Das Transtheoretische Modell
Einschlägige Studien aus den USA zeigen, warum das so ist. Sie werfen ein neues Licht auf den Verlauf individueller Veränderungsprozesse. Aus einer ganzen Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen entwickelten die amerikanischen Psychologen James Prochaska, John Norcross und Carlo DiClemente das Transtheoretische Modell. Mittlerweile stellt dieser Ansatz die wichtigste gesundheitspsychologische These zur Veränderung des Lebensstils dar. Die Wissenschaftler wiesen darauf hin, dass zwischen dem Treffen eines Änderungsvorsatzes und der dauerhaften Umsetzung oft Welten liegen. Ihre Forschungen zeigten, dass 25 Prozent der Veränderungswilligen, die sich vornehmen, täglich joggen zu gehen, bereits innerhalb der zweiten Woche nach Fassung ihres Vorsatzes das Sporttreiben wieder aufgeben.
Aber auch bei vermeintlich einfacher umzusetzenden Vorsätzen, wie den eigenen Schreibtisch aufzuräumen, gut vorbereitet in Meetings zu gehen usw., stellt sich nach ersten Anfangserfolgen schnell «Ernüchterung» ein. Viele unterschätzen, wie schwierig es sein wird, ihr Ziel zu erreichen, das eigene Veränderungspotenzial hingegen wird überschätzt. Dabei ist das Bemühen zur Selbstveränderung in der Anfangsphase sogar teilweise erfolgreich. Dieser partielle Initialerfolg verleitet jedoch oft dazu, das Mass an Energie und Disziplin zu unterschätzen, das notwendig ist, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Das Scheitern liegt also nicht an mangelnder Motivation. Ursache Nummer eins dafür sind vielmehr zu hoch gesteckte Ziele. Mit anderen Worten: Veränderungswillige unterliegen dem sogenannten «false hope syndrome».
Das Entwickeln von falschen Vorstellungen, wie das nun veränderte Leben sich darstellen wird, ist nach Aussagen des Psychologen Herman der Hauptgrund, weshalb gute Vorsätze scheitern. Nicht umsonst sagt auch der Volksmund: «Der Vorsatz ist ein Gaul, der häufig gesattelt, aber selten geritten wird.»
Die Grundzüge solcher Handlungsweisen stammen wohl noch aus geraumer Vorzeit, wie jüngst die Neurowissenschaftler der Harvard University publizierten. Mit den Nomaden von vor 40 000 Jahren haben wir nämlich nicht nur unseren Stoffwechsel gemein, sondern auch die Psyche. Demnach werden wir Menschen sehr viel stärker vom «Reptiliengehirn», dem limbischen System, und weniger von dem «vernünftigen» Neokortex gesteuert.
Noch wichtiger ist aber, dass unserem Körper, Gehirn und Verhalten die Tendenz zu eigen ist, innerhalb bestimmter enger Grenzen gleich bleiben und in diesen Bereich zurückkehren zu wollen, sobald Veränderungen stattfinden. Und das ist auch gut so. Stellen Sie sich vor, Ihre Körpertemperatur würde sich um zehn Prozent nach oben oder unten verändern – Sie wären sofort in Schwierigkeiten.
Dieser innere Widerstand gegenüber Veränderungen wird Homöostase genannt, das Ziel ist der Zustand der Ausgeglichenheit. Angenommen, wir haben uns in den letzten 20 Jahren wenig bewegt und wollen nun aktiv werden. Mit viel Tatendrang beginnen wir zu laufen. Plötzlich stellen wir fest, wie unser Organismus aussendet. Starke Veränderungen in Atmung, Herzfrequenz, Stoffwechsel machen das deutlich. Zu bedenken ist, dass die Homöostase keinen Unterschied zwischen dem, was wir eine Veränderung zum Guten nennen, und einer Veränderung zum Schlechten, macht. Die Homöostase widersetzt sich jeder Veränderung. Nach 20 Jahren ohne Bewegung hält unser Körper ein Leben im Sitzen für normal.