absicht vermittelt werden kann und noch kaum Ergebnisse. Das muss gut begründet werden. Unsere Erfahrung aus zahlreichen Ablöseprojekten, die wir begleitet haben, zeigt, dass Mitarbeitende selbst in schwierigen Situationen ruhig bleiben, wenn sie die Beweggründe kennen. Patrons, die kommunizieren, dass sie sich mit der Nachfolgeregelung befassen und dass sie ihr Lebenswerk in gute Hände legen wollen, schaffen Vertrauen. Auch wenn sie vielleicht erst in zwei Jahren offiziell einen Nachfolger ernennen.

Prozesskommunikation muss demnach auch offenlegen, wenn Fragen nicht geklärt sind, und angeben, bis wann welche Etappen erreicht werden sollen. Werden diese Zwischenziele verfehlt, muss auch das mit einer Begründung kommuniziert werden. Heikel ist dabei die Entscheidung, wer zu welchem Zeitpunkt über welche Themen informiert werden soll.