Fünf Tage Vaterschaftsurlaub
Da hatte es Claude Werder mit seinem schlanken 50-Personen-Betrieb einfacher. Nachdem er den Standortbericht mit den Empfehlungen des UND-Teams gelesen hatte, schritt er zur Tat. Per sofort, beschloss der Firmenchef, haben Männer Anspruch auf fünf Tage Vaterschaftsurlaub. Dazu passte er den BVG-Koordinationsabzug dem Beschäftigungsgrad an und beseitigte damit Benachteiligungen von Teilzeit-Mitarbeitenden. In einem weiteren Schritt plant er eine Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs. Abgesehen davon konnte sein Betrieb auf bereits bestehende Leistungen verweisen, die der Vereinbarkeit von Beruf und Familie dienen. So können Mitarbeitende mit Kindern während der Schulferien ihren Urlaub nehmen. Diejenigen, die Teilzeit arbeiten, erhalten die Kinder- und Familienzulagen zu hundert Prozent. Auf Wunsch wird unbezahlter Elternurlaub gewährt.
Um die zehn Pilotbetriebe auch miteinander ins Gespräch zu bringen und ihnen einen Austausch über bereits bestehende Angebote, ihre Veränderungsstrategien, Erfahrungen und Schwierigkeiten zu ermöglichen, hat das UND-Team sie bisher zweimal zu einem Round-Table-Gespräch eingeladen. Gleichzeitig hat es eine «Best Practice-Liste» erstellt, in der die familienfreundlichen Massnahmen notiert sind, die schon jetzt in den KMU umgesetzt sind. Nadine Fankhauser und Claude Werder schätzen es, «Einblicke in andere Branchen zu erhalten, von denen man vorher nichts wusste». Zudem profitiere man von den vielen Ideen und Anregungen, die auf diesem Weg zusammengekommen seien. Beide betonen, dass sie als Arbeitgeber auf einem hart umkämpften Arbeitsmarkt tätig sind und sich gegenüber grosser Konkurrenz behaupten müssen. «Pflegefachkräfte», sagt Nadine Fankhauser, «sind heute sehr umworben, da müssen wir als stark frauenlastiger Betrieb einiges bieten in Sachen Familienfreundlichkeit und Gleichstellung, um mithalten zu können.» Claude Werder erzählt, dass es immer schwieriger werde, gute Mechaniker zu finden. «Am liebsten», sagt der gelernte Werkzeugmacher, «wären mir dreissigjährige Fachleute aus der Region, die das erste Kind haben, deshalb sesshaft sind und uns möglichst lange erhalten bleiben.» Das seien Männer, denen ein fünftägiger Vaterschaftsurlaub tatsächlich
etwas bedeute.
Attraktivität als Arbeitgeber
Wer es dank familienfreundlicher Massnahmen schaffe, sich als innovativen und sozial verantwortlichen Betrieb zu positionieren, sagt UND-Geschäftsführer Daniel Huber, könne tatsächlich sein Image stärken und seine Attraktivität als Arbeitgeber vergrössern. Er werde auf dem Weg auch die Motivation und Identifikation der Angestellten mit dem Unternehmen erhöhen: «Stehen dann einmal aussergewöhnliche betriebliche Verpflichtungen an, kann auch mit dem Entgegenkommen der Mitarbeitenden gerechnet werden.» Daniel Huber zieht insgesamt eine positive Zwischenbilanz des aargauischen KMU-Projekts. Sieben von zehn Firmen hätten bereits einen Massnahmenplan entworfen, der konkrete Verbesserungen, verantwortliche Personen und Zeitpläne enthalte. Die anderen seien noch an der Arbeit. Die Handlungsfelder, die abgedeckt werden, reichen von angepassten Schichtmodellen über flexible Arbeitszeiten beziehungsweise Arbeitsplätze in Form von Teleworking bis hin zur Unterstützung bei der ausserfamiliären Kinderbetreuung.
«Eine echte Knacknuss», resümiert Daniel Huber, «ist die Tatsache, dass Teilzeiterwerbstätigkeit immer noch eine fast reine Frauendomäne ist, während sich die Männer damit noch schwer tun.» Genauso herausfordernd sei es, in den Firmen Transparenz im Lohnsystem herzustellen. Bereits jetzt hat das Projekt, das Ende Jahr mit einer öffentlichen Bilanzveranstaltung abgeschlossen werden soll, erste Nachahmer gefunden. Zum Beispiel in den Kantonen Graubünden und Bern. In Bern beispielsweise beteiligen sich mehr als 20 KMU an einem vergleichbaren Aktionsprogramm der Regierung und können schon heute von den Erfahrungen der Aargauer profitieren.