Wer sich für den Rémy Martin Louis XIII Black Pearl aus dem gleichnamigen Hause entscheidet, setzt auf die sprichwörtliche Qualität des Edeltropfens. Vom Anbau über die Ernte, die Destillierung und die Lagerung ist der gesamte Prozess konsequent darauf ausgerichtet. Anders gesagt: Bei einem Cognac aus der Rémy-Kellerei weiss der Kunde sofort, was er bekommt.
Anforderungsprofil mit Lücken
Das wüssten auch jene Unternehmen gerne, die den Posten des CEO zu besetzen haben. Dabei gehören vordefinierte Auswahlprozesse und komplexe Evaluationsschemata vielerorts wie selbstverständlich zum guten Ton und bilden die solide Basis für ihre Rekrutierungsprozesse: Drei, vier oder sogar fünf Treffen mit den Kandidaten, mehr oder weniger strukturierte Interviews, die sich um Themen wie Lebenslauf, Zeugnisse, Diplome und die gegenseitigen Ziele und Erwartungen drehen. Danach das ausgefeilte Assessment, eine letzte ausführliche Frage- und Antwortrunde sowie das delikate Lohngespräch, bevor dann die «erspriessliche» Zusammenarbeit beginnen kann – für die nächsten zwei, drei oder vielleicht gar vier Jahre.
Was für grosse Unternehmen und Konzerntöchter bei der Besetzung von Top-Positionen angehen mag, ist für kleinere und mittlere Familienunternehmen jedoch ein absolutes No-Go. Hier genügt es nicht, bloss für ein paar weitere Jahre die «ideale» Führungsposition besetzt zu wissen. Es geht um wesentlich mehr, und zwar zeitlich, wirtschaftlich, gesellschaftlich, ideell, sozial, finanziell und damit existenziell. Deshalb kommt der Qualitätskontrolle von Kandidaten, um den Evaluationsprozess mal so zu nennen, eine weit grössere Bedeutung zu, als gemeinhin angenommen wird. Dennoch oder gerade deswegen sind Fehlbesetzungen alles andere als ausgeschlossen. Doch was sind die Gründe?
Schauen wir uns zunächst ein Beispiel an, wie es sich so oder ähnlich ereignet haben mag. Auf den ersten Blick scheint alles zu passen. Der Nachfolger entspricht dem ausbalancierten und präzise formulierten Anforderungsprofil: Führungserfahren, C-Level im Konzernumfeld, Ingenieur mit Zusatzausbildung in der Kunststofftechnik, technische Hochschule, internationale Einsätze, eindrücklicher betriebswirtschaftlicher Background, 35 bis 45 Jahre alt, hervorragend vernetzt, kulturell engagiert, hoch motiviert, unternehmerisch denkend, belastbar, offen, ausgezeichneter Kommunikator, erstklassiger Verkäufer – und so weiter und so fort. Und in der Tat: Der Kronfavorit ist ein weitum bekannter Name, gilt – glaubt man den Zeugnissen und Referenzen – als zielstrebig und erfolgreich, verfügt über ausgesprochenes Organisationstalent, kann ausnehmend gut führen und kommt selbstbewusst, redegewandt und weltoffen rüber. So gesehen also der perfekte Nachfolger vor dem Hintergrund eines noch perfekteren Profils.
Fehlentscheidung mit Folgen
Doch die Freude und der Stolz des Patrons über die «ausgezeichnete» Nachfolgelösung sind von kurzer Dauer. Keine zwei Jahre später kauft er das Unternehmen, das es in den letzten dreissig Jahren immerhin zum Marktführer in der Kunststoffverarbeitung gebracht hat, in einer Art Notverfahren von seinem Nachfolger zurück. Erhebliche Unruhen in der Belegschaft, die abrupten Abgänge gleich mehrerer Schlüsselleute, reihenweise unzufriedene Kunden, in der Folge einbrechende Umsätze, dramatisch verschlechterte Quartalsergebnisse sowie nachgerade explodierende betriebliche (und vor allem nichtbetriebliche) Kosten drohten, das Unternehmen nach nur gerade vierundzwanzig Monaten in existenzielle Nöte zu bringen.
Was ist passiert? Der alte Chef findet klare Worte: Fehlendes unternehmerisches Verständnis, mangelnde Führungsqualitäten, weder bei der Führung noch bei Mitarbeitenden oder Kunden und Lieferanten akzeptiert, fehlerhafte operative und strategische Entscheide, offenkundige persönliche und familiäre Probleme, leidet an erheblicher Selbstüberschätzung, ist keineswegs einsichtig – und betrachtete das Unternehmen ausserdem als persönlichen Selbstbedienungsladen. Trotz hervorragender Profilkongruenz. Ende der Durchsage.