Organisation & Kreativität
Manager auf der ganzen Welt haben in den letzten zehn Jahren damit zugebracht, die letzte Ineffizienz in den Betriebsabläufen zu eliminieren. Die Maschine läuft wie am Schnürchen – die Prozesse sind optimiert. Je organisierter und strenger verwaltet Unternehmen sind, desto weniger flexibel und anpassungsfähiger sind sie. In einer Zeit, wo selbst Wissen weltweit verfügbar und fast zum banalen Gut geworden ist, braucht es die Eigeninitiative, Kreativität und Hingabe der Mitarbeitenden, um sich von anderen abheben zu können und die langfristige Existenz des Unternehmens zu sichern. Das Bild des Steuermanns als Leitbild für Führungskräfte ist dem Bild des Sinnstifters und Mentors gewichen.
Regeln aufzustellen und deren Einhaltung zu kontrollieren schafft gewisse Arbeitsplatzsicherheit, darin wird aber jeglicher Freiraum erstickt. Mitarbeitende müssen zu freien und innovativen Vorschlägen ermutigt werden, ohne in ein Korsett von Regeln gezwängt zu sein.
Bei W. L. Gore & Associates – bekannt für seine Goretex-Stoffe – gibt es beispielsweise keine Titel und keine Hierarchien. Führungskräfte kristallisieren sich aus den einzelnen Projekten heraus und sind in dieser Rolle, weil ihnen die Kollegen folgen. Alle Mitarbeitenden sind bei aller Freiheit auch ergebnisverantwortlich. Auch wenn es wie der Versuch eines naiven Start-ups tönt: Gore hat seit der Gründung in den 1950ern noch niemals rote Zahlen geschrieben, bietet heute weltweit 1000 Produkte an und beschäftigt 9000 Mitarbeitende.
Um die Energie der Mitarbeitenden freizusetzen, braucht es heute authentische und sinnvolle Ziele innerhalb einer Organisation, die sich an den Menschen darin orientiert. Vertrauen und Beurteilung auf Augenhöhe muss dem Kontrollwahn weichen. Führungskräfte von heute müssen mobilisieren und die Kreativität und das nötige Engagement der Mitarbeitenden als Sinnstifter und Mentor freisetzen.
Neue Art von Denken
Die Frage stellt sich, wie aus der Vision auch ein etabliertes Unternehmen disruptive Innovationen entwickeln kann und damit etwas Neues schafft und gleichzeitig so schnell und flexibel agiert wie ein Start-up. Wir sind der Meinung, dass Unternehmer dazu von ihren Teams nicht Kreativität fordern, sondern gezielt fördern sollten.
Raum schaffen
Mitarbeitende müssen frei denken und Ideen entwickeln können. Sie brauchen dazu regelmässig Abstand zum Tagesgeschäft und eine inspirierende Umgebung. Heterogen zusammengesetzte Teams sind dazu wesentlich kreativer wie homogene. Idealerweise werden Teams aus den unterschiedlichsten Aufgabenbereichen und Hierarchiestufen zusammengesetzt: aus Jung und Alt, aus Frauen und Männern, aus unternehmensinternen und -externen Teilnehmenden. Jeder Person in der Gruppe sollte vor Arbeitsbeginn eine bestimmte Rolle zugeordnet werden: Initiator, funktionale Leitung, Moderator, Assistenz, Inspirator sowie eine Schlüsselaufgabe innerhalb des Teams.
Sparringspartner ausserhalb der eigenen Unternehmung haben oft einen frischen, unverbrauchten Blick auf die Dinge und die Themen. Sie können ohne Scheuklappen ihre Kreativität zur Verfügung stellen. Auch sind sie nicht politischen Zwängen ausgesetzt und können freier denken und argumentieren.
Orientierung mit der Vision geben
Mit einer klaren Vision wird der normative Rahmen abgesteckt. Mit dieser Orientierung kann das Team effektiver über Zukunftsthemen wie zum Beispiel Produktinnovationen, Geschäftsmodelle, Wachstumsfelder oder Marketingstrategien nachdenken. Klar verständliche Teilziele geben der Ideenfindung eine Richtung und erzielen Effizienz in der Umsetzung. Dabei ist immer im Auge zu behalten, wie viel Neues dem Unternehmen und den Mitarbeitenden zugemutet werden kann.
Vom Kunden ausgehen
Ausgangspunkt bei der Ideengewinnung mittels Kreativitätstechniken ist konsequent die Sichtweise des Kunden bzw. der Kundengruppe: die Orientierung am Frust, an der Lust und am Bedarf. Je besser der Kunde sich verstanden fühlt, desto mehr wird er anschliessend bereit sein, für neue Leistungen zu bezahlen.
Als Nächstes werden aus den Ideen Hypothesen formuliert, welche zusammen mit den Kunden verifiziert oder dementiert werden. Als praxiserprobtes Vorgehen haben sich Fokusgruppen-Diskussionen mit einer heterogen zusammengesetzten Kleingruppe von Kunden bewährt. Darin werden die Ideen vorgestellt, weiterentwickelt und in der Diskussion mit den Kunden an ganz neuen Ideen gearbeitet.
Und ganz wichtig: Neue Ideen werden greifbarer, anschaulicher und überzeugen besser, wenn die Erkenntnisse anschliessend visualisiert oder mit einer Kurzgeschichte erzählt werden (Storytelling).
Viele Ideen produzieren
Je mehr Ideen ein Team entwickelt, desto grösser wird die Wahrscheinlichkeit sein, aussergewöhnliche oder sogar innovative Ansätze zu finden. Dabei ist es wichtig, dass die Akteure in der Lage sind, offen und positiv zu denken und auf den Gedanken und Ideen anderer Menschen aufzubauen.
Ideen hartnäckig in kleinen Schritten umsetzen
In den meisten Fällen fehlt in Innovationsprojekten das (Markt-)Wissen, um diese zuerst zu planen und anschliessend umzusetzen. Die in der Praxis bewährte Methode Lean Start-up hilft, dass durch die Unplanbarkeit kein Chaos entsteht und keine Ressourcen unnötig verbraucht werden. Innovative Geschäftsideen werden in einer attraktiven Ziel-Vision zusammengefasst und vom Start weg alle relevanten Hypothesen am Kunden getestet. Die daraus gewonnenen wichtigen Erkenntnisse und Fakten sind jeweils die Grundlage, um die Innovationsidee weiterzuentwickeln.
Der entscheidende Vorteil besteht darin, dass man sich automatisch mit der Kernfrage befasst, wie ein Kundenproblem erfolgreich mit einer attraktiven Lösung kombiniert wird.