Der Lösungsansatz
Der Kunde soll erleben, dass er willkommen ist. Es ist eine empirische Wahrheit, dass Beziehungen zu mehr als zwei Drittel über Emotionen gesteuert werden, diese aber wiederum fast vollumfänglich durch Körpersprache und Stimme übermittelt werden. Messen lässt sich das allerdings nicht. Es ist Ansichtssache und Wahrnehmung. In diesem Fall ist die Ansicht des Führungsverantwortlichen der Massstab. Welche denn sonst? Im Gespräch mit dem einzelnen Mitarbeiter sollte klargestellt werden, dass zwar faktisch alles bestens läuft, aber seine Tonart nicht gefällt. Der Vorgesetzte muss seine Erwartungen konkret kommunizieren, zum Beispiel was er unter Herzlichkeit gegenüber dem Kunden versteht und den Mitarbeiter gegebenenfalls auch einmal persönlich begleiten. Gemeinsam vereinbarte Soft-Ziele und ein regelmässiges positives Feedback vom Vorgesetzen und bald auch von begeisterten Kunden helfen, eine innere Freude zu wecken.
Fallbeispiel 4: Der ehemalige Kollege als Chef
Das Verhältnis zu den Mitarbeitenden ist sehr kollegial, zum Teil kennt man sich schon sehr lange. Ein unkomplizierter Umgang ist dem Teamleiter sehr wichtig, schliesslich war er selbst mehrere Jahre Teil dieses Teams. Doch jetzt entsteht das Gefühl, zu sehr «Kollege» zu sein. Das Gespräch mit einem auch privat gut bekannten Mitarbeiter fördert Grenzen dieser Art zutage. Die Arbeitsqualität der normalen Alltagsarbeit lässt zu wünschen übrig. Der Hinweis darauf führt zur Reaktion: «Warum hängst du jetzt plötzlich den Boss raus?» Ähnlich wird «hinten herum» geredet.
Der Lösungsansatz
Wird ein Kollege Vorgesetzter, freuen sich oft die Mitarbeitenden, endlich einen Chef zu haben, den sie kennen und dem sie vertrauen. Zur Rolle eines Chefs gehört aber mehr. Er muss seinen Mitarbeitern beizeiten deutlich zu verstehen geben, dass er gerne Kollege im kollegialen Rahmen (Pausen, Feierabend) ist, im Geschäft aber in erster Linie dem Unternehmen und seinem Auftrag verpflichtet ist. Im Gespräch mit dem Mitarbeiter sollte gleich am Anfang die Rolle definiert werden: «Ich führe mit dir ein Gespräch als dein Chef». Und dann ist es wiederum Sache der klaren und wertschätzenden Kommunikation, hier einen gemeinsamen Weg zu finden. Das heisst, aussprechen, dass die Arbeitsqualität nicht genügt, und den Mitarbeiter einbinden: «Was meinst du, könntest du tun…» Klare Vereinbarungen, bei deren Nichteinhalten erneut das Gespräch zu suchen ist. Nicht warten oder einknicken – gerade in dieser Konstellation wäre das eine ungünstige Voraussetzung, wenigstens punktuell eine gewisse Distanz zu erreichen.
Fallbeispiel 5: Laterale Führung und mangelnde Hygiene
In einem strategisch wichtigen Projekt ist der Team- und Projektleiter verantwortlich für das fachliche Gelingen. Gute Leute aus der Linie werden zugewiesen. Monatlich wird der Geschäftsleitung in einer kurzen Präsentation über den Stand des Projektes berichtet. Daran beteiligt ist ein Mitarbeiter, der sich in Details der operativen Umsetzung sehr gut auskennt und auch jeweils die Power-Point-Präsentation zusammenstellt. Auch Fragen der Geschäftsleitung beantwortet er souverän. Allerdings lässt seine äussere, sehr legere Erscheinung zu wünschen übrig und er riecht verschwitzt.
Der Lösungsansatz
Es gibt zwei Problemstellungen: Rückmeldungen zu Körperpflege und Aussehen sind sehr anspruchsvoll und sensibel, und der Projektleiter ist kein eigentlicher, weisungsbefugter Chef. Er führt «lateral». Die Situation ist unangenehm, muss aber zur Sprache gebracht werden. Schlechter Geruch ist in unserer Kultur mit Ablehnung verbunden. Ein Gespräch über Körperpeinlichkeiten bricht ein Tabu. Es berührt und tangiert die Intimsphäre. Als eine Art Kollege (gleiches Geschlecht) ist es durchaus legitim, die eigene Unsicherheit anzusprechen. «Es fällt mir nicht leicht, ein etwas heikles Thema anzusprechen. Ich habe bei der letzten Präsentation bemerkt, dass dein Pullover nicht sauber war und unangenehm gerochen hat. Ist dir das bewusst?» Dass der Projektleiter hier keine Weisungsbefugnis hat, macht es zunächst einfacher. Ändert sich nichts, müsste er sich an den Vorgesetzten des Mitarbeiters wenden, es aber auch offen ihm gegenüber so kommunizieren. Eine laterale Führungskraft muss um ihre Kompetenzen wissen, aber auch um ihre Nicht-Kompetenz.
Führung ist immer eine vielschichtige Aufgabe. Das meist klar kommunizierte Unternehmens- oder Projektziel soll mit den gegebenen Mitarbeitern und Mitteln möglichst schnell und gut erreicht werden. Die Kombination ist stets neu und individuell. Trotzdem gibt es Situationen, die immer wieder in ähnlicher Form auftreten und auf die man sich vorbereiten kann. Auch lohnt sich die intensive Auseinandersetzung mit solch angenommenen Situationen, weil sie hilft, aus dem eigenen Raster auszuscheren und offen zu sein für neue gedankliche Ansätze. Tritt dann eine solche oder ähnliche Situation, in der es zu handeln gilt, tatsächlich ein, kann diese souveräner gemeistert werden.