Viele Unternehmen, die das sogenannte Lean-Management einführen, sammeln die Erfahrung, dass die ergriffenen Initiativen zwar kurzfristige, jedoch keine nachhaltigen Erfolge zeigen. Und häufig schlafen die Lean-Programme nach einiger Zeit auch wieder ein, mit der Folge, dass sich erneut
- die Prozesse verschlechtern,
- hohe Qualitätsschwankungen auftreten und
- die Verschwendung steigt.
Deshalb führte das Beratungsunternehmen Kudernatsch Consulting & Solutions 2016 zum zweiten Mal nach 2014 eine Studie zum Lean-Reifegrad von Unternehmen durch. Untersucht wurde, inwieweit sich eine Lean- und Lean-Leadership-Kultur in den Unternehmen, die Lean-Management in ihrer Organisation eingeführt haben, verankert hat und wie hoch deshalb ihr Lean-Reifegrad ist.
Reifegrad auf drei Ebenen
Wie reif die Lean-Kultur der Unternehmen ist, wurde in der Studie bezogen auf die drei Ebenen
- «Vision, Strategie, Ziele, Kundenfokus»,
- «Prozesse und kontinuierliche
- Verbesserung» sowie
- «Leadership und Problemlösung»
ermittelt. Bezogen auf jede dieser drei Handlungsebenen, sollten die Unternehmen anhand von 15 Fragen und jeweils mithilfe einer Fünfer-Skala eine Selbsteinschätzung vornehmen, inwieweit in ihrer Organisation verglichen mit dem angestrebten Idealzustand zum Beispiel noch «kleine», «grössere» oder «(erfolgs-)kritische Lücken» bestehen. Ausserdem wurden sie gebeten, ihre Bewertung zu begründen.
An der Studie nahmen 687 Fach- und Führungskräfte aus Deutschland, Österreich und der Schweiz teil, die das Lean Management entweder in ihrer Linienfunktion umsetzen oder dessen Umsetzung in ihrer Funktion als Lean-Experte vorantreiben. Sie konnten, abhängig von ihrer Position, entweder den Lean-Reifegrad im gesamten Unternehmen oder einzelnen Werken oder Bereichen (zum Beispiel Produktion) bewerten. Die Befragung erfolgte branchenübergreifend – mit einem Schwerpunkt auf der produzierenden Industrie sowie Technologieunternehmen.
Ebene 1: Vision, Strategie, Ziele, Kundenfokus
Betrachtet man die einzelnen Ebenen, dann zeigt sich: Die Unternehmen kamen auf der Ebene «Vision, Strategie, Ziele, Kundenfokus» im Vergleich zur ersten Studie 2014 deutlich voran. Das Formulieren der Unternehmensstrategie und Definieren der Unternehmensziele erfolgt heute in der Regel auf Basis einer Vision und der Kunde steht bei diesem Prozess stärker im Fokus. «Ernsthafte» Lücken weisen die Unternehmen jedoch noch
- beim konsequenten Verfolgen der langfristigen Strategie,
- bei der durchgängigen Abstimmung der Ziele (top-down und crossfunktional) und
- einer konsequenten Ausrichtung am Kunden im Betriebsalltag auf.
Diese «Lücken» sind hauptsächlich darin begründet, dass
- (zumindest im Arbeitsalltag) meist die kurzfristigen Ziele das Denken und Handeln bestimmen,
- es keinen durchgängigen Zielabstimmungsprozess im Unternehmen gibt
- und die Kundenorientierung unzureichend in den Köpfen und Prozessen verankert ist.
Die grössten Defizite sehen die Unternehmen jedoch bei der durchgängigen unternehmensweiten Abstimmung der Ziele – top-down und cross-funktional. Knapp 40 Prozent der Befragungsteilnehmer konstatieren hier eine «grössere» oder gar «erfolgskritische Lücke» in ihren Unternehmen; zudem betonen fast ein Drittel, es bestünden diesbezüglich «ernste Lücken». Eine Ursache hierfür: Für die Problemlösung geeignete Methoden wie zum Beispiel Hoshin Kanri beziehungsweise Policy Deployment kommen in diesen Unternehmen meist noch nicht zum Einsatz.