Die Unterscheidung zwischen Strategie, Geschäftsmodell und Taktik bereitet häufig Mühe und erfolgt nicht in jedem Fall eindeutig. Eigene Wettbewerbsvorteile lassen sich verschaffen, wenn die Zusammenhänge dieser drei Aspekte verstanden und richtig angewendet werden.
An der Zukunft arbeiten
Die richtige Strategie war lange Jahre der relevante Wettbewerbsfaktor. Die Suche nach nachhaltigem Wettbewerbsvorteil in der Zukunft kann bei der Gestaltung des richtigen Geschäftsmodelles beginnen. Aufgrund von technischen Fortschritten, Deregulierungen und Globalisierung rückt dieser Ansatz wieder in den Vordergrund, nachdem dies mit der Verschmelzung der Informations- und Kommunikationstechnologie in den 1990er-Jahren bereits geschah.
Studien des IBM Institute for Business Value haben ergeben, dass sich sieben von zehn Unternehmen mit weitreichenden Innovationen des Geschäftsmodelles beschäftigen. Der Druck, neue Märkte zu erschliessen, steigt insbesondere in mittleren und unteren Marktsegmenten. Die Konjunkturschwäche in vielen Industrieländern zwingt Unternehmen, ihre Geschäftsmodelle anzupassen oder sogar neue zu schaffen. Neue technologiebasierte Wettbewerber mit niedrigen Kosten bedrohen etablierte Anbieter – beispielsweise «Uber», die Taxibranche. Sie stellen ganze Branchen auf den Kopf und sorgen für die Umverteilung von Gewinnen – beispielsweise Google die Werbe- und Druckbranche. Generell die Art und Weise, wie Unternehmen Gewinne erwirtschaften, verändert sich im Moment weltweit radikal.
Das eigene Geschäftsmodell so weit auszubauen, dass daraus auch Wettbewerbsvorteile entstehen, ist anspruchsvoll. Die isolierte Betrachtung eines erfolgsversprechenden Geschäftsmodelles, ohne die dynamischen Aspekte des Marktes zu berücksichtigen, kann zu einem falschen Bild der Stärken und Schwächen führen. Der Erfolg hängt ebenfalls davon ab, wie sich das Modell im Zusammenspiel mit anderen Marktteilnehmern schlägt. Es kann durchaus sein, dass aus ehemaligen Konkurrenten nun Anbieter werden, welche das eigene Geschäftsmodell sinnvoll ergänzen.
Was ein Geschäftsmodell ausmacht
Ein Geschäftsmodell sollte Antworten auf die Fragen geben: Wer ist der Kunde? Was ist dem Kunden wichtig? Wie lässt sich die Leistung zu angemessenen Kosten erstellen? Oder anders betrachtet, lassen sich die wichtigsten Merkmale eines Geschäftsmodelles anhand von vier Elementen aufzeigen: Einem Wertversprechen für den Kunden, einer Gewinnformel, den wichtigsten Ressourcen und den wichtigsten Prozessen. Es definiert das Grundprinzip, wie eine Unternehmung funktioniert, im Markt Werte schafft und vermittelt sowie Erträge generiert.
Ein zentraler Bestandteil sind nach unseren Erfahrungen ebenfalls die Entscheidungen, welche auf der operativen Geschäftsebene gefällt werden. Standortwahl, Vergütungsregelungen, Beschaffungsverträge, Ausmass der vertikalen Integration (Optimierung der Wertschöpfungs- und Lieferketten), Marketing- und Vertriebsaktivitäten sind Entscheidungen, welche Konsequenzen auf die Preispolitik oder die Verhandlungsmacht haben und die Wertschöpfungslogik eines Unternehmens beeinflussen.
Dies zeigt sich sehr deutlich am Beispiel von Ryanair. Mit der Positionierung auf einen Billigansatz eliminierte das Unternehmen in den 1990er-Jahren sämtliche Annehmlichkeiten, senkte die Kosten und bot beispielslose Tiefstpreise. Ryanair entschied sich dafür, billige Flugtickets zu verkaufen, kleinere Flughäfen anzufliegen, nur eine Passagierklasse zu bieten, sämtliche Zusatzleistungen separat zu verrechnen, keine Mahlzeiten an Bord zu servieren, ausschliesslich Kurzstrecken zu fliegen und eine Standardflotte mit einem Flugzeugtyp einzusetzen. Die Konsequenzen dieser Entscheide waren vielseitig: höhere Passagierzahlen, niedrigere variable Kosten und geringere Fixkosten, Bekanntheit als Billiganbieter und ein aggressives Management.